Berufsrecht und Haftung der Wirtschaftsprüfer. Richard Harder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Richard Harder
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная деловая литература
Год издания: 0
isbn: 9783482757921
Скачать книгу
(§§ 3, 47 WPO)

      6.1 Berufliche Niederlassungen (§ 3 WPO)

      6.1.1 Allgemeines

      Berufsangehörige müssen unmittelbar nach der Bestellung eine berufliche Niederlassung begründen und eine solche unterhalten. Die Niederlassung kann in Deutschland oder im Ausland unterhalten werden. Es wird hierbei nicht unterschieden zwischen selbständig tätigen und angestellten WP. Wird eine berufliche Niederlassung außerhalb der EU, der EWR-Staaten und der Schweiz unterhalten, so erfordert dies eine zustellungsfähige Anschrift im Inland (§ 3 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz WPO).

      Berufliche Niederlassung eines Berufsangehörigen ist die Praxis, von der aus er seinen Beruf überwiegend ausübt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 WPO). Damit sind sowohl die berufliche Niederlassung des selbständig tätigen wie auch die des ausschließlich angestellten WP gemeint. Letzterer hat seine berufliche Niederlassung in der Praxis seines Arbeitgebers.

      Jede organisatorisch selbständige Einheit begründet eine Niederlassung oder Zweigniederlassung i. S. der §§ 3 und 47 WPO. Jede Kundmachung einer beruflichen Anschrift begründet das Bestehen einer organisatorisch selbständigen Einheit.

      6.1.2 Berufliche Niederlassung eines selbständigen Berufsangehörigen

      Der selbständig tätige Berufsangehörige muss eine berufliche Niederlassung begründen und unterhalten. Merkmal der Niederlassung ist das Bestehen einer organisatorisch selbständigen Einheit. Diese wird durch Kundbarmachung einer beruflichen Anschrift begründet. Besondere weitere Merkmale für das Bestehen einer Niederlassung schreibt das Gesetz nicht vor. Jedoch ist man sich einig darüber, dass eine berufliche Niederlassung wenigstens die folgenden Voraussetzungen erfordert:96)

      Sie muss Mittelpunkt der Berufstätigkeit des WP sein. Unterhält der Einzel- WP zwei verschiedene Büros, darf er nur das Büro kundmachen, in dem er überwiegend tätig ist.

      Die Niederlassung muss publikumsfähig sein. Den Mandanten muss eine persönliche Kontaktaufnahme in der beruflichen Niederlassung ermöglicht werden. Dies kann auch der Fall sein, wenn die Praxis in der Privatwohnung unterhalten wird.

      Der WP darf (zahlenmäßig) nur eine (Haupt-)Niederlassung haben. Mehrere berufliche Anschriften können aber eine organisatorisch selbständige Einheit bilden, wenn sie in engem örtlichen Zusammenhang stehen und die unter den Anschriften angebotenen Dienstleistungen unter einheitlicher Leitung erbracht werden. Die Kundbarmachung mehrerer beruflicher Anschriften für eine organisatorische Einheit ist nur zulässig, soweit dies für den Publikumsverkehr erforderlich ist. Ausgelagerte Archive und Büros, die dem Publikumsverkehr nicht zugänglich sind, dürfen nicht kundgemacht werden.97)

      6.1.3 Personengesellschaften

      Die selbständige Berufsausübung als Gesellschafter in einer Sozietät oder sonstigen Personengesellschaft i. S. des § 44b Abs. 1 WPO steht der selbständigen Tätigkeit in eigener Praxis gleich.98) Das für die Praxis des selbständigen Einzel-WP Gesagte gilt grundsätzlich auch für die berufliche Niederlassung in einer Personengesellschaft. Keine Unterschiede ergeben sich, wenn alle Gesellschafter an derselben Anschrift tätig werden. Möglich ist aber auch die überörtliche Personengesellschaft. Wird eine oder werden mehrere Gesellschafter von verschiedenen Anschriften aus tätig, müssen sie von diesen Orten aus für die Gesellschaft tätig werden. Es muss deutlich und unmissverständlich sein, wo welcher Gesellschafter seine berufliche Niederlassung hat.99)

      6.1.4 Angestellte Wirtschaftsprüfer

      Berufliche Niederlassung eines ausschließlich nach § 43a Abs. 1 WPO angestellten WP ist die Praxis, von der aus er seinen Beruf überwiegend ausübt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 WPO). Weitere Voraussetzungen werden für die Begründung und die Aufrechterhaltung der beruflichen Niederlassung nicht gefordert. Bei dem Angestellten einer WPG wird dessen Niederlassung i. d. R. die Haupt- oder eine Zweigniederlassung seines Arbeitgebers sein, je nach dem wo er tätig wird. Zur Berufsausübung gehören alle im Angestelltenverhältnis ausgeübten Tätigkeiten eines WP. Entsprechendes gilt für die gesetzlichen Vertreter eines WP oder einer WPG.

      Ruht das Angestelltenverhältnis, wie z. B. bei Ableistung einer Wehrübung (§ 1 Abs. 1 ArbPlSchG) oder Inanspruchnahme der Elternzeit100), ist dies unschädlich. Die berufliche Niederlassung wird dadurch nicht berührt. Anders ist dies nach der Auffassung WPK im Fall der Arbeitslosigkeit eines WP. Die Niederlassungsfiktion des § 3 Abs. 1 Satz 3 WPO gelte hier nicht mehr. Deshalb müsse der arbeitslose WP eine eigene Niederlassung begründen und unterhalten.101) Diese rein formale Sicht führt zu nicht annehmbaren Ergebnissen.

      6.1.5 Wirtschafsprüfungsgesellschaften

      Bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ist Sitz der Hauptniederlassung der Verwaltungssitz der Gesellschaft (§ 3 Abs. 2 WPO). Dies entspricht dem Begriff der beruflichen Niederlassung eines selbständigen WP. Der Sitz der Gesellschaft wird in dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag bestimmt (z. B. § 4a GmbHG oder § 5 AktG). Bei der OHG oder KG wird der Sitz der Gesellschaft spätestens bei der Anmeldung zum Handelsregister festgelegt (§ 106 Abs. 2 Nr. 2, § 161 Abs. 2 HGB).

      Bei einer WPG muss mindestens ein WP, EU- oder EWR-Abschlussprüfer, der Mitglied des Vorstandes, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter ist, seine berufliche Niederlassung am Sitz der Gesellschaft haben (§ 28 Abs. 1 Satz 4 WPO). Persönlich haftende Gesellschafter einer WPG in der Rechtsform einer Personengesellschaft102) können auch andere WPG, EU- oder EWR-Abschlussprüfungsgesellschaften sein. In diesem Fall reicht es, wenn diese ihren Sitz am Sitz der Gesellschaft haben.

      Wird der Sitz verlegt, muss der Gesellschaftsvertrag insoweit geändert und die Sitzverlegung beim Handelsregister oder Partnerschaftsregister angemeldet und dem Berufsregister mitgeteilt werden.103) Mit der Sitzverlegung gehen auch die beruflichen Niederlassungen der angestellten WP auf den neuen Sitz der WPG über.

      6.2 Zweigniederlassungen (§§ 3 Abs. 3, 47 WPO)

      Berufsangehörige und WPG dürfen Zweigniederlassungen begründen (§ 3 Abs. 3 WPO). Dabei sind die Bestimmungen der WPO, insbesondere § 47 WPO zu beachten.

      Eine Zweigniederlassung liegt vor, wenn

die Berufstätigkeit auch außerhalb der Räume der Hauptniederlassung ausgeübt wird,
die Zweigniederlassung nach außen selbständig tätig wird und
sie mit Betriebsmitteln ausgestattet ist, die eine selbständige Ausübung der Berufstätigkeit ermöglicht.

      Jede organisatorische selbständige Einheit, in der ein WP, eine Sozietät oder eine WPG tätig wird, begründet eine Niederlassung oder Zweigniederlassung.

      Zweigniederlassungen müssen jeweils von wenigstens einem WP, EU- oder EWR-Abschlussprüfer geleitet werden, der seine berufliche Niederlassung am Ort der Zweigniederlassung hat (§ 47 Satz 1 WPO). Entsprechendes gilt für Zweigniederlassungen von WPG, EU- oder EWR-Abschlussprüfungsgesellschaften. Der Leiter einer Zweigniederlassung muss nicht unbedingt angestellter WP sein, sondern kann auch ein selbständiger WP am Ort der Zweigniederlassung sein. Er darf aber nicht nur pro forma tätig werden, sondern muss in der Lage sein, die fachliche und berufliche Verantwortung zu übernehmen.104) Für Zweigniederlassungen von in eigener Praxis tätigen Berufsangehörigen kann die WPK Ausnahmen zulassen (§ 47 Satz 2 WPO). Dabei sind der WPK allerdings enge Grenzen gesetzt.105) So könnte z. B. im Wege der Ausnahme die Zeit zwischen dem Ausscheiden des Leiters der Zweigniederlassung und dem Eintritt eines neuen Leiters überbrückt