Würde das Kriegsglück Ew. Excellens nicht im Verdienste des Glaubens und in der Sache der christlichen Religion seinen Grund haben, so wäre es nicht so sehr zu bewundern; denn wir wissen, daß auch den Kriegsheiden des Alterthums Solches verliehen war. Weil Ihr aber auf Antrieb Gottes Euch nicht durch fleischliche Klugheit, sondern durch Gebete den Sieg bereitet, so ist es zu bewundern, wie Euer Ruhm als Gottes Geschenk und nicht als Menschenwerk von oben herab kommt. Denn wohin ist der volltönende Ruf Eurer Verdienste nicht gedrungen? Er sagt von Euch, daß Ihr nicht aus Lust am Blutvergießen so häufig Kriege unternehmet, sondern um das Staatswesen auszubreiten, in welchem Wir die wahre Gottesverehrung erblicken, damit Christi Namen durch die Predigt des Glaubens sich überall bei den unterjochten Völkern verbreite. Denn wie Euch äussere Tugendwerke einen Vorrang in diesem Leben verleihen, so verherrlicht Euch der innere Tugendschmuck, der aus des Herzens Reinheit entspringt, für die künftige Theilnahme an den himmlischen Freuden.
Wir haben auch erfahren, daß Ew. Ercellenz sehr viel zum Nutzen der Schafe gethan habe,106welche der hl. Apostel-Fürst Petrus zu weiden hat, indem Ihr nicht unbedeutende Strecken des Patrimoniums, die ihre Bevölkerung verloren hatten, durch Zuwendung von Einwohnern aus der Provinz Dara107wieder in Blüthe versetzt habet. Was immer Ihr in christlicher Gesinnung für den hl. Petrus thuet, dafür habt Ihr Vergeltung im zukünftigen Gerichte zu hoffen. Deßhalb glaubten Wir auch Hilarus, den Uberbringer dieses Schreibens, Ew. Eminenz empfehlen zu sollen, damit Ihr ihm in Dem, was er im Einklang mit der Gerechtigkeit für nothwendig findet, Euer gewohntes Wohlwollen zu Theil werden lasset.108 Indem Wir aber mit väterlicher Liebe zu Euch sprechen, bitten Wir den Herrn, unsern Erlöser, daß er Ew. Eminenz zum Troste seiner heiligen Kirche erbarmungsvoll beschütze und Euch durch die Kraft seines Armes immer mehr stärke, damit Ihr seinen Namen bei den benachbarten Völkern ausbreiten könnet.
XXIX. (77.) An alle Bischöfe Numidiens.
XXIX. Gesammtausgabe 77.
An alle Bischöfe Numidiens.
Inhalt: Bestätigung ihrer hergebrachten Privilegien. Kein früherer Donatist soll Primas werden. Ermahnungen.
Wenn je, geliebteste Brüder in Christo, sich zum Schaden der keimenden Saat Unkraut unter dieselbe gemischt hat, so muß die Hand des Landmannes dasselbe sogleich von Grund aus entfernen, damit nicht die künftige Frucht der guten Saat dadurch erstickt werde. Darum wollen auch Wir, die Wir trotz Unserer Unwürdigkeit den Acker des Herrn zu Pflegen übernommen haben, Uns beeilen, die Saat von jedem unkrautähnlichen Ärgerniß frei zu machen, damit der Acker des Herrn reichlichere Früchte bringe. — Ihr habt Unsern Vorfahrer seligen Angedenkens durch Unsern Geschäftsträger Hilarus gebeten, alle Eure bisherigen Gewohnheiten beibehalten zu dürfen, wie sie von uralter Zeit her durch die ursprünglichen Anordnungen des Apostelfürsten Petrus bis jetzt üblich, gewesen sind. Wir gestatten, daß diese Gewohnheit, welche nach Euerm Berichte keinen Verstoß gegen den katholischen Glauben erkennen läßt, unverändert bleibe, sowohl hinsichtlich der Aufstellung des Primas als auch der übrigen Punkte; nur verbieten Wir durchaus, daß die Bischöfe, welche früher Donatisten waren, zur Primaswürde erhoben werden, selbst wenn ihr Bischofsalter sie hiefür zu bestimmen schiene.109Es genüge ihnen, die Seelsorge für das ihnen anvertraute Volk auszuüben; sie sollen nicht verlangen, auch noch vor den Bischöfen, welche im Schooße der Kirche und im katholischen Glauben geboren und erzogen worden sind, einen Vorrang in Bezug auf Erlangung der Primaswürde zu haben.
Ihr aber, geliebteste Brüder, kommet Unsern Ermahnungen durch Eifer in der Liebe zu unserm Herrn zuvor; denn Ihr wisset ja, daß der strenge Richter all unser Thun erforschen und Jeden nicht nach den Vorrechten seiner höhern Stellung, sondern nach dem Verdienste seiner Werke loben wird. Darum bitte ich Euch, in wechselseitigem Frieden einander christlich zu lieben und den Irrlehrern oder Kirchenfeinden einmüthigen Herzens Widerstand zu leisten. Laßt euch die Seelen eurer Mitmenschen angelegen sein; suchet so Viele als möglich durch liebevolle Predigt, aber auch durch Erinnerung an die Schrecken des künftigen Gerichtes zum Glauben zu bringen. Denn ihr seid als Hirten aufgestellt, und der Herr der Heerde erwartet von den Hirten, denen er sie übertragen hat, das Erträgniß einer vergrößerten Heerde. Wenn er sehen wird, daß durch Euren angewendeten Fleiß seine Heerde zugenommen habe, so wird er Euch sicherlich mit vielfachen Gaben im Himmelreich belohnen. Indem ich aber zu Euch in brüderlicher Liebe rede, Bitte ich den Herrn, euch, die er erwählt hat, zu würdigen Hirten vor seinen Augen zu machen und selbst unsere Handlungen hier auf Erden so zu lenken, daß er sie im zukünftigen Leben mit Wohlgefallen annehmen kann.
Zweites Buch. Briefe aus den Jahren 591—592.
I. (23.) An den Bischof Johannes von Locrida in Illyrien.
I. Gesammtausgabe 23.
An den Bischof Johannes von Locrida in Illyrien.110
Inhalt: Gregor wünscht dem Adressaten Glück zu seiner einstimmigen Wahl, bestätigt ihn als seinen Stellvertreter, gibt ihm heilsame Anweisungen und warnt ihn vor Simonie.
Offenbar ist es ein Zeichen von Vortrefflichkeit, wenn bei der Wahl eines Mannes Alle übereinstimmen. Weil Ihr nun nach dem Bericht Unsrer Brüder und Mitbischöfe mit einhelliger Zustimmung der ganzen Wahlsynode und nach dem Willen des erlauchtesten Kaisers zur bischoflichen Würde erhoben seid, so danken Wir dafür mit großer Freude dem allmächtigen Gott, unserm Schöpfer, der Euer früheres Leben und Eure bisherigen Werke so lobwürdig gemacht hat, daß er Euch dadurch dem Urtheil Aller, was sehr lobenswürdig ist, wohlgefällig werden ließ. Dem stimmen anch Wir in Bezug auf die Person Deiner Brüderlichkeit vollkommen bei. Auch bitten Wir den allmächtigen Gott, wie er Ew. Liebden111 durch seine Gnade erwählt, so wolle er Euch auch durch seinen Schutz in Allem behüten. Wir übersenden nach Sitte das Pallium und erneuern wiederholt die Vollmacht, den apostolischen Stuhl zu vertreten. Dabei ermahnen Wir Euch jedoch, Euch gegen die Untergebenen friedliebend zu erweisen, damit sie Eure Rechte mehr lieben als fürchten lernen. Sollte eine Verschuldung es erfordern, so werdet Ihr den Fehler in solcher Weise gut zu machen suchen, daß Euch dabei die väterliche Liebe ja nicht aus dem Herzen schwinde.112Seid wachsam und eifrig in der Sache für die anvertraute Heerde und streng in Aufrechthaltung der Zucht, damit der gierige Wolf weder den Schafstall des Herrn zu stören noch bei irgend einer Gelegenheit durch Betrug den Schafen zu schaden vermöge. Bereitet Euch, mit aller Anstrengung des Geistes, unserm Gott einen Gewinn an Seelen anzubringen. Bedenket, daß wir den Hirtennamen nicht angenommen haben, um auszuruhen, sondern um zu arbeiten. In der That also müssen wir zeigen, was unser Name bezeichnet. Wenn wir den Vorrang des Priesterthums ernstlich erwägen, so finden wir, daß er den Eifrigen und Wohlhandelnden zur Ehre, den Nachlässigen aber zur Belästigung gereiche. Wie also dieser Name die Thätigen und Seeleneifrigen vor Gott zum ewigen Heile führt, so stürzt er die Trägen und Lauen in Strafe. Das untergebene Volk erkenne aus unsern Reden, daß es ein anderes Leben gebe. Die Lehre Ew. Brüderlichteit sei ihm ein freundlich abhaltender Zügel, Euer Leben ein Muster zur Nachahmung. Die Predigt Ew. Liebden zeige, was es lieben, was es fürchten solle; Eure Wirksamkeit erlange die Frucht des ewigen Lohnes.
Dabei muß aber Eure Hauptsorge darauf gerichtet sein, daß Ihr nie unerlaubte Weihen zu ertheilen Euch herbeilasset; sondern wenn Jemand zum geistlichen Stand oder zu einer höhern Weihe zugelassen werden soll, so muß hiebei nach Verdiensten und nicht nach Bitten und Geschenken verfahren werden. Bei keiner Weihe sollen sich auf irgendeine Art Vortheile für Ew. Brüderlichkeit ergeben, damit Ihr nicht in die Schlingen der simonistischen Ketzerei113gerathet, was Gott verhüte! „Denn was nützt es dem Menschen“, lehrt die ewige Wahrheit, „wenn er die ganze Welt gewinnt, aber Schaden leidet an seiner Seele?”114 Darum müssen wir in all’ unserm Thun Gott vor Augen haben, das Vergängliche und Zeitliche gering schätzen und dasVerlangen unsers Herzens auf die ewigen Güter richten. Die Geschenke Ew. Heiligkeit wollte ich durchaus nicht annehmen; denn ich wollte den Schein vermeiden, als würde ich mich von beraubten