geistige Behinderung
Körperbehinderung
Lernbehinderung
Sprachbehinderung
Hörschädigung (Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit)
Sehschädigung (Sehbehinderung und Blindheit)
Taubblindheit
Autismus-Spektrum-Störungen
Schwerste Behinderung (Mehrfachbehinderung)
Krankheit (Unterricht bei langer Krankheit)
Straffälligkeit (Strafvollzugspädagogik)
Verhaltensstörungen
Jüngstes Teilgebiet der Heilpädagogik ist die so genannte Schwerstbehindertenpädagogik. Sie widmet sich der Erziehung von Menschen, deren Leben durch eine schwere geistige und körperliche Behinderung sowie durch gravierende Wahrnehmungsbeeinträchtigungen geprägt ist. Aufgrund der Häufung von Beeinträchtigungen muss die Schwerstbehindertenpädagogik verschiedene Behinderungsformen gleichzeitig in den Blick nehmen und bewegt sich darum zwischen verschiedenen heilpädagogischen Fachrichtungen. Infolge aktueller sozialpolitischer Veränderungen, die zu einem Abbau sozialstaatlicher Verantwortung führen, entsteht innerhalb der Population der Menschen mit geistiger Behinderung eine Randgruppe, die ‚Menschen mit Komplexer Behinderung‘ (Fornefeld 2008). Die Gruppe der Menschen mit Komplexer Behinderung geht, wie in Kapitel 3.6 noch gezeigt wird, über die der Menschen mit schwerer Behinderung hinaus. Eine Pädagogik für Menschen mit Komplexer Behinderung muss Erkenntnisse aus verschiedenen Fachrichtungen berücksichtigen, darum wird sie in der nachfolgenden Graphik ins Zentrum gerückt.
Die verschiedenen Fachdisziplinen machen die Heilpädagogik zu einem vielschichtigen System von Maßnahmen. Auf der wissenschaftlichen Ebene verbindet die so genannte Allgemeine Heilpädagogik die Fachrichtungen miteinander, die zusammenwirken müssen, um den verschiedenen Beeinträchtigungen von Menschen mit Komplexer Behinderung gerecht zu werden.
Abb. 2: Teilbereiche der Allgemeinen Heilpädagogik
Allgemeine Heilpädagogik als Wissenschaft
Sie erforscht die eigene Geschichte und theoretischen Grundannahmen, ebenso die der Fachrichtungen. Sie setzt sich mit der internationalen Heilpädagogik, der so genannten ‚Vergleichenden Sonderpädagogik‘ auseinander und beteiligt sich an aktuellen ethischen Fragen, wie dem Lebens- und Bildungsrecht von Menschen mit Behinderungen. Ihre praxis- wie theoriebezogenen Aufgaben thematisiert die Allgemeine Heilpädagogik heute stärker im integrativen und interdisziplinären Kontext, wodurch es zu einer deutlichen Annäherung an die Allgemeine Pädagogik und die Bezugswissenschaften (Medizin, Soziologie, Philosophie, Psychologie, Rechtswissenschaften) kommt.
Bleidick, U. (1999): Bausteine einer Theoriebildung der Behindertenpädagogik. In: Bleidick, U.: Behinderung als pädagogische Aufgabe. Behinderungsbegriff und behindertenpädagogische Theorie. Stuttgart, 91–116
Gröschke, D. (1989): Heilpädagogik? – Heilpädagogik! Plädoyer für einen Begriff. In: Gröschke, D.: Praxiskonzepte der Heilpädagogik. München/Basel, 15–32
Haeberlin, U. (1996): Heilpädagogik als parteinehmende Pädagogik. In: Haeberlin, U.: Heilpädagogik als wertgeleitete Wissenschaft. Bern, 13–68
Lindmeier, Ch. (1997): Heilpädagogik als konstitutives Moment jeglicher Pädagogik. Pädagogische Rundschau 51. Jg., 3, 289–306
Speck, O. (2008): Die historische Entwicklung heilpädagogischer Theoriebildung. In: Speck, O.: System Heilpädagogik. Eine ökologisch reflexive Grundlegung. 6. Aufl. München/Basel, 44–60
1.2Geistigbehindertenpädagogik – eine Pädagogik mit vielfältigen Aufgaben
Als eine der heilpädagogischen Fachrichtungen versteht sich die Geistigbehindertenpädagogik vordringlich als Pädagogik.
Pädagogik
Pädagogik meint sowohl das konkrete Zusammensein von Pädagogen mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen als auch das Nachdenken über dieses Zusammensein sowie über die notwendige inhaltliche und methodische Gestaltung eben dieses Zusammenseins. Das heißt, der Begriff der Pädagogik umschließt Praxis und Theorie von Erziehung und Bildung, bezieht sich auf beides und betrachtet beides in Wechselwirkung zueinander. In diesem Grundverständnis unterscheidet sich die Geistigbehindertenpädagogik nicht von der Allgemeinen Pädagogik.
Geistigbehindertenpädagogik
Der Geistigbehindertenpädagogik geht es zum einen um das konkrete Leben von Menschen mit geistiger Behinderung und um das Zusammenleben mit ihnen. Zum andern geht es ihr um das Nachdenken darüber, wie dieses Leben zu gestalten und durch Erziehung und Bildung zu entfalten ist. Indem sie das Leben dieser Menschen erforscht und pädagogische Konzepte entwirft, ist sie auch Erziehungs- und Bildungswissenschaft (Kap. 5).
Worin sie sich allerdings von der Allgemeinen Pädagogik unterscheidet, sind die Kernthemen (Paradigma Kap. 5) und die Breite ihrer Frage- und Aufgabenstellungen sowie die Notwendigkeit, Erkenntnisse aus anderen Wissenschaftsbereichen, vor allem den Neurowissenschaften, der Medizin, Soziologie und Psychologie stärker in ihr pädagogisches Denken zu integrieren. Die Geistigbehindertenpädagogik hinterfragt aktuelle Bildungstheorien, pädagogische Konzepte und Methoden in Bezug auf ihre Relevanz für Menschen mit Behinderungen, zeigt Unzulänglichkeiten auf und entwickelt neue Zugänge, die die individuellen Beeinträchtigungen und Möglichkeiten stärker berücksichtigen. Darum kommen im Erziehungsalltag von Menschen mit geistiger Behinderung, stärker als in anderen pädagogischen Feldern, unterschiedliche pädagogische, aber auch therapeutische Konzepte und Methoden zum Tragen. Bei all diesen Entwürfen bildet immer der Mensch mit seinen spezifischen Bedürfnissen den Ausgangspunkt der Konzeptentwicklung.
Pädagogik vom Menschen aus
Wie einleitend bereits erwähnt, zeichnet sich die Geistigbehindertenpädagogik also dadurch aus, dass sie ihre Erziehungstheorien und -praktiken vom Menschen aus entwickelt, also eine ‚Wissenschaft vom Menschen aus‘ ist.
Die Geistigbehindertenpädagogik vertritt eine Form von Bildung und Erziehung,