Ich ging nicht darauf ein. Sein Ellenbogen war mit Sicherheit nicht kaputt. »Mein Partner liegt mit einer Kugel im Bein im Krankenhaus«, informierte ich ihn.
»Das tut mir mucho Leid.« Er hörte auf, seinen Ellenbogen zu massieren.
»Wer hat auf ihn geschossen?«, wollte ich wissen.
Mucho presste die Lippen zusammen und schwieg.
»Rede!«, brüllte ich ihn an. »Wer hat auf Milo Tucker geschossen?«
»Woher soll ich das...«
»Du hast uns mit deinem Anruf in eine Falle gelockt«, sagte ich hart. »Der Kerl wollte uns auf dem Gelände der Zementfabrik abknallen.«
Mucho hielt den Mund.
»Wenn die Dinge so gelaufen wären, wie sich der Typ das vorgestellt hat, würden Agent Tucker und ich uns die Radieschen jetzt von unten ansehen.«
»Ich hab...«
»Was?«, blaffte ich.
»...nichts damit zu tun.«‘
Ich hob die Hand. »Noch so eine unverschämte Lüge, und ich vergesse mich, Mucho.«
Manuel C. zuckte ängstlich zusammen. »Mir tut mein Ellbogen mucho weh, Jefe.«
»Erwarte kein Mitleid von mir«, knurrte ich. »Ich will einen Namen hören. Und zwar auf der Stelle. Sonst - bei Gott, ich...«
»Er hat mich zu diesem Anruf gezwungen, Jefe«, platzte es aus Manuel C. heraus. »Ich hatte mucho Angst, hatte keine Chance, mich zu weigern. Er hätte mich eiskalt umgelegt, wenn ich es nicht getan hätte.«
»Wer ist er?«, fragte ich schneidend.
»Gore.«
»Gandolfini?«
»Si, Jefe.«
Ich kniff die Augen zusammen und nickte grimmig.
36
Das Timing war schlecht. Ich konnte es leider nicht beeinflussen. Als ich aus meinem Jaguar stieg, trat Gore Gandolfini aus dem Haus, in dem er wohnte.
Er erblickte mich und griff sofort zur Waffe!
Es waren Leute auf der Straße. Der Killer und ich waren nicht allein, doch das kümmerte ihn nicht im mindesten.
Er eröffnete augenblicklich das Feuer!
Die Menschen um uns herum gerieten in Panik. Schreiend liefen sie nach allen Seiten davon.
Gandolfini blieb nicht stehen. Auch er rannte los.
Ich zog die SIG und folgte ihm.
Er bog um die Ecke. In einer schmalen, düsteren Straße erwartete er mich.
Er war voller Wut und Hass, weil es ihm auf dem Gelände der Zementfabrik nicht gelungen war, Milo und mich fertig zu machen. Er hatte versagt, hatte seinen Auftrag nicht ausgeführt. Solche Pannen verringerten seinen Marktwert, und er machte dafür mich hier und heute verantwortlich.
Schießend kam er mir mit kurzen Schritten entgegen.
Ich schoss zurück - und traf ihn!
Meine Kugel riss ihn herum. Seine Arme flogen hoch.
Seine Waffe wirbelte durch die Luft und landete weit hinter ihm auf dem Boden.
Er torkelte wie ein Betrunkener zur Seite, fiel mit dem Rücken gegen die schmutzige Fassade eines Hauses aus der Gründerzeit und sank daran langsam nach unten.
Ich trat vor ihn.
Er hob den Kopf und sah mich an. »Du hast gewonnen, G-man«, sagte er unendlich müde. »Ich hab dich unterschätzt. Das war ein Fehler.«
Blut tränkte sein Hemd.
Ich beugte mich zu ihm hinunter und durchsuchte ihn. Er trug keine weitere Waffe bei sich.
Ich steckte meine Dienstpistole weg und holte mein Handy heraus, um für den verletzten Killer einen Krankenwagen zu rufen.
»Wie geht es deinem Partner?«, erkundigte sich Gandolfini.
»Er wird bald wieder das Tanzbein schwingen.«
Gandolfinis Kopf sank nach unten. »Ich hab’s vergeigt«, murmelte er, als würde er sich selbst anklagen. »Ich hatte euch so richtig auf dem Präsentierteller und war nicht imstande...«
»Wer hat dich dafür bezahlt?«, wollte ich wissen.
Gore Gandolfini schwieg.
»Der Ehrenkodex, eh?«, sagte ich verächtlich. »Man gibt den Namen seines Auftraggebers niemals preis.«
Der Killer schloss die Augen.
Ich griff nach seiner Schulter und schüttelte ihn. »Gandolfini! Mach die Augen auf! Sieh mich an! Sprich mit mir!«
Er bemühte sich, gegen die Ohnmacht anzukämpfen, schaffte es aber nicht. Langsam kippte er zur Seite und regte sich nicht mehr.
Wenige Minuten später traf der Krankenwagen ein.
Noch lebte Gore Gandolfini, doch niemand konnte im Augenblick sagen, wie lange.
37
Es kam in den Radio-Nachrichten, was dem Berufs-Killer Gore Gandolfini zugestoßen war, und sein Auftraggeber zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen, denn es war noch nicht alles getan, was getan werden musste.
Anfangs hatte der Mann seine Hände noch nicht selbst mit Blut besudeln wollen, doch inzwischen hatte sich seine Einstellung geändert, und so beschloss er nach Gandolfinis Ausfall, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und zu vollenden.
Nur wenige Stunden nachdem Gore Gandolfini von Special Agent Jesse Trevellian niedergestreckt worden war, maskierte sich der Mann wieder...
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