«... Wir wollen Intelligenz bauen, die unsere menschlichen Fähigkeiten und Erfahrungen ergänzt. Wir denken nicht in Begriffen wie ‹Mensch gegen Maschinen›, sondern konzentrieren uns lieber darauf, menschliche Talente wie Kreativität, Empathie, Gefühl, Körperlichkeit und Einsicht mit der KI-Fähigkeit zu verbinden, gewaltige Datenmengen zu verarbeiten und Muster schneller zu erkennen – mit dem Ziel, die Weiterentwicklung der Gesellschaft zu fördern.
... Wir müssen unsere Technologie mit Schutzmaßnahmen für Privatsphäre, Transparenz und Sicherheit versehen. KI-Geräte müssen dafür ausgelegt sein, neu auftretende Bedrohungen zu erkennen und angemessene Gegenmaßnahmen einzuleiten.
... Alle unsere Technologie muss inklusiv und gegenüber allen respektvoll sein. Sie muss Menschen ungeachtet ihrer Kultur, ihrer Abstammung, ihrer Nationalität, ihres wirtschaftlichen Status, ihres Alters, ihres Geschlechts, ihrer körperlichen und mentalen Fähigkeiten und vielem anderen mehr dienen.»
«Wir denken nicht in Begriffen wie ‹Mensch gegen Maschinen›, sondern konzentrieren uns lieber darauf, menschliche Talente wie Kreativität, Empathie, Gefühl, Körperlichkeit und Einsicht mit der KI-Fähigkeit zu verbinden.» (NADELLA, 2018, 201)
Der CEO von Google, Sundar PICHAI (2018) hat anfangs Sommer 2018 die sieben Prinzipien seines Unternehmens zur Künstlichen Intelligenz bekannt gegeben. Dabei betont er, dass diese keine theoretischen Konzepte seien, sondern konkrete Standards, die die Forschung und die Produkteentwicklung bei Google aktiv lenken sollen.
Google glaubt, dass Künstliche Intelligenz …
— sozial dienlich sein,
— unfaire Verzerrungen in jeder Hinsicht vermeiden,
— auf Sicherheit gebaut und getestet sein,
— gegenüber Menschen verantwortlich sein,
— den Schutz der Privatsphäre schützen,
— hohen wissenschaftlichen Standards genügen,
— für Anwendungen, die diesen Prinzipien genügen, verfügbar sein muss.
Grundsätzlich lebt Google dem Hippokratischen Eid der Medizin nach, der die Vermeidung jeglichen Schadens als oberstes Ziel proklamiert. [38]
«Vermeide jeglichen Schaden» – auch bei der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz.
In ihrem Buch «Human + Machine» präsentieren DAUGHERTY und WILSON (2018) eine Auslegeordnung konkreter Handlungsanweisungen für eine menschengerechte Digitalisierung. Besonders interessant sind ihre Ausführungen zu Aktivitäten, die Mensch-Maschinen-Hybriden charakterisieren werden. Der Mensch steht im Mittelpunkt, und die Maschinen ergänzen ihn oder geben ihm Superkräfte. Sie unterscheiden folgende symbiotische Fähigkeiten:
— Den Menschen mehr Zeit für kreative Aktivitäten verschaffen
— Die Mensch-Maschine-Interaktion zum Normalfall werden lassen
— Bei Unsicherheit der Maschine die eigene Einschätzung einbringen
— Optimale maschinelle Antworten auf schwierige Fragen erhalten
— Intelligenz durch Kombination von Geist und Algorithmus verstärken
— Die mentalen Maschinenmodelle weiterentwickeln
— Lernprozesse gegenseitig verstärken
— Gemeinsam völlig neue Geschäftsmodelle entwickeln
Wir müssen «moralische Knautschzonen» zum Schutz der Mitarbeitenden einbauen (DAUGHERTY, WILSON, 2018)
Dies sind ethisch verantwortungsvolle Aussagen, allerdings bisher nur Absichtserklärungen. In ihrem Buch «Surveillance Capitalism» äußert sich Soshana ZUBOFF (2019) dazu sehr kritisch. Sie sieht in der gegenwärtigen Entwicklung eine schrittweise Modifikation menschlichen Verhaltens mit dem Ziel einer vollständigen Manipulation, nicht zuletzt durch Maschinen. Sie illustriert dies anhand der oben zitierten Unternehmen Google und Microsoft sowie anhand von Facebook. Diese Unternehmen würden jegliche Freiheiten verlangen, um neue Technologien frei von Regulierungen zu lancieren. Und wenn der Erfolg sich eingestellt hat, werden sie den Wissensvorsprung verwenden, um ihre Freiheiten zu verteidigen. Sie sagt: «Überwachungskapitalisten wissen zu viel, als dass sie sich für Freiheit qualifizieren» (ZUBOFF, 498). Die Zukunft wird weisen, ob die Aussagen der Führungsspitzen von Google und Microsoft oder die Bedenken von ZUBOFF Realität werden. Es ist aber für reflektierende Praktiker in jedem Fall unumgänglich, dem Prinzip des Menschen im Zentrum Geltung zu verschaffen. [39]
Für das Denken und Handeln der reflektierenden Praktiker bedeuten diese Erkenntnisse Folgendes:
— Denke und handle nicht in Kategorien wie «Mensch gegen Maschine», sondern konzentriere dich darauf, menschliche Talente wie Kreativität, Empathie, Gefühl, Körperlichkeit und Einsicht mit der Künstlichen Intelligenz zu verbinden!
— Vermeide jeglichen Schaden – befolge den «Hippokratischen Eid» bei der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz!
— Ermögliche deinen Mitarbeitenden ein permanentes Lernen und Weiterentwickeln!
— Gib eigenen Mitarbeitenden bei der Besetzung neuer Stellen Priorität vor externen Spezialisten.
— Behalte die Entwicklungen des «Überwachungskapitalismus» mit kritischem Geist im Auge.
Denkmuster 5: Die ganzheitliche Erfolgsmessung
Woran orientieren sich Unternehmen heute, wenn sie ihren Erfolg beurteilen oder messen? Unter dem Einfluss der einschlägigen Managementliteratur und der Anleitung durch führende Beratungsunternehmen haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegende strategische Konzepte durchgesetzt, die von der Unternehmenspraxis bereitwillig aufgenommen worden sind. Diese Konzepte stammen – wie ihre Bezeichnung verrät – vorwiegend aus dem angelsächsischen Bereich.
Die folgende Abb. 1.9 ordnet die wichtigsten Konzepte auf der Zeitachse und in ihrer Positionierung im Spannungsfeld von Profit und Gemeinwohl ein. Diese Konzepte sind untrennbar mit den Namen ihrer Promotoren verbunden, was im weiteren Verlauf des Buches zu illustrieren sein wird.
Abbildung 1.9 Konzepte der strategischen Ausrichtung und der Erfolgsmessung (in Anlehnung an GOMEZ, MEYNHARDT, 2014, 20) [40]
Bereits in den 1970er-Jahren wurde die Thematik der Wertschöpfung von Unternehmen ganzheitlich aufgenommen, und es wurden darauf aufbauend umfassende Theorien und Modelle entwickelt. Ab Beginn der 1980er-Jahre schlossen sich dann in rascher Folge Konzepte an, die sich auf einen einzelnen Aspekt der Unternehmensführung fokussierten. Dies oszillierend im Spannungsfeld von Profit und Gemeinwohl. Zu Beginn stand der «Customer Value» im Mittelpunkt, mit der Kundenzufriedenheit als Kompass unternehmerischen Handelns. Nachdem das Management weitestgehend die Deutungshoheit über die Ziele der Unternehmensführung übernommen hatte, kam die Gegenbewegung in Form des «Shareholder Value»-Konzeptes. Dieses kann vereinfacht als eine dynamische Investitionsrechnung angewandt auf ein ganzes Unternehmen charakterisiert werden. Es hatte aber viel weitreichendere Wirkungen, indem die finanziell-ökonomischen Aspekte der Unternehmensführung plötzlich erste Priorität erhielten. Dem stemmte sich das «Stakeholder Value»-Konzept entgegen, indem es die legitimen Interessen anderer Anspruchsgruppen thematisierte. Dieses Konzept erwies