Lidwicc Island College of Floral Spells. Andreas Dutter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andreas Dutter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783959915700
Скачать книгу
mag ich nicht.« Mit meinem Zeigefinger fokussierte ich sie, ehe ich erneut kopfschüttelnd weiterlief.

      »Wie hast du es geschafft, deinen magischen Fußabdruck zu verwischen?« Ihre Worte blieben ein Rätsel und ich verstand nichts.

      »Meinen, was?«

      »Okay, das habe ich mir gedacht.« Sie legte ihren Finger an ihr Kinn. »Trinken wir einen Lavendel-Baldrian Tee, der bringt dich runter.«

      »Oh! Wohoho! Nein, nein. Ich trinke keine Tees mit dir.« Über das Wort Tees hängte ich mit den Fingern Gänsefüßchen dran. »Und dann wache ich in einem Folterkeller auf.«

      Jetzt seufzte sie.

      Nervte ich sie?

      Ich, sie?

      »Dann fangen wir von vorne an. Setz dich.« Callidora zeigte neben sich.

      »In die feuchte Wiese?«

      Sie verneinte. »Sieh genau hin.«

      Zwei Bäume. Sollte ich auf den Baum klettern? Ich verstand die Welt nicht mehr. Bis sich etwas bewegte. Ein fragender Blick zu Callidora.

      Die Äste der Eichen wuchsen. Sie streckten sich, bewegten sich schleifenförmig nach unten, bis ich erkannte, was dort geschah. Die Äste formten sich zu zwei Stühlen.

      Callidora drehte ihre Handfläche nach oben und hob sie an. Gleichzeitig mit dieser Bewegung platzte der Boden zwischen den Aststühlen auf und ein Pilz in der Größe eines kleinen Bistrotisches zeigte sich.

      »Setz dich.«

      Ein Traum. O Mann. Das war’s. Ich blöde Kuh. Ich träumte noch. Meine Finger hatte ich in Zwickstellung gebracht. Während Callidora zu einem Stuhl schritt, näherte ich mich meinem Unterarm.

      »Bitte zwick dich nicht und vergeude nicht noch mehr Zeit. Denkst du, das bringt dir etwas? Das ist doch nicht so.«

      »Was? Ich …«

      »Das Gras unter dir. Es überträgt deinen Herzschlag bis zu mir. Du hast diesen typischen, nervösen Träume ich?-Herzschlag.«

      Das Gras? Es tat was?

      Ich zwickte mich. »Au.«

      »Siehst du.«

      Fein, ich ließ mich auf das Spiel ein. Anders käme ich nicht weiter.

      Vor dem Stuhl hielt ich an. Ob er mich aushalten würde? Ich zog eine ängstliche Grimasse, als ich mich auf die Stabilität des Stuhls verließ. Er knarrte etwas, blieb aber sonst heil.

      »Also?«

      »Also, was?« Diese Frau raubte mir den letzten Nerv.

      »Du hast gesagt, wir fangen ganz von vorne an. Wo wäre das denn?«

      »Ah, das meinst du. Du musst anfangen, dich deutlicher auszudrücken.« Ihre emotionslose Art trieb mich bis ans Ende meiner ohnehin schon kurzen Zündschnur.

      »Ich gebe mich geschlagen. Bitte, hör auf mit diesem Herum-geeier. Erzähl mir, wer du bist, wo ich bin, was hier vor sich geht.«

      Callidora, die mich an eine Nonne erinnerte, hob den Kopf leicht an, badete ihr Gesicht im Sonnenstrahl, der durch die mit Ornamenten verzierte Glasdecke hindurchschien. »Ich bin die Leiterin des Lidwicc Island College für Pflanzenmagie. Callidora Poutachidou. Und du – auch wenn du das nicht gefragt hast – bist eine von uns.«

      Nach meiner Flucht sah ich mich in dem Gebäude um. Zwischen meinem Fingernagel und dem Abbild davon auf dem Spiegel blieb ein kleiner Spalt. Ein Trick einer Ex-Agentin, die aufgrund ihrer Paranoia auf der Straße gelandet und mir in Athen öfter über den Weg gelaufen war. Berührten sich Fingernagel und das Spiegelbild direkt, stand man vor einem Monitor oder einer Einwegscheibe, hinter der man beobachtet wurde, oder Ähnlichem. Niemand beäugte mich gerade.

      Ich drehte mich um und rutschte mit dem Spiegel im Rücken zu Boden. Der goldene Rahmen drückte unangenehm gegen mich. Die Verwirrung schmerzte in meinem Kopf einen Hauch mehr als die Verzierung, weswegen ich nicht zur Seite rutschte.

      Weglaufen stellte sich zwar nicht als die erwachsenste Lösung heraus, aber ich hatte es bei dieser Frau nicht mehr ausgehalten. Da es auch nur eine Tür aus diesem Kuppel-Garten in das Gebäude gab, war die Flucht kein großes Problem gewesen. Mir unterbewusst stets einen Plan zum Fliehen anzufertigen, zählte ich zu meinen besseren Eigenschaften. Komisch, dass sie mich nicht verfolgt hatte.

      Pflanzenmagie? Alles klar. Kack Möchtegernnonne. Obwohl ich mir abgewöhnt hatte, mir mit den Händen ins Gesicht zu fassen – auf der Straße wusste man nie, in welche Bakterien und Viren man griff –, massierte ich meine Stirn, meine Augenlider, meine Wangen und hielt die Luft an.

      Wo zum Teufel befand sich Daphne? Wie sollte ich das ohne sie überstehen?

      Der Korridor glich der Unendlichkeit. Der lila Läufer, die dumpfen Lampen an der Wand, die Kletterpflanzen, alles wiederholte sich. Wohin ich auch blickte, verflochten sich Efeu, Blauregen, Kletter-rosen und Hopfen zu einem Zopf aus Pflanzen, die wirkten, als wuchsen sie mir hinterher. Und warum zum Teufel erkannte ich diese Pflanzenarten?

      »Ich will doch nur hier raus. Mist, verdammter.«

      Meine innere Unruhe zeigte sich an meinen Beinen. Das Zittern bekam ich nicht unter Kontrolle. Diese Stille machte mich noch nervöser. Mein Kopf auf meinen Knien, meine Haare, die um mich fielen. Alles war dunkel und ich hoffte, wenn ich hochsah, war ich wieder in unserem Versteck.

      Ich stellte mir Daphne vor, wie sie die Nase hochzog – ich kannte niemanden, der sonst ganzjährig Schnupfen hatte – und sagte: »Wirst schon sehen, morgen scheint wieder die Sonne.«

      Was gar nicht stimmen konnte, da sie das noch nie gesagt hatte, aber es wäre bestimmt schön. Wie ich ihre rostbraunen Augen vermisste.

      Argh! Meine Gedanken waren so laut.

      »Ich will raus.«

      Ich richtete mich auf. Noch immer in diesem Korridor. Etwas hatte sich verändert. Die Kletterpflanzen vor mir bildeten neue Blätter und formierten sich zu einem Pfeilmuster. Es zeigte nach rechts.

      Das war doch Quatsch.

      »Ich geh dem doch nicht nach.«

      Ich ging dem nach.

      Was sollte ich auch sonst machen? Durchgeknallt war ich ohnehin bereits.

      Das Flackern von Kerzen, die auf den goldenen Halterungen zusätzlich Licht gaben, malte Schatten an die Wand. Sie machten mir natürlich keine Angst. Okay. Vielleicht ein bisschen.

      Meine Schritte beschleunigten sich, wodurch ich sie beinah verpasst hätte. Eine kleine Holztür. Wind zog durch das morsche Holz.

      Rasch zog ich daran. Nichts. Ich drückte sie nach außen und sie öffnete sich. Die Frische umwirbelte mich und mein Verstand beruhigte sich. Die Luft tat gut. So gut. Endlich konnte ich nach draußen fliehen.

      Meine Beine trugen mich nicht mehr lange vorwärts. Ich spürte, dass mein Gang holprig wurde. Öfter als es normal war, knickte mein rechter Fuß weg, der dank eines Treppensturzes beleidigt genug war.

      Für meine Umgebung hatte ich gar keinen Blick mehr. Irgendwann bemerkte ich, dass ich wieder durch einen Wald eilte. Flashbacks von der Flucht mit Daphne schnürten mir die Kehle zu und ihr Gesicht vor meinen Augen brachte mich endgültig aus dem Konzept.

      Als ich stürzte, landete ich sanft. Hatte sich das Gras verdichtet und mich aufgefangen? Das konnte doch nicht wahr sein, oder? Ich rollte mich auf den Rücken. Mitten auf einer Lichtung sah ich zur Sonne hoch. Das Licht brannte mir in den Augen, bis ich es nicht mehr aushielt und sie schloss.

      Um mich herum hörte ich Geräusche. Wind, Geraschel und Wellen. Mit dem Meer in meiner Nähe fühlte