Dafür wird die Zeugenschaft für Christus in der Firmung noch einmal besonders bedeutsam, wenn von der Mitarbeit der Laien an der Sendung der Kirche in LG 33 die Rede ist: „Der Apostolat der Laien ist Teilnahme an der Heilssendung der Kirche selbst. Zu diesem Apostolat werden alle vom Herrn selbst durch Taufe und Firmung bestellt“. Durch das Zueinander von Laienapostolat, Heilssendung der Kirche und den nicht genau differenzierten Sakramenten Taufe und Firmung wird die Berufung des christlichen Lebens mit dem Laienapostolat identifiziert. Das bedeutet, dass das Mittun der Laien keine Hilfsarbeit für die Priester ist, sondern aus Taufe und Firmung direkt abgeleitet werden muss: es ist ein Grundcharakter christlicher Existenz75. Über LG 11 hinaus wird damit das Laienapostolat auf eine sakramentale Grundlage gestellt und nicht nur als eine Verpflichtung verstanden, die sich aus Taufe und Firmung heraus ergeben würden. Bemerkenswert ist, dass auf der Grundlage einer eschatologischen Sichtweise der Sakramente auch dem Laienapostolat eine eschatologische Dimension zugesprochen wird, wenn auch nur am Rande76.
Dass die Kirche als allumfassendes Heilssakrament verstanden wird77 und dass die Taufe Christus gleich gestaltet und der Empfang der Eucharistie Anteil am Leib des Herrn ist78, führt zu einer Theologie der Taufe als Begründung der Eingliederung in die Kirche und einer Theologie der Eucharistie als Zielpunkt der Eingliederung. Dies zeigt sich im Besonderen im Dekret Presbyterorum Ordinis. Über Dienst und Leben der Priester 2 und 5. Wenn es „kein Glied [am mystischen Leib Christi gibt], das nicht Anteil an der Sendung des ganzen Leibes hätte [, dann muss jedes Glied] vielmehr Jesus in seinem Herzen heilighalten und durch den Geist der Verkündigung Zeugnis von Jesus ablegen“79. Für Zerndl ist deshalb das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen die „Voraussetzung für das Amtspriestertum“80. An eine Beauftragung des Amtspriestertums durch das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen sei damit allerdings nicht gedacht. Dadurch, dass das Amtspriestertum nicht aus der Taufe abgeleitet wird, würde PO 2 den Gedanken an eine Weihe des Laien zum Apostolat nicht rechtfertigen: „Firmung kann nicht als eine Art niedere Weihe betrachtet werden; sie gehört theologisch zur Taufe, nicht zum Amt“81. Deshalb absorbiert der sakramentale priesterliche Dienst „Taufe und Firmung nicht, sondern [er] setzt sie voraus“82. Die Befürchtung, das Amtspriestertum vom gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen abhängig zu machen, könnte dazu geführt haben, dass man von einem eigenen Betätigungsfeld für Gefirmte Abstand nahm.
1.1.3 Firmung ist das besondere Sakrament des Heiligen Geistes zur apostolischen Sendung
Die eucharistische Gemeinschaft bleibt in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht auf sich selbst bezogen, sondern ist als solche immer schon eine gesandte. Apostolische Sendung und missionarische Verpflichtung sind damit eine priesterliche Tätigkeit im Dienst aller Getauften und Gefirmten: in Taufe und Firmung sind Christinnen und Christen zum Apostolat gesandt83. Dazu bedient sich das Dekret Apostolicam Actuositatem. Über das Laienapostolat 3 vor allem der drei theologischen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung und bezieht die Liebe auf die Liebe zu allen Menschen und das Tätigwerden für deren Heil. Zur Durchführung dieses Apostolates schenkt der Heilige Geist den Gläubigen Gnadengaben, Charismen, die im Konzilstext allerdings nicht näher erläutert werden. Es wird lediglich erwähnt, dass der Empfang eines Charismas verpflichtet, sie „in Kirche und Welt zum Wohl der Menschen und zum Aufbau der Kirche zu gebrauchen“84 und dass das Hirtenamt damit beauftragt ist, die Charismen zu prüfen und zu fördern. Entscheidend ist an diesem Text, dass das Apostolat der Getauften und Gefirmten gleich ursprünglich zu verstehen ist wie die Sendung der sakramental geweihten Diakone, Priester und Bischöfe85.
Ein Charisma, eine Gabe des Heiligen Geistes als Hilfe zum Apostolat, ist also nur zum Wohl der Menschen und zum Aufbau der Kirche zu gebrauchen. Es wird ganz ähnlich wie die Firmung als Gabe und Aufgabe verstanden, es ist allerdings nicht direkt als Wirkung der Firmung beschrieben, sondern als eine Gabe des Heiligen Geistes, die den Getauften und Gefirmten mit auf den Lebensweg gegeben wird. Und dieses Leben ist in vollem Umfang in den Prozess der Zeugenschaft für Christus mit einzubeziehen. Die sozialen Gruppen, in denen die Christinnen und Christen leben, wie auch die zeitlichen Einflüsse, denen alle Menschen unterliegen: all dem soll mit Liebe und Achtung begegnet werden, weil Zeugenschaft für Christus nur im persönlichen Leben möglich ist86. Peter Hünermann erklärt, dass eine „sichtbare Erneuerung des missionarischen Geistes […] durch dieses Dokument [AG] in der nachkonziliaren Kirche“87 nicht ausgelöst wurde. Festzuhalten ist aber auch, dass auch AG 11 das Apostolat der Laien nicht vom hierarchischen Priestertum abhängig macht, sondern als ursprüngliche Sendung zusammen mit dem hierarchischen Priestertum versteht88.
Gerade im Dekret Orientalium Ecclesiarum. Über die katholischen Ostkirchen tritt eine weitere Frage zu Tage, die auch in der römischkatholischen Kirche in Deutschland für Diskussionen sorgt: nämlich die Frage nach dem Zeitpunkt der Firmung, die bewusst nicht beantwortet wird: „Das Konzil möchte zwar die ältesten Traditionen wiederhergestellt sehen, läßt aber den Zeitpunkt der Firmspendung offen“89. Während sich aber in den deutschsprachigen Ländern die Diskussion eher darum drehte, mit der Firmung zu warten und erst mündige junge Erwachsene zur Firmung zuzulassen90, geht es in OE darum, sowohl die Firmung im Anschluss an die Taufe als auch die Firmung zu einem späteren Zeitpunkt zuzulassen. Dabei zeigen die Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils Interesse daran, dass möglichst viele Christinnen und Christen das Sakrament der Firmung empfangen, denn „um des Seelenheiles willen hält das Konzil nicht unbedingt am Prinzip der Rituszugehörigkeit fest. Alle orientalischen Priester dürfen sogar lateinisch Getaufte und auch unabhängig von der Taufspendung und ohne rituelle Konsequenz firmen, ähnlich umgekehrt lateinische Priester mit entsprechenden Vollmachten“91. Dies mag gerade dann überraschen, wenn man davon ausgeht, dass die Firmung kein heilsnotwendiges Sakrament ist92. Gerade die zeitliche Zusammengehörigkeit von Taufe, Firmung und Eucharistie in den orientalischen Kirchen mag zu dieser Haltung beigetragen haben. Sowohl die Bestimmung in LG 26, nach der die originären, erstberufenen Spender der Firmung die Bischöfe sind, als auch das Prinzip der Rituszugehörigkeit werden damit zugunsten des Seelenheiles der Christinnen und Christen ausgeweitet.
Nach Günter Koch lassen sich deshalb die wenigen aber wichtigen Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Firmung folgendermaßen zusammenfassen: Taufe und Firmung gehören eng zusammen (LG 11; SC 71), Sie vereinigen mit Christus, dem Haupt (AA 3). Die Firmung verbindet vollkommener mit der Kirche (LG 11; AA 3), sie schenkt eine besondere Kraft des Heiligen