Das Amt hat auf der Ebene der Gemeinde die Aufgabe, Geistesgaben zu fördern. Glaube lebt aus dem Hinhören und Reflektieren auf das Wort - es kann weder durch Indoktrination oder durch Abstimmung erfasst werden. Es braucht ein gemeinsames Suchen, in dem sich Amt und Gemeinde hineinbegeben. Der Hirtendienst des Amtes trägt seinen Teil durch die priesterliche Aufgabe bei, die die kommunikative, hinhörende, geistliche Führung beinhaltet, mit der es auch das gemeinsame Priestertum ermöglicht.152
1.1.8 Zusammenfassung - Damit Kirche wirkt
Pneumatologie und Eschatologie verweisen die Kirche auf das, was im Zentrum des Glaubens steht. Nicht die Kirche an sich steht im Zentrum des Glaubens. Kirche hat einen Auftrag und dient dem „Reich Gottes“.153 Der Begriff „Sakrament“ macht dies deutlich.
Wie eine Münze ist Kirche also nicht einfach nur von einer Seite aus zu betrachten, sondern weist eine gewisse Komplexität auf, die auf das Größere verweist, auf Christus. Darin gründet auch ihr Auftrag. Eine Münze hat dann einen realen Wert, wenn sie einen Nutzen generiert. Der Auftrag der Kirche ist, das Heil, das von Christus ausgeht, in die Welt zu tragen. Diesen darf sie nicht verfehlen, sonst stellt sich die Frage, welchen „Wert“ Kirche hat. Das Konzil macht an dieser Stelle deutlich, dass Kirche stets der Reinigung bedarf. Anders gesagt muss Kirche mit ihrer gesellschaftlichen Institution auftragsgemäß handeln, um die gewollte Wirkung zu erreichen. Dazu ist es wichtig, die Zeichen der Zeit wahr- und ernstzunehmen. Der Geist wirkt auch in der Schöpfung. Demnach stellt sich die Frage, welche Veränderung nötig ist, um den Auftrag in der heutigen Zeit angemessen und nah am Menschen zu erfüllen. Die Kirche sollte darauf achten, welche Potentiale in den Teilsystemen und den wissenschaftlichen Disziplinen stecken, um den Sendungsauftrag zu erfüllen. Das eigene Tun muss also reflektiert und schließlich verbessert werden, um nicht irgendeine Wirkung zu entfalten, sondern um die gesellschaftliche Seite der Kirche möglichst gut zur Wirkung zu bringen. Kirche kann nicht alles aus sich selbst heraus, die Gnade muss mitgedacht werden. Trotzdem ist die Kirche gerufen, ihre Möglichkeiten zu nutzen, damit Kirche das Licht Christi spiegeln kann.
Für das weitere Vorgehen in dieser Forschungsarbeit werden folgende Punkte als Orientierungsrahmen dienen. Sie fließen am Ende als Eckpfosten in ein Qualitätsmodell ein:
• Kirche kann nicht „irgendwie“ sein, sie muss eine Aufgabe erfüllen. Sie kann ihren Auftrag missachten, dann würde sie zwar noch für den Glauben stehen, aber ohne Wirkung oder sogar mit negativer Wirkung verbleiben. Sie würde „sündig“.
• Kirche ist auch eine weltliche Institution, die verantwortungsbewusst gestaltet werden muss.
• Kirche ist Sakrament, d. h. Zeichen und Werkzeug: sie verweist auf etwas, aber sie soll auch etwas bewegen - bei aller eschatologischen Vorläufigkeit.
• Der Auftrag ist: das Reich Gottes in der Welt entfalten, d. h., den Heilswillen Gottes in die Welt tragen und dort konkretisieren. Das kann nicht irgendwie ausgestaltet werden. Orientierung bietet das Handeln Jesu, aus der z. B. auch die Option für die Armen abgeleitet wurde. Die Verbesserung der Zustände in der Welt ist Element der Heilssendung.
• Kirche kann nicht ohne die Grundkriterien ihrer Existenz gedacht werden: „die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“.
• Kirchliches Handeln bewegt sich in vier Grundvollzügen: Liturgie, Verkündigung, Diakonie und Koinonia. Das sind die zentralen Handlungsbereiche.
• Kirche als Volk Gottes sagt etwas aus über das Miteinander in der Kirche. Als Getaufte haben alle Anteil am gemeinsamen Priestertum. Sie sind Subjekte des Glaubens und des Glaubenslebens.
• Zugleich gibt es eine substantielle Rollenverteilung in der katholischen Kirche, in der ordinierte Amtsträger einen wichtigen Dienst ausübt . Ihnen kommt Leitung zu, aber auch der Heiligungs- und Lehrdienst. Das wird gerade in Gemeinden erfahrbar. Den Laien kommt aufgrund ihrer Teilhabe am Priester-, Propheten- und Königsamt ein Eigengewicht zu. Amt und Laien benötigen ein gutes Miteinander.
• Ortsgemeinden sind relativ selbständig, sind aber zugleich auf andere Gemeinden und den größeren Rahmen angewiesen (Kooperation).
• Kirche als Sakrament des Geistes macht deutlich wie wichtig auch das charismatische und damit das verändernde Element in der Kirche ist. Dinge, die von außen („Welt“) auf die Kirche einströmen, können wichtige Anregungen enthalten. Die Welt ist Schöpfung Gottes, und auch dort wirkt der Heilige Geist.
1.2 Das methodische Raster: EFQM
1.2.1 Qualitätsmanagement – ein Überblick
Qualitätsentwicklung entstammt der industriellen Produktion. Als die japanische Wirtschaft nach dem II. Weltkrieg am Boden lag, entwickelte der US-Amerikaner Deming ein Programm, um dortige Betriebe wieder konkurrenzfähig zu machen. Er war über die Jahre hinweg erfolgreich. Mit Hilfe eines Ansatzes dauerhafter Verbesserung entwickelte er ein erstes Qualitätsmanagementskonzept. Dabei betonte er den Zusammenhang zwischen Kosten und Qualität. Die japanischen Unternehmen griffen seinen Ansatz erfolgreich auf und entwickelten ihn vielfach weiter. Sie wurden zu internationalen Vorbildern, deren Konzepte mehrfach kopiert wurden. Mit dem Deming-Prize werden in Japan Unternehmen geehrt, die Qualitätsentwicklung systematisch implementieren. Die USA haben in den 1980er Jahren die Ideen aufgegriffen und eine eigene nationale Qualitätsinitiative entwickelt: das Modell des MBNQA (Malcolm Baldrige National Quality Award), das auf sieben Kriterien beruht. In Europa wurde diese Idee Ende der 1980er Jahre aufgegriffen. Man entwickelte hier das EFQM-Modell.154
Seitdem hat sich in Europa wie auch in Deutschland vieles in Richtung Qualitätsmanagement getan. EFQM wird stetig verbessert, auch das zweite Modell, die DIN-ISO-9000-Norm wird immer wieder angepasst. Inzwischen hat Qualitätsmanagement im sozialen Bereich z. B. in sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen Einzug gehalten, wenn auch aufgrund staatlicher Anforderungen. Es entwickelten sich hier spezifische Anpassungen und Modelle, die den Rahmenbedingungen der Handlungsbereiche entsprechen sollten. So haben die Caritas wie auch die Diakonie als kirchliche Einrichtungen Modelle des Qualitätsmanagements aufgenommen und eigene Ansätze entwickelt. Selbst die Erzdiözese Freiburg hat sich mit Qualitätsentwicklung beschäftigt und bringt es im Rahmen der Visitation gezielt zum Einsatz. Dazu gibt es eigenständige Handreichungen.155
Was ist unter Qualität zu verstehen?
Wie wird Qualität definiert? Das lateinische Wort „qualitas“ heißt auf Deutsch „Beschaffenheit“ und gibt einen Hinweis auf das Verständnis von Qualität.156 Qualität nimmt den aktuellen Zustand einer Sache oder einer Leistung in den Blick. Nach der DIN-Norm wird Qualität definiert als
„Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale (…) Anforderungen (…) erfüllt (…).“157
Auch wenn es verschiedene Grundphilosophien zum Thema Qualität gibt, so kann doch diese formale Definition als gemeinsames Merkmal ausgemacht werden. Qualität bezieht sich also auf die Beschaffenheit eines Produkts oder einer Dienstleistung und ist zunächst ein neutraler Begriff, d. h., Qualität kann gut oder schlecht ausfallen. Diese Bewertung