Die germanische Blutsbrüderschaft. Leopold Hellmuth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leopold Hellmuth
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: История
Год издания: 0
isbn: 9783964260185
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in der Pflicht zur Blutrache („at hverr skyldi annars hefna, ef nokkur Þeirra yrði með v
pnum veginn“).

      Wie in der Egils saga einhenda sind auch in der Þorsteins saga Víkingssonar die Schlüsselbegriffe der Beschreibung der Blutsbrüderschaft mit denen der Gísla saga so gut wie identisch:

      við sverjumst í fóstbrœðralag – sverjumz í fóstbrœðralag;

      gengu undir jarðarmen – jarðarmen… Þeir skyldu Þar undir ganga;

      Þeir vöktu sér blóð – nu vekja Þeir sér blóð

      sóru Þar eiða, at hverr skyldi annars hefna –

      sverja Þann eið, at hverr skal annars hefna.

      Auffällig ist allerdings die Bemerkung der Þorsteins saga, daß das Blut aus den Innenflächen der Hände der Beteiligten stamme, denn davon steht in der Gísla saga nichts.

      Neben dem wohl kaum zu bestreitenden Einfluß, den die Schilderung der Blutsbrüderschaft im 6. Kapitel der Gísla saga, die in der späteren literarischen Tradition Islands offenbar exemplarischen Charakter hatte, auf die Beschreibungen der Egils saga einhenda und der Þorsteins saga Víkingssonar ausgeübt haben wird, erscheint mir die Möglichkeit, daß eine ferne – und sicherlich auch dementsprechend fragmentarische – Erinnerung an diese Institution, unabhängig von der rein literarischen Tradition, noch relativ lange weitergelebt haben könnte, doch durchaus erwägenswert.

      Schließlich wird die Verwendung von Blut im Rahmen einer Verbrüderung auch noch in der

       Illuga saga Griðarfóstra erwähnt.

      Allerdings findet sich in dieser Saga das „Wecken des Blutes“ in keiner mittelalterlichen Handschrift, sondern in einer frühen gedruckten Ausgabe (Uppsala 1695). Offenbar hat der Herausgeber (Gudmund OLOFSSON) den Nebensatz „vökvuðu Þeir sér síðan blóð“ in Analogie zu einer der oben genannten Stellen als Kommentar hinzugefügt. Es heißt dort (Kapitel 1):

      Sigurðr konungsson ok Illugi lögðu leika með sér, átti

      Sigurðr marga leiksveina, ok bar

ann lángt af Þeim, hvat

      sem Þeir Skyldu reyna, en Illugi vann hann í öllu; ok svâ

      kom at Þeir sórust í stallbrœðralag52, ok skyldi hvorr

      annars hefna, ef Þeir væri með vopnum vegnir53, var nú

      allkært Þeirra á milli.54

      Diese Stelle sei nur der Vollständigkeit wegen erwähnt; als ein Beleg für eine tatsächliche Blutsbrüderschaft kann sie natürlich nicht gelten.

      Ich gebe im folgenden eine tabellarische Übersicht über jene Belege, die eine Verwendung von Blut zum Zwecke der Verbrüderung expressis verbis erwähnen.

      Nach den Belegen, in denen die Verwendung von Blut zum Zwecke der Verbrüderung tatsächlich erwähnt wird, nun zu jenen Stellen, die der Blutmischung nicht expressis verbis gedenken, die aber aufgrund verschiedener Kriterien den Schluß zulassen, daß eine regelrechte Blutsbrüderschaft oder zumindest eine ihr sehr ähnliche Institution gemeint ist.

       Fóstbrœðra saga

      Die Fóstbrœðra saga, eine Isländersaga, die um 1200 von einem Geistlichen, der in der Nähe von Reykjahólar lebte, geschrieben wurde, erzählt vom Schicksal der Blutsbrüder55 Þorgeirr Hávarsson und Þormóðr Bersason. Der Schauplatz des Geschehens ist der äußerste Nordwesten Islands, die Gegend am Ísafj

ðr.56

      In dieser Gegend wachsen Þorgeirr und Þormóðr gemeinsam auf. Bald schließen sie Freundschaft. Da sie sehr kriegerisch veranlagt sind, erfaßt sie die Vorahnung, daß sie im Kampfe fallen werden. Dies ist der Grund für ihre Verbrüderung, durch die der Überlebende sich verpflichtet, den anderen zu rächen, falls dieser getötet wird:

      Þvi toku Þeir Þat rað með fastmælum, at sa Þeira

      skylldi hefna annars, er lengr lifði, en Þo at Þa

      veri menn kristner kallaðer, Þa var Þo i Þann tið

      vng kristni ok miog vanger, sva at marger gneistar

      heiðinnar voru Þo Þa epter ok i uueniu lagðer.

      Hafði su siduenia verit hofð fregra manna, Þeira

      er Þat laugmal settu sin imilli, at sa skylldi annars

      hefna er lengr lifði, Þa skilldu Þeir ganga vnder iij.

      iarðar men, ok var Þat eiðr Þeira. Sa leikr var a

      Þa lund, at rista skylldi . iij . torfur or ioðu

      langar; Þeira endar skylldu aller faster i iorðu,

      ok heimta vpp lyckiurnar sva at menn mætti ganga

      vnder. Þann leik fraumdu Þeir Þormoðr ok Þorgeirr

      i sinum fast mælum.57

      Als Þorgeirr Þormóðr einmal fragt, wer von ihnen wohl der Stärkere wäre, wenn sie miteinander kämpften, führt dies zum Bruch der Freundschaft; Þormóðr trennt sich von seinem fóstbróðir. Þorgeirr findet nach einer langen Reihe von Gewalttaten den Tod. Aber auch durch ihre Trennung war die einstmals geschworene Rachepflicht nicht erloschen.

      Das fóstbrœðralag erscheint in dieser Saga geradezu als ein Racheschwur berühmter und außerordentlicher Helden (Þormóðr Kolbrunarskáld war ein berühmter Skalde, von dem noch mehrere Lausavísur erhalten sind); alle anderen Elemente sind völlig in den Hintergrund gedrängt.

      Die Verbrüderung und die vereinbarte Rachepflicht werden ausdrücklich als Bräuche der heidnischen Vergangenheit bezeichnet, als ein Überrest aus vorchristlicher Zeit, der seine Existenz nur der Unvollkommenheit verdankt, mit der das Christentum zu dieser Zeit im Volk verwurzelt war.

      Auch hier wird das Ritual des „ganga undir jarðarmen“ wiederum im Zusammenhang mit der Eingehung des fóstbrœðralag genannt. Die Beschreibung unterscheidet sich aber in zwei wesentlichen Punkten von derjenigen der Gísla saga: einerseits werden nach der Fóstbrœðra saga nämlich drei Rasenstreifen von der Erde losgeschnitten und andererseits wird die Verwendung von Blut mit keinem Wort erwähnt.

      Die Bedingung, daß die Rasenstreifen an ihren Enden fest mit der Erde verbunden bleiben mußten, ist offenbar keine Nebensächlichkeit. Der Umstand, daß sowohl die Gísla saga als auch die Fóstbrœðra saga besonders darauf hinweisen, läßt den Schluß zu, daß dieser Bestimmung eine tatsächliche Funktion im Rahmen des Gesamtrituals zukam, und daß sie dementsprechend einen Anhaltspunkt zum Verständnis desselben darstellen könnte.

       Heðinn und H

gni

      Das Motiv vom fóstbrœðralag zwischen Heðinn und H

gni findet sich sowohl bei SAXO GRAMMATICUS (Gesta Danorum Buch V) als auch in der isländischen Überlieferung