Vertriebsleiter: „Wir können nur erfolgreich sein, wenn die Produktion Produkte bauen würde, die sich auch verkaufen lassen.“
Produktionsleiter: „Falsch. Verkauft ihr doch einfach die Produkte, die wir auch wirtschaftlich bauen können.“
Entwicklungsleiter: Schweigt und genießt.
Wertschöpfungsorientierte Prozessgestaltung, die diesen Namen auch verdient, begreift die gesamte Prozesskette bzw. Prozesslandschaft als zusammengehörend und zusammenhängend (interdependent).
Erst wenn dieses Bild auch in den Köpfen verankert ist, kann die Effizienzdiskussion auf einer gemeinsamen Basis geführt werden. Prozessinnovationen und -verbesserungen sind dann eben nicht auf einzelne Bereiche eingegrenzt, mit dem traditionellen Schwerpunkt auf der Produktion. Künftig muss das Augenmerk allen Prozessen gleichermaßen gelten, mit besonderer Konzentration auf die Zusammenhänge und Schnittstellen. Die Vorfreude vieler Produktionsverantwortlicher, dass jetzt „endlich auch einmal der Vertrieb und die indirekten Bereiche dran“ seien, ist verständlich, aber wenig zielführend. Es geht um die Gesamteffizienz, nicht um Insellösungen. Und im Sinne eines permanenten Strebens nach Perfektion kann es keine Ausnahmen geben.
„Lean“ stellt Konzepte mit „Selbstregelung“ in den Vordergrund
Prozesse, die geplant, angestoßen, koordiniert und gesteuert werden müssen, erzeugen Aufwand. Sei es in Form von Overheads, sei es in Form häufiger Fehlerbeseitigung. In dieser Hinsicht hat das klassische Fließband seine Vorteile: wenn es läuft, läuft es. Tatsächlich ist der Gedanke, einen stetigen Fluss oder Wertstrom zum obersten Prinzip von Prozessen zu erheben, durchaus zeitgemäß.
In einer deutlich erkennbaren Vorgänger-Nachfolger-Beziehung, wie sie Fließkonzepten eigen ist, steckt ein wichtiges Hilfsmittel zur Prozessoptimierung.
Ein bekanntes Beispiel stammt aus der Fabrik des Maschinenbauers Trumpf in Ditzingen (vgl. Spath, Ganzheitlich produzieren). Als die Montage der Maschinen von der klassischen Baustellenmontage auf das Fließprinzip umgestellt wurde, traten die Schwachstellen klar zu Tage. Dabei war viel technische und organisatorische Intelligenz nötig, um die tonnenschweren Maschinen durch die Halle fließen zu lassen (gelöst wurde das Problem mit Luftkissenfahrzeugen). Man hat diese Mühen nicht gescheut und erntet heute die Früchte in Form hoch effizienter, verschwendungsarmer Prozesse.
In ganz ähnlicher Weise kann, sollte und muss auch in den Unternehmensbereichen vorgegangen werden, in denen nicht Material, sondern Information „fließt“. Auch Work-Flow-Systeme lassen sich so gestalten, dass ein kontinuierlicher Fluss entsteht. Die notwendige Intelligenz ist vorhanden, die Mühe darf nicht gescheut werden.
„Lean“ heißt: Überdenken von Outsourcing-Entscheidungen
Diese Überschrift mag manchen Leser erstaunen, galt doch die Auslagerung ganzer Betriebsbereiche im Zuge der ersten „Lean-Welle“ als Standardbaustein der Verschlankung. Besonders häufig war der Betriebsmittel- und Vorrichtungsbau vom Outsourcing betroffen. Ein folgenschwerer Irrtum. Gerade in der Montage setzen echte „Lean-Konzepte“ auf intelligent automatisierte oder teilautomatisierte Lösungen, die in den Unternehmen selbst geplant und direkt umgesetzt werden.
Wettbewerbsdifferenzierung durch individuelle Arbeitsplatz- und -prozessgestaltung auf Basis firmenspezifischer Standards und permanenter Weiterentwicklung ist das Rezept der Vorreiter-Unternehmen. Dies erfordert jedoch spezifisches Know-how, Kompetenz und schnelle Reaktionsfähigkeit bei der technischen Umsetzung.
„Lean“ heißt: Die Verbesserung integrieren, organisieren – und leben
Kontinuierliche Verbesserung stellt sich nicht von selbst ein, sie muss organisiert werden. Das heißt, sie ist so in den Betrieb zu integrieren, dass sie zum selbstverständlichen Bestandteil der täglichen Arbeit wird. Darin besteht ein wesentlicher Unterschied zu den gut gemeinten, aber meist schlecht integrierten Verbesserungsinitiativen der Vergangenheit. Diese wurden meist parallel zur Tagesarbeit vorangetrieben und nicht als integrierter Teil dieser Arbeit gesehen. So blieben die Programme Fremdkörper. Wie eine wirklich lebendige Verbesserungsorganisation aussieht, beschreiben wir Ihnen in Kapitel 3.
Leitsatz 4:
Exzellente Unternehmen nutzen internationale Standorte und globale Netzwerke für die Stärkung ihrer Position – auch der heimischen Standorte
Niemand ist ein Insel: internationale Standortkonzepte
Die Welle der Globalisierung hat erst begonnen. Marktführerschaft erfordert künftig noch mehr eine offensive, effiziente und zielorientierte Internationalisierung. Dabei hat die Ausprägung des weltweiten Produktions- und Logistiknetzwerkes entscheidenden Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit.
Viele Unternehmen, darunter zahlreiche Mittelständler, haben damit begonnen, global vernetzte Wertschöpfungsketten, einen internationalen Standortverbund aufzubauen. Sie nutzen die Kostenvorteile in Niedriglohnländern durch Fabriken für die zentrale Vorfertigung an diesen Standorten. Marktnahe Fabriken für die Endfertigung sorgen dann dafür, die Kunden wunschgemäß, reaktionsschnell und flexibel zu beliefern. Durch diese Ausrichtung des Standortverbundes lassen sich die unterschiedlichen Vorteile und Stärken optimal nutzen: geringe Faktorkosten einerseits und große Marktnähe andererseits.
Führung durch weltweite Standards
Internationale Standortverbünde werfen ein erhebliches Komplexitätsproblem auf, insbesondere dann, wenn es um Führbarkeit oder Steuerung geht. Hier werden definierte – und gelebte – Prozess-Standards lebenswichtig. Denken Sie an eine bekannte, weltweit aktive Fastfood-Kette. Die Restaurants funktionieren überall nach dem exakt gleichen Muster.
Abb. 8: Standortstrategie
Dieser weltweit einheitliche Standard führt zu „strukturellen Mengeneffekten“ in dem Sinne, dass extrem schnelle Anläufe möglich sind, die Qualität gleich bleibt und Produktivität oder Wirtschaftlichkeit einfach zu überwachen sind.
Auf industrielle Prozesse übertragen heißt das, dass der weltweite Prozessstandard „Exzellenz“ sein muss. Dieser Exzellenzgrad kann definiert, gemessen, überwacht – und kontinuierlich verbessert werden. Weltweit. Das zentrale System, um die Exzellenz voranzutreiben, ist das Wertschöpfungssystem, wie wir es Ihnen in diesem Buch vorstellen. Und: das Wertschöpfungssystem bildet einen optimalen Rahmen, um weltweite Werksverbünde zu führen.
Hat der Standort Deutschland noch eine Chance?
So fragen sich viele. Die führende Wirtschaftszeitung PRODUKTION hat daraus sogar eine Initiative gemacht. Die Diskussion um die Produktion und den „richtigen“ Standort ist, so konstatieren wir, in vollem Gange. Hohe Löhne, Lohnnebenkosten, Abgaben und Steuern werden dafür verantwortlich gemacht, dass Niedriglohnstandorte an Attraktivität gewinnen und Unternehmen über Standortverlagerungen nachdenken.
Wer bei einer der Suchmaschinen beispielsweise den (provozierenden) Begriff „Manufacturing is dead“ eingibt, wird auf mehr als 300 Treffer stoßen. Auf Einträge aus jüngster Zeit – allerdings meist von entschiedenen Gegnern dieser These.
In diese Grundsatzdebatte wollen wir uns nur insofern einschalten, als wir einmal mit der „Wertschöpfungsexzellenz-Brille“ darauf schauen wollen. Denn wer deutsche Unternehmen im Hinblick auf ihre Standortstrategie einmal systematisch analysiert, gelangt zu der folgenden, und wie wir meinen: logischen Erkenntnis: Gerade exzellente Unternehmen charakterisieren sich wie bereits erwähnt durch Stabilität, ja teilweise Wachstum am Standort Deutschland. Unternehmen, die ihre Innovationsprozesse stärken, die nach maximaler Wertschöpfung