Inklusive Pädagogik und Didaktik (E-Book, Neuauflage). Reto Luder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Reto Luder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783035517071
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      4. Funktionen des kardiovaskulären, hämatologischen Immun- und Atmungssystems

      5. Funktionen des Verdauungs-, des Stoffwechsel- und des endokrinen Systems

      6. Funktionen des Urogenital- und des reproduktiven Systems

      7. Neuromuskuloskeletale und bewegungsbezogene Funktionen

      8. Funktionen der Haut und der Hautanhangsgebilde

      ABBILDUNG 2: Kapitelüberschriften zur Klassifikation der Körperfunktionen

      ICF: Körperfunktionen

      ICF: Körperstrukturen

      ICF: Aktivitäten und Partizipation

      Die ICF unterteilt innere Bedingungen und Einflussfaktoren entlang von Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten und personbezogenen Faktoren; äußere Bedingungen dagegen entlang von Umweltfaktoren. Dabei nicht erfasst werden die subjektiven Empfindungen, Wünsche und Interpretationen der betroffenen Person, die das Erleben dieses Einbezogenseins beeinflussen. Partizipation ist abhängig von inneren und äußeren Bedingungen und ihrem Wechselspiel; auf diese Zusammenhänge wird unten näher eingegangen. Die Körperfunktionen werden wie in Abbildung 2 dargestellt unterteilt. Die Körperstrukturen orientieren sich an den gleichen Körpersystemen. Die ICF unterscheidet zwischen Aktivitäten und Partizipation, um den Unterschied zwischen den individuellen Leistungsfähigkeiten oder Kompetenzen und der in der aktuellen Umwelt gezeigten Leistung oder Performanz zu unterscheiden. Sie werden jedoch entlang der gleichen neun Lebensbereiche erfasst (siehe Abbildung 3). «Erziehung/Bildung» ist einer der drei «bedeutenden Lebensbereiche» (neben «Arbeit und Beschäftigung» sowie «Wirtschaftliches Leben»), die im achten Kapitel zusammengefasst dargestellt werden.

      1. Lernen und Wissensanwendung

      2. Allgemeine Aufgaben und Anforderungen

      3. Kommunikation

      4. Mobilität

      5. Selbstversorgung

      6. Häusliches Leben

      7. Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen

      8. Bedeutende Lebensbereiche

      9. Gemeinschaft, soziales und staatsbürgerliches Leben

      ABBILDUNG 3: Kapitelüberschriften zur Klassifikation der Aktivitäten und Partizipation

      Partizipationsbeeinträchtigungen sind im schulischen Kontext zentral, denn dort setzt der Auftrag der Schule an. Die Schule stellt nicht eingeschränkte Funktionsfähigkeiten wieder her, sondern sie erweitert die Partizipationsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler und entwickelt sie weiter. Lehrerinnen und Lehrer sind Fachpersonen für das Lernen und Lehren, also für die Veränderung von Verhaltensweisen und die Erweiterung der Fähigkeiten zur kompetenten Bewältigung unterschiedlichster Situationen. Gesundheitsprobleme können die Partizipationsmöglichkeiten beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, dass Lehrpersonen auch die mit Krankheiten verbundenen Einschränkungen der Körperfunktionen kennen. Hier braucht es jedoch weniger ein systematisches Wissen zu allen möglichen Problemen als vielmehr spezifische Kenntnisse bezüglich konkret betroffener Schülerinnen und Schüler. Wichtig ist es für Lehrpersonen, den Einfluss von Problemen auf der Ebene von Körperfunktionen in den verschiedenen Situationen, an denen das betroffene Kind sich beteiligt, nicht zu über- oder unterschätzen. Denn auch Kinder mit einer Sinnes- oder körperlichen Beeinträchtigung können hochbegabt sein, und wer schlecht und langsam spricht, muss deswegen nicht in seiner kognitiven Funktionsfähigkeit eingeschränkt sein. Andererseits können bereits leichte Hörschädigungen im Klassenverband dazu führen, dass betroffene Kinder ohne entsprechende Maßnahmen dem Unterricht nicht folgen können.

      Wie das Wechselspiel zwischen Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten und Partizipation im Einzelfall genau zu verstehen ist, kann oft nicht eindeutig festgestellt werden. Auffälliges Verhalten kann durch biologische Faktoren ausgelöst werden, es kann aber auch das Ergebnis einer über längere Zeit erfahrenen Einschränkung der Partizipation sein. Verschiedene Fachleute, die Eltern und das Kind können das auch unterschiedlich einschätzen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass alle Beteiligten sich hierzu austauschen und verschiedene Hypothesen in Betracht ziehen; dabei kann das ICF-Modell als gemeinsame Grundlage dienen. Es muss allerdings sichergestellt werden, dass das für die Interpretation und das Verstehen notwendige Wissen tatsächlich verfügbar ist. Was etwa eine Gehörlosigkeit für die Funktionsfähigkeit – und insbesondere für die Beteiligung am Unterricht – bedeutet, kann eine Regellehrperson in den meisten Fällen nicht abschließend einschätzen.

      Kontext mitdenken: Umweltfaktoren und personbezogene Faktoren

      ICF: Personbezogene Faktoren

      Neben den Komponenten der Funktionsfähigkeit und Behinderung umfasst die ICF auch zwei Komponenten zur Beschreibung des Kontexts, in dem Funktionsfähigkeit und Behinderung erfasst werden: die Komponente «Umweltfaktoren» und die Komponente «personbezogene Faktoren», anders gesagt die äußeren und inneren Einflüsse auf die Funktionsfähigkeit und Behinderung. Beide Komponenten interagieren mit Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten und Partizipation. Wenn es um Behinderung geht, denken viele Menschen an Eigenschaften von Personen und weniger an die Umstände, in denen eine Behinderung wirksam wird. Es sind aber genau diese Umstände, die durch die Lehrperson verändert werden können. Ein gutes Verständnis dieser Dynamik ist deshalb von sehr großer Bedeutung. Im Folgenden soll näher auf die Kontextfaktoren eingegangen werden. Insbesondere soll aufgezeigt werden, wie sie in konkreten Situationen zusammenspielen, und es soll deutlich gemacht werden, wie diese Situationen besser verstanden werden können. Denn im Verstehen von Situationen liegt der Schlüssel für ihre Veränderung und für die optimierte Gestaltung zukünftiger Situationen.

      ICF: Umweltfaktoren

      Alles, was eine Person umgibt, was sie beeinflusst und von ihr beeinflusst wird, ist Teil ihrer Umwelt. In der ICF werden Umweltfaktoren wie folgt definiert: «Umweltfaktoren bilden die materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt, in der Menschen leben und ihr Leben gestalten» (WHO, 2011, S. 44). Darunter werden alle Faktoren erfasst, die «außerhalb» des Individuums liegen und für Funktionsfähigkeit und Behinderung als wichtig erachtet werden. Dies ist einerseits die unmittelbare persönliche Umwelt, andererseits sind es aber auch die sozialen Strukturen, Dienste und Gesetze, die einen Einfluss auf Individuen haben. Diese Faktoren können alle Komponenten der Funktionsfähigkeit und Behinderung positiv oder negativ beeinflussen. Die Umweltfaktoren sind in fünf Kapitel gegliedert (siehe Abbildung 4). Sie können als Förderfaktoren oder als Barrieren wirken. Meistens kann ihre positive oder negative Wirkung nicht absolut, sondern nur situativ bestimmt werden. So kann eine überbehütende Mutter in den Lebensbereichen «Selbstversorgung» und «Häusliches Leben» ein Förderfaktor sein, weil sie das Kind sehr gut betreut, ihm beim Ankleiden und Essen hilft und so weiter. Auf der anderen Seite kann die intensive Unterstützung durch die Mutter zur Barriere werden, wenn es darum geht, dass das Kind lernt, mit «allgemeinen Aufgaben und Anforderungen» selbstständig umzugehen.

      1. Produkte und Technologien

      2. Natürliche und vom Menschen veränderte Umwelt

      3. Unterstützung und Beziehungen

      4. Einstellungen

      5. Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze

      ABBILDUNG 4: Kapitelüberschriften zur Klassifikation der Umweltfaktoren

      Beispiele zu den Umweltfaktoren in der IFC

      Adäquate Lehrmittel und Kommunikationstechnologien, aber auch Rollstühle oder eine Apotheke werden im ersten Kapitel der Umweltfaktoren in der ICF verhandelt; Klima, Licht, Laute und Geräusche, Luftqualität sowie Flora und Fauna gehören zum zweiten Kapitel. Sowohl beim dritten als auch beim vierten Kapitel geht es um andere Menschen. Das dritte Kapitel konzentriert sich darauf, wie Menschen andere unterstützen und in welchem Bezug sie dabei zueinander stehen. Hier steht das soziale Netz im Zentrum; fokussiert wird auf die Qualität und die Quantität