Er begann bei sich und beim päpstlichen Hofe, indem er die Laiendienerschaft aufhob und sich nur mit Mönchen und Klerikern umgab. Er schreitet ein gegen Priester, deren Wandel nicht rein ist; er achtet darauf, daß die rechten Männer zu Bischöfen gewählt werden, und steht nicht an, einem ungeeigneten die Bestätigung zu versagen. 50 Strenge wacht er über die Amtsführung der Bischöfe, tadelt und mahnt, wenn er ungünstige Berichte über sie bestätigt findet. Im Juli 595 hielt er in Rom eine Synode, an der 23 Bischöfe aus der Umgegend, auch aus der Lombardei, und 35 Priester der Titularkirchen teilnahmen. Damals war es dem Papst vor allem um Hebung der Ordnung und Disziplin zu tun. Damit bei der Zulassung zur Weihe nicht so sehr auf eine schöne Stimme als auf einen reinen Wandel gesehen werde, ordnete die Synode an, daß der Diakon von nun an nur mehr das Evangelium zu singen habe. Für Erteilung der Weihen und für Überbringung des Palliums darf kein Entgelt erhoben werden. Der Papst tadelt, daß manche Hirten in Fällen, wo es zweifelhaft ist, ob ein Besitztum der Kirche oder Laien gehört, zu rigoros sind. Den Sklaven auf den kirchlichen Besitzungen soll es möglich sein, in ein Kloster einzutreten; sie müssen aber vorher im Laiengewand eine Probezeit durchmachen, damit der Eintritt ins Kloster nicht etwa bloß deswegen geschehe, daß sie aus dem Sklavenstande herauskommen.
Ein Hauptaugenmerk richtete Gregor auch auf die Reinhaltung und Hebung der Klosterzucht. Als Stätten der Ruhe, Zurückgezogenheit, des Gebetes und der stillen Händearbeit sollten die Klöster ihren Insassen behilflich sein, in Demut, Liebe und Gehorsam die Vereinigung mit Gott in dieser und der andern Welt zu suchen. Die damaligen verworrenen öffentlichen Zustände sind wohl auch schuld, daß einzelne schwere Übertretungen der Ordensregel vorkamen. Die eingehende und strenge Behandlung solcher Fälle zeigt, wie hoch Gregor die Ordenszucht schätzte und wie sehr ihn ihre Verletzung schmerzte. Daneben ist er in rührender Weise für das leibliche Wohl der Ordensangehörigen besorgt, läßt den Klöstern, die wegen der Zeitverhältnisse darben müssen, die Abgaben nach und unterstützt sie mit Geld, Nahrungsmitteln und Kleidern.
Aber auch dem einfachen Volke galt seine Hirtensorge. Er besuchte die Kirchen, in denen der feierliche Gottesdienst stattfand — die Stationskirchen im weiteren Sinne —, und legte das Evangelium aus, nachdem es vom Diakon feierlich gesungen worden war. In Scharen begleitete ihn das Volk zu der Stationskirche und umstand seinen Sitz. Er saß dabei wohl vor dem Altare. Zwanzig Homilien hielt er in dieser Weise; als aber sein Magenleiden heftiger wurde und er nicht mehr öffentlich sprechen konnte, diktierte er zwanzig weitere Homilien seinem Notar Aemilian und ließ sie durch ihn beim Gottesdienst verlesen.
d. Der Dreikapitelstreit
Mit Schmerzen sah Gregor, daß Bischöfe und Volk Illyriens und der östlichen Lombardei am Dreikapitelstreit festhielten und sich Rom nicht anschlossen. Papst Vigilius war nämlich 554, entgegen seiner früheren Stellungnahme, dem Beschlusse des 5. allgemeinen Konzils, das die drei Kapitel verurteilte, beigetreten. Die illyrischen Bischöfe sahen darin einen Angriff auf das Konzil von Chalzedon zugunsten der Monophysiten und schlossen sich dem Papste nicht an. Gregor, der sich schon unter seinem Vorgänger Pelagius eingehend mit der Frage befaßt hatte, suchte die Einheit wieder herzustellen und wandte sich 591 an Kaiser Mauritius um seine Mithilfe; aber gerade dieser Schritt bestärkte die Bischöfe in ihrem Widerstande. Alle, Severus von Aquileja und seine Suffragane, sowohl jene, die zum Exarchat gehörten, als jene des Langobardenreichs wandten sich gegen den Papst. Erst dem unablässigen Bemühen Gregors im brieflichen Verkehr gelang es, die Getrennten nach und nach zur Einheit mit Rom zurückzuführen oder ihnen die Rückkehr zu erleichtern. Ganz erlosch das Schisma erst etwa hundert Jahre später.
e. Die Katholiken unter der Herrschaft der arianischen Langobarden
Oft beklagt sich Gregor über die Langobarden, die in der Irrlehre des Arius verharrten und die Anhänger der katholischen Kirche mehr oder weniger verfolgten und sie in ihrem Glaubensleben beengten. So verbot König Authari, daß an Ostern die Taufe gespendet werde; 51 Bischöfe und Priester mußten fliehen; starb ein Bischof, wurde der bischöfliche Stuhl nicht mehr besetzt; Kirchen und Klöster wurden zerstört, Gregor beauftragt die Bischöfe, die noch vorhanden sind, sich um die verwaisten Diözesen anzunehmen und Priester hinzusenden; unter Umständen sollen die Diözesen zusammengelegt werden. Als der Friede endlich hergestellt war, schickte Gregor an König Agilulf einen Dankesbrief und sagte darin, wenn es nicht zum Frieden gekommen wäre, hätte das arme Landvolk, dessen Arbeit doch beiden Parteien zustatten komme, noch weiter bluten müssen. 52 Er dankt auch der Königin Theodelinde für ihr Bemühen um den Frieden und bittet sie, auf den König einzuwirken, daß er freundlicher gegen die Katholiken gesinnt werde. 53 Dieser großen katholischen Frau gebührt auch das Hauptverdienst an der allmählichen Katholisierung der arianischen Langobarden. Sie war die Tochter des Bayernherzogs Garibald I, und wurde die Gemahlin des Königs Authari. Nach dessen Tode heiratete sie den Herzog von Turin, Agilulf, der dann der Nachfolger Autharis auf dem Königsthrone wurde.
f. Die Bemühungen um die Kirche im Frankenreiche
Das Reich der Franken war zur Zeit Gregors von inneren Zerwürfnissen, Blut- und Greueltaten zerrissen. Bei den Bischöfen herrschte Simonie, der Klerus sündigte durch unerlaubten Umgang mit Frauenspersonen. Da die Tätigkeit des irischen Missionärs Columban nur wenig fruchtete, ernannte Gregor 595 den Bischof Virgilius von Arles zu seinem Legaten für Austrasien und beauftragte ihn, eine Synode einzuberufen und die Übelstände zu bekämpfen. In gleichem Sinne schrieb Gregor auch an König Childebert II. von Austrasien in Metz und an die Bischöfe Austrasiens. 54 Da die Synode nicht zustande kam, sandte Gregor 599 den Abt seines Klosters, Cyriacus, der ihm schon auf Sardinien wichtige Dienste geleistet hatte, zu Bischof Syagrius von Autun mit dem strengen Auftrage, die Synode durchzuführen 55 und jährliche Versammlungen mit den Priestern abzuhalten. 56 Auch an die Königinwitwe und Regentin Brunehild und deren Enkel, den König Theudebert von Austrasien, und an König Theoderich von Burgund wandte sich der Papst, um die Synode zustande zu bringen. 57
g. Die Bekehrung Englands
Ein großer Erfolg war Gregor in England beschieden. Dort waren die christlichen Briten von den angelsächsischen Eroberern, die sich in dem südöstlichen Teile der Insel festsetzten, nach Westen zurückgedrängt worden. Die Briten unternahmen nichts, um die noch heidnischen Eroberer dem Christentum zuzuführen, ebenso nicht die benachbarten gallischen Bischöfe. Da ging Gregor unter König Ethelbert von Kent an das Missionswerk. „Unter all seinen Bürden und Bedrängnissen scheint der Papst nie die jungen englischen Sklaven vergessen zu haben, die er einmal auf dem Forum zum Verkaufe ausgestellt sah.“ 58 595 erhält der Presbyter Candidus bei seiner Abreise nach Gallien den Auftrag, dort englische Sklaven im Alter von 17 bis 18 Jahren loszukaufen und sie zu klösterlicher Ausbildung nach Rom zu senden; 59 zweifellos, meint Dudden, 60 um sie später als Missionäre nach England zurückzusenden. Diese Art der Missionierung erschien Gregor aber bald als zu langsam. Darum gab er schon im folgenden Winter Mönchen aus seinem St. Andreas-Kloster den Auftrag, sich unter der Leitung des Augustinus über Gallien nach England zu begeben. Die Missionäre machten sich auf den Weg, schraken aber mehr und mehr vor der Schwierigkeit der Aufgabe zurück und sandten Augustin nach Rom mit der Bitte, Gregor möge ihnen den Auftrag abnehmen. Dieser aber blieb bei seinem Vorhaben, ernannte Augustin zum Abt der Mönche und schickte ihn mit Begleitschreiben an gallische Bischöfe und an die Könige Theudebert und Theoderich nach dem Frankenreiche zurück. Von da aus gingen dann die Missionäre nach England. Durch die Mitwirkung der Königin Bertha von Kent gelang das Missionswerk so glänzend, daß Gregor in unverkennbarer freudiger Erregung etwa im August 598 an Bischof Eulogius von Alexandrien schreiben konnte: „Da Du Dich bei Deinen guten Werken auch über andere freust, will ich Dir etwas von mir berichten. Das Volk der Angeln, das an einer Weltenecke draußen wohnt,