Christoph: Würdest du mit deinem Wissen von heute eine Chance sehen, wirkungsvoll zu agieren und dich trotzdem zu schützen?
Harald: Nein. Du müsstest das System als ganzes reformieren können, damit du aus dieser krankmachenden Rolle raus kommst. Das geht aber nur, indem du dich in diese krankmachende Rolle hineinbegibst. Denn nur diese Informationsknotenträger könnten eine Reform des Systems zusammenbringen. Und ich würde nicht wissen, wie ich mich schützen soll, würde ich mich erneut in diese Situation begeben.
3.2 Was läuft schief?
Schon möglich, dass UTM ein krasses Beispiel für eine dysfunktionale Besprechungskultur ist, aber es ist beileibe kein Einzelfall. Auch ist dies kein kulturelles Phänomen, das etwa im deutschsprachigen Raum häufiger auftritt als anderswo. Bereits 1986 publizierte Chris Argyris, Professor für Erwachsenenbildung an der Harvard Business School, seine Beobachtungen bei amerikanischen Managementteams und seine Erkenntnisse daraus.43 Argyris beschrieb zwei neue Phänomene in Besprechungen: Abwehrroutinen (defensive routines) sowie professionelle Unfähigkeit (skilled incompetence).
Unter professioneller Unfähigkeit versteht Argyris ein Verhalten in Besprechungen, das einerseits professionell ist in dem Sinne, dass die Personen authentisch, mit bester Absicht und aus Erfahrung heraus agieren. Andererseits zeigen die Personen Unfähigkeit in dem Sinne, dass sie nicht imstande sind, ein gemeinsam angestrebtes Besprechungsziel, z.B. eine gemeinsame Vision oder eine gemeinsame Strategie, zu erreichen.
Abwehrroutinen wiederum entstehen, so Argyris, wenn Personen in einer Besprechung mit einem Thema konfrontiert werden, das für sie peinlich oder bedrohlich ist, diesem Thema ausweichen und dieses Ausweichen vertuschen. Ein solches Verhalten führt dazu, dass die Gründe der Peinlichkeit oder der Bedrohung nicht besprochen und deshalb nicht aus der Welt geschafft werden.
Meinungsverschiedenheiten nicht offen anzusprechen und Konflikte nicht auszutragen, führt über die Jahre zu einer dysfunktionalen Besprechungskultur.
Besprechungsteilnehmer verhalten sich häufig so, als ob Menschen und deren Meinungen ein und dasselbe wären. Anscheinend sind die einzigen Alternativen, entweder die Meinung und damit den Menschen in Frage zu stellen oder den Menschen und damit seine Meinung zu akzeptieren. In einem solchen Denkmuster ist es nicht möglich, eine Meinung in Frage zu stellen und zugleich die Person wertzuschätzen.
Abb. 2: Abwehrroutinen und professionelle Unfähigkeit sind Auswirkungen von gut gemeintem, aber letztlich dysfunktionalem Verhalten44 (vgl. Kap. 1.1) | © Mandl/Hauser/Mandl 2008 |
In einer wahrhaft schöpferischen Besprechung ist es jedoch unabdingbar, dass die Beteiligten einander schätzen, und dass trotzdem – oder gerade deswegen – alle bedeutsamen Meinungsdifferenzen besprochen werden. Dies kann dazu führen, dass die Besprechung länger dauert als vorgesehen oder auch, dass eine einfache Lösung in weite Ferne rückt – eine Horrorvorstellung für jene, die Besprechungspunkte rasch erledigen wollen. Wenn um die Auflösung der Widersprüche im Gespräch gerungen wird, egal in welches ungewöhnliche Terrain dies auch führt, dann wird eine Besprechung schöpferisch.
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