Dann besiegte Gott den Tod. Gott stieg aus den Tiefen empor und atmete wieder. Als er seine Freunde am Ufer traf, sagte er ihnen, sie sollten sich nicht fürchten, sondern hinausgehen und alle Welt taufen.
Der Geist, der einst über den Wassern schwebte, hat sie bewohnt. Jetzt ist jeder Tropfen heilig.
ZWEI
Glaubenstaufe
Alles Wasser hat ein perfektes Gedächtnis und versucht
immer wieder dorthin zurückzukehren, wo es war.
Toni Morrison
Ich wurde von meinem Vater getauft. Seine Gegenwart neben mir in dem hüfthohen Wasser des Taufbeckens war nur einer von vielen Vorteilen, die es mit sich brachte, wenn man einen Vater hat, der zwar ordiniert ist, aber kein Pastor und der so an meinem geistlichen Leben teilhaben kann, ohne es zu ruinieren. Die Erwartungen an die Tochter eines Bibelschullehrers sind viel geringer als an eine Pastorentochter, das kann ich euch sagen. Meistens ging es darum, dass mir in der Sonntagsschule freundlich angedeutet wurde, ich könnte doch ein paar meiner vielen Fragen an die eine Person in meinem Leben richten, die Althebräisch spricht und mir beim Frühstück bestimmt genau erklären könne, wie Gott es fertiggebracht hat, das Licht vor der Sonne zu erschaffen.
Deshalb glaubte ich meinem Vater meistenteils, wenn er mir versicherte, ich würde nicht in die Hölle kommen, wenn ich mit meiner Taufe wartete, bis ich beinahe 13 war. Meistenteils. Ich wusste, dass ich die Grenzen des „zurechnungsfähigen Alters“ strapazierte, also den Punkt, an dem Kinder nicht mehr gratis bei O’Charley’s essen dürfen oder in Abhängigkeit von der Rechtschaffenheit ihrer Eltern in den Himmel kommen, und ich wusste, dass manche Christen glauben, man müsse getauft sein, um errettet zu werden. Ein Klassenkamerad in der fünften Klasse hatte mir eine rasante Einführung in die Welt der unterschiedlichen Denominationen beschert. Man hatte mich darüber informiert, dass ich, obwohl ich Jesus schon im Kindergarten in mein Herz eingeladen hatte, trotzdem den Deal besiegeln und mich zügig taufen lassen müsste, bevor ein Autounfall oder ein Absturz von der großen Rutsche mich geradewegs zum Teufel befördern könnte.
„Mein Pastor sagt, man muss erst mit Wasser getauft werden, bevor man vom Heiligen Geist getauft werden kann“, erklärte mir der Junge wie ein Allgemeinmediziner, der einen zum Spezialisten verweist. Ein Allgemeinmediziner, der gerade am Klettergerüst hangelte, wohlgemerkt. „Du solltest dich wohl besser darum kümmern.“
„Na und? Mein Papa war auf dem theologischen Seminar, und er sagt, man muss nicht getauft sein, um in den Himmel zu kommen“, feuerte ich zurück.
(Ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich eine christliche Grundschule besuchte, wo Sprüche wie „Die Hermeneutik von meinem Papa ist viel toller als wie die von deinem Papa“ anerkannter Schulhofschnack waren.)
Viele Kinder auf der Parkway Christian Academy gingen in die Pfingstgemeinde auf der anderen Straßenseite. Wenn nach Gebetsanliegen gefragt wurde, erzählten sie himmlische Geschichten von Dämonen, die sich nachts in ihre Kinderzimmer schlichen und das Licht anknipsten oder die Klospülung betätigten. Sie nahmen geistliche Kampfführung außerordentlich ernst und betrachteten meine Familie als sehr liberal, weil wir am Feiertag Satans Süßes oder Saures sammeln gingen. Mein Vater sagte, Dämonen seien in der Versuchungsbranche unterwegs und nicht in der Klospülliga. Aber seine Versicherungen hielten mich nicht davon ab, an manchen Abenden zitternd unter meiner Bettdecke zu liegen, wo ich mich nicht traute, die Augen zu öffnen und mich der zähen Präsenz zu stellen, die ich spüren konnte und von der ich wusste: Das muss einfach ein gefallener Engel sein, der nur darauf wartet, sich eines kleinen Mädchens zu bemächtigen, das an Halloween nach Süßigkeiten gefragt und sich nicht rechtzeitig um seine Taufe gekümmert hat. Als ich langsam in das zurechnungsfähige Alter kam, hatte ich ausreichend unterschiedliche Lehrmeinungen innerhalb der Kirche mitbekommen, sodass ich auf Nummer sicher gehen wollte. Deshalb arbeitete ich immer mehr Fragen in unsere theologischen Debatten am Abendbrottisch ein, in der Hoffnung, meine Eltern mochten einen Termin mit dem Pastor vereinbaren. Als ich erfuhr, dass manche Kinder getauft werden, bevor sie ihren ersten Zahn bekommen, war ich unglaublich neidisch.
Unsere Gemeinde glaubte an die Bibel, also praktizierten wir die Taufe durch Untertauchen. Glaubenstaufe nannten wir das. Hätten wir im 16. Jahrhundert in der Schweiz gelebt, wären wir für diese Überzeugung umgebracht, symbolisch ertränkt oder vielleicht auch verbrannt worden von anderen Protestanten, die die „Wiedertaufe“ der radikalen Reformer als Ketzerei betrachteten (Fun Fact: In den auf die Reformation folgenden Jahrzehnten wurden mehr Christen von anderen Christen in den Märtyrertod geschickt als im Römischen Reich6). Wäre ich in eine orthodoxe Familie hineingeboren worden, hätte man mich als Kleinkind dreimal nacheinander untergetaucht – erst im Namen des Vaters, dann im Namen des Sohnes und dann noch einmal im Namen des Heiligen Geistes –, bevor man mich, verwirrt und spuckend, in die Arme eines Paten gelegt hätte. Wäre meine Familie katholisch, hätte ich ein weiches, weißes Taufkleid getragen, und ein Priester hätte mir Weihwasser über meine Babyglatze gegossen, um die Befleckung der Ursünde abzuwaschen. Wären wir Mormonen gewesen, hätten zwei Zeugen an den Seiten des Taufbeckens gestanden, um sicherzugehen, dass auch wirklich mein ganzer Körper untergetaucht wurde. Wären wir Presbyterianer, hätten ein paar Spritzer gereicht, die meinen Platz in der Bundesfamilie symbolisierten. Während es Meinungsverschiedenheiten bezüglich der richtigen Form der Taufe noch und nöcher gibt, ziehen es Christen heutzutage glücklicherweise immerhin vor, sich gegenseitig nur mit bösen Blicken zu bedenken anstatt mit dem Scheiterhaufen.
Ich glaube, das spielt alles gar keine so große Rolle. Das Wort Glaubenstaufe scheint mir sowieso eine Fehlbezeichnung zu sein, weil der Begriff weit mehr Willenskraft suggeriert, als die meisten von uns unter diesen Umständen aufbringen. Ob du als Baby, das sich in den Armen eines nervösen Priesters windet, nass gemacht wirst oder als Erwachsener, der von einem Erweckungsprediger untergetaucht wird, du tust es jedenfalls in den Händen derer, die dich zuerst zum Glauben führten, den Menschen, die dich Jesus vorgestellt haben – oder dich ihm vorstellen werden. „In der Taufe“, schreibt Will Willimon, „ist der Empfänger der Taufe genau das – ein Empfänger. Man kann sich schlecht selbst taufen. Sie wird an dir und für dich ausgeführt.“7 Es geht um eine Adoption, nicht um ein Vorstellungsgespräch.
Die Gemeinde, die mich adoptierte, saß in den Südstaaten, war evangelikal und, folgerichtig, verrückt nach American Football. Unter der Trainerschaft von Gene Stallings rollte die Alabama Crimson Tide auf ihre zwölfte National Championship zu. Deswegen waren die traditionellen Kirchenbänke der Bible Chapel in Birmingham am Sonntagmorgen nach einem Spieltag voller rotweißer Haarbänder, Krawatten, Sportjacken und Blusen – die heiligen Gewänder der zweiten großen Religion Alabamas (oder der ersten – kommt darauf an, wen man fragt).8 Es gab ein paar wenige Auburn-Fans in der Gemeinde, aber die waren fast so schwer zu fassen wie Demokraten. Wir versammelten uns unter einer Gewölbedecke aus Sandkiefernholz und blickten, wie gute Protestanten eben, auf eine schwere, schmucklose Kanzel. Es waren die 80er, deswegen riechen meine frühen Erinnerungen an Jesus alle nach Haarspray.
Damals hatte ich noch keine Vorstellung von Evangelikalismus als einer relativ modernen Ausdrucksform des Christentums, deren Wurzeln im Pietismus des 18. Jahrhunderts und in den großen amerikanischen Erweckungsbewegungen liegen. Stattdessen verstand ich evangelikal als ein Adjektiv, das bedeutungsgleich war mit „echt“ oder „authentisch“. Es gab Christen, und dann gab es eben noch evangelikale Christen wie uns. Nur den Evangelikalen war das Heil gewiss. Alle anderen waren lauwarm und liefen Gefahr, aus Gottes Mund ausgespuckt zu werden. Unsere katholischen Nachbarn waren verdammt. 900 Meilen entfernt war mein zukünftiger Ehemann in Princeton, New Jersey, dabei, beim Pinewood Derby an der Montgomery Evangelical Free Church Pokale zu gewinnen. Er hat den Namen der Schule viele Jahre lang als „frei von Evangelikalen“ verstanden, wie bei „zuckerfreier Kaugummi“. Er erinnert sich daran, wie er einmal seine Mutter gefragt hat: „Aber sind die Evangelikalen denn nicht die Guten?“ Wie früh wir doch lernen, unsere Stämme zu identifizieren.
Unser