1.1.4 Entfaltung dieser Aspekte der Firmung – die Beschlüsse der Synoden
Die Sendung der Getauften und Gefirmten war dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein wichtiges Anliegen. Betätigungsfelder oder Anregungen, die Sendung im alltäglichen Leben umzusetzen, sucht man aber vergebens. Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland und die Pastoralsynode der katholischen Kirche in der DDR hatten auch deshalb die Aufgabe, die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zu fördern und „zur Gestaltung des christlichen Lebens gemäß dem Glauben der Kirche beizutragen“97. Dazu mussten sich beide Synoden in besonderer Weise auch mit dem Sakrament der Firmung auseinandersetzen. Die Schwierigkeit lag vor allem darin, dass Papst Paul VI. Im Jahr 1971 den Ritus der Firmspendung einer Revision unterzogen hatte98. Die Firmung der Erwachsenen folgt dem in den orientalischen Kirchen üblichem Ablauf von Taufe-Firmung-Eucharistie. Die Firmung von Heranwachsenden findet in der Regel nach der ersten Spendung der Eucharistie und des Bußsakramentes statt. Der Empfang der Firmung wurde abhängig gemacht von der Taufe, der Erlangung des Vernunftgebrauchs, einer katechetischen Unterweisung und der rechten Disposition zur Erneuerung des Taufversprechens99. In der Überarbeitung des Firmritus sollte deutlich werden, dass in der Firmung die Gabe des Heiligen Geistes mitgegeben wird100, die bis dahin übliche Spendeformel, die den Spender des Sakramentes in der Ersten Person als handelndes Subjekt nannte101, wurde abgeändert und die Betonung der Spendung der Firmung wurde erstens auf die Salbung mit Chrisamöl an der Stirn, und zweitens auf die Auflegung der Hände gelegt mit der neuen Spendeformel: Sei besiegelt mit der Gabe des Heiligen Geistes102 gelegt. Gerade der Bezug auf die Gabe des Geistes darf aber nicht exklusiv oder unter Zurückstellung der Taufe verstanden werden, denn Papst Paul VI. ordnete die Firmung in die Reihe der Initiationssakramente ein und verwies ausdrücklich auf die Taufe als Wiedergeburt, die Firmung als Stärkung und die Eucharistie als Nahrung für das ewige Leben103. Neuartig ist die vom Zweiten Vatikanischen Konzil her inspirierte beziehungsweise aus den Verlautbarungen her ableitbare zentrale Stellung der pneumatologischen Dimension der Spendeformel. Die Firmung ist somit in ihrer Beziehung zur Taufe und in ihrer Hinordnung auf die Eucharistie zu verstehen.
Diese neuen Konstellationen stellte auch die Gemeinsame Synode vor Herausforderungen, was dazu führte, dass zeitweise ein eigenes Dokument zur Taufpastoral geplant war, unter Auslassung des Sakramentes der Firmung104. Die Auseinandersetzung mit der Firmung geschah in der Gemeinsamen Synode vorwiegend in dem Synodenbeschluss Schwerpunkte heutiger Sakramentenpastoral. Der Beschluss Die Beteiligung der Laien an der Verkündigung erwähnt die Firmung überraschender Weise nur beiläufig, stellt sie aber in eine Reihe mit der Taufe als „geistgewirkte Befähigung zum Glaubenszeugnis“105.
Inhaltlich ist der Synodenbeschluss Schwerpunkte heutiger Sakramentenpastoral davon gekennzeichnet, dass die Relevanz der Sakramente im persönlichen Leben sichtbar werden soll. Richard Hartmann formuliert dies folgendermaßen: „Es geht den Synodalen darum, den Zusammenhang der Sakramente mit den Grundfragen nach dem Leben, nach bestimmten und zentralen Stationen herzustellen. Sakramente sollen nicht ‚einseitig als Gnadenmittel verstanden’ werden, ohne den Lebensbezug und die Christusbeziehung zu entfalten“106. Der Synodenbeschluss stellt den Bezug zum alltäglichen Leben gleich im ersten Abschnitt deutlich heraus und beginnt mit der Feststellung, dass Menschen in besonderen Lebenssituationen die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen. Die Sakramente werden in diesem Kontext als Deutungsmöglichkeit und als Ausfaltung der Bestimmung des Menschen verstanden. Dass Sakramente Zeichen des Heils sind und in Jesus Christus, dem Ursakrament, begründet sind, würde vielen Menschen allerdings nicht mehr deutlich – „der Bezug zum eigenen Leben und das Angebot einer persönlichen Begegnung mit Christus“107 würden nicht mehr erkannt. Die Zeichen der Liebe und der Nähe Gottes, als welche die Sakramente auch bezeichnet werden, sind in der Kirche für jeden Menschen auffindbar, besonders sinnenfällig in der Gemeinde, die als Gemeinschaft der Gläubigen an einem Ort verstanden wird108. Deshalb möchte die Synode die Sakramente nicht nur als punktuelle Kontakte von Sakramentenempfängern mit der Gemeinde verstanden wissen, sondern auf vielfältige Weise zu Begegnungen mit der göttlichen Wirklichkeit auffordern.
Die Firmung ist, wie alle Sakramente in ihrer pneumatologischen Dimension zu verstehen. Denn der Heilige Geist leitet die Kirche, die wiederum der Ort für die einzelnen Sakramente in den Gemeinden ist. Sie muss außerdem auch in ihrer Beziehung zur Taufe gesehen werden und sie führt zu einer „neuen Befähigung und Beanspruchung des Getauften zum christlichen Leben“109. Fragen nach einer genaueren Unterscheidung von Taufe und Firmung beantwortet der Synodentext nicht. Entscheidender sind die Anweisungen zur Firmpastoral, die aus der Zusammengehörigkeit der Initiationssakramente abgeleitet werden.
Der Ort der Firmung ist die konkret verfasste Gemeinde, in der die Firmung in nicht allzu großen Abständen vom Bischof oder einem Bevollmächtigten gefeiert werden soll. Zusätzlich zu dieser Verortung der Firmung in der Gemeinde soll der Pate dem Firmanden helfen, seinen Ort in der Gemeinde zu finden. Deshalb ist die Glaubenshaltung des Paten das eigentliche Kriterium für deren Auswahl. Kann kein geeigneter Pate gefunden werden, kann auch auf den Paten verzichtet werden110.
Spender der Firmung ist nach Möglichkeit der Bischof. So soll den Firmanden die Zusammengehörigkeit ihrer Gemeinde mit der Diözese und mit der Weltkirche vermittelt werden111. Entfalten soll sich die Firmung in einem Leben aus dem Glauben. Die Gefirmten sollen gelernt haben „als geistliche Menschen eine persönliche Beziehung zu Gott [zu finden] und bereit sein, gemeinsam und als einzelne in Kirche und Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen“112. Dabei sollen die Gefirmten in der Seelsorge mithelfen können, in den kirchlichen Räten aktiv sein, die caritativen Einrichtungen mit ihrem Engagement unterstützen und im liturgischen Bereich Aufgaben übernehmen. Alle diese Stellungen und Funktionen sind mit einer Gnadengabe des Geistes verbunden und deshalb wären gerade Gefirmte in solchen Positionen wichtig.
Eine große Schwierigkeit ist die Frage nach dem Alter der Firmanden: „Je mehr die eigene Entscheidung und Reife des Firmlings betont wird, desto eher wird ein höheres Alter gefordert. Dies, so wird festgehalten, sei jedoch keine theologische, sondern eine pastorale Ermessensfrage“113. Günter Koch hält dem gegenüber fest, dass die „pastorale Frage nach dem rechten Firmalter […] auch von dem favorisierten theologischen Ansatz“114 abhängt und somit nicht eine Entscheidung nur nach persönlichem Ermessen ist. Das kommt eigentlich auch im Synodenpapier zum Ausdruck:
Angeführt wird 1) das Argument, die Firmung im 7. Lebensjahr würde es ermöglichen, die altkirchliche und bei der Eingliederung Erwachsener in die Kirche übliche Reihenfolge der Initiationssakramente Taufe-Firmung-Eucharistie einzuhalten. 2) Dem wird aber entgegengehalten, dass gerade die Findung der eigenen persönlichen Möglichkeiten zu einem freiheitlich verfassten christlichen Leben in diesem Lebensalter noch nicht möglich ist. 3) Deshalb wird für eine Firmung ungefähr im 12. Lebensjahr plädiert. In diesem Alter könne das Kind / der oder die Jugendliche bereits Zeuge des Glaubens sein und die Bedeutung der Firmung nachvollziehen.