Die Rede von Gott Vater und Gott Heiligem Geist als Glaubensaussage. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Издательство: Bookwire
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Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846352687
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nicht |103|noch vielmehr dem Vater der Geister[36] unterwerfen und (so) das Leben haben?«, (Hebr 12,9). Die Vater-Kind-Metaphorik ruft auch die Vorstellung der Nachahmung des väterlichen Verhaltens durch die Kinder auf. Entsprechend sieht Jak 1,27 die Christen in der Pflicht, die Liebe des göttlichen Vaters an den Schutzbedürftigen imitierend zu praktizieren: »Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren.« So wie Gott der Vater auch der Waisen ist,[37] haben die Christen diese Funktion des Vaters nun konkret bei den »Waisen und Witwen« zu übernehmen und somit die wohltäterische, fürsorgende Seite des göttlichen Vaters zu imitieren.

      Die lukanische Erzählung vom verlorenen Sohn (Lk 15,11–32) kann als metaphorisches Narrativ der Vaterschaft Gottes und ihrer Vorbildlichkeit gelesen werden. Der in der Parabel agierende Vater zeigt zahlreiche der eben ausgeführten Aspekte der göttlichen Vaterschaft. Dominiert wird die Erzählung allerdings von der Barmherzigkeit, Vergebungsbereitschaft und Liebe des Vaters, der Gott abbildet. Die Liebe dieses Vaters übertrifft alle menschlichen Maßstäbe und ist vorbildlich für die Glaubenden.

      Auch in 1 Petr klingt die Vaterschaft Gottes den Glaubenden gegenüber mit der Semantik der »Zeugung« an (1 Petr 1,3), die jedoch noch weiter ausgestaltet wird: Die Aufnahme des verkündigten Wortes, vergleicht der Verfasser mit dem Trinken der ersten Milch durch »gerade Geborene« (1 Petr 2,2). Über diese Milch- oder Still-Metapher erhält das Gottesbild des 1 Petr mütterliche Züge, insofern das »lebendige und bleibende Wort« von Gott stammt (1 Petr 1,23) und zugleich in einer nur der Mutter gegebenen Weise auf die »neugeborenen« Glaubenden übertragen wird. Der Vater-Gott des 1 Petr nährt seine Kinder auf eine üblicherweise nur der Mutter mögliche Art.

      Im frühen Christentum impliziert die Vater-Metaphorik also sehr viel mehr als nur die »Liebe« des Vaters, wenngleich diese sicherlich |105|nicht ohne Grund als zentraler Aspekt des Verhältnisses von Gott und Glaubenden zu sehen ist.

      Mit der Vater-Metaphorik formulieren die frühen Christinnen und Christen die entscheidende, neue, mit dem Christus-Erlebnis eingetretene Erkenntnis, dass Gott ein neues Verhältnis zu den Glaubenden eingerichtet hat, das sich vom vorausgehenden dahingehend unterscheidet, die genannten mit der Vater-Metaphorik verbundenen Aspekte in den Vordergrund zu stellen, wobei die Liebe des Vaters einen zentralen Stellenwert genießt. Die Liebe des Vaters zeigt sich ganz konkret in der Hingabe des Sohnes und in der Annahme der Glaubenden als Kinder.

      3. Die Vater-Bezeichnung Gottes im frühchristlichen Ritus und in weiteren Schriften des frühen Christentums

      Abgesehen vom Taufritus, mit dem vermutlich auch ein Bekenntnis des Täuflings zum »Vater« verbunden war, etabliert sich die Vater-Metapher für Gott aber am intensivsten über das Gebet im Gedächtnis der Christen und Christinnen: Die nach Mt und Lk von Jesus angemahnte Verwendung des Vater-(unser-)Gebets in einer der Mt-Fassung sehr nahen Version lässt sich ebenfalls anhand der Didache belegen. Nach Did 8,2–3 sollten Christinnen und Christen das Gebet »Vater unser, der du bist im Himmel […]« dreimal am Tag beten.