Dennoch war ich jeden Tag, wenn ich zur Schule ging, wildentschlossen, die Christen dort zu evangelikalen Christen zu machen und sie für Gott in Brand zu stecken. Morgens brachte ich mich mit Musik von DC Talk und Audio Adrenaline in Stimmung. Ich schrieb „Gott ist wunderbar“ mit Edding auf rotes Klebeband und klebte es wie einen Autoaufkleber auf meinen JanSport-Rucksack. Ich war immer auf der Suche nach Möglichkeiten, Gespräche über Freitagsfootballspiele in Diskussionen über den Sühnetod Christi umzulenken. Mit meinem Laborpartner debattierte ich über die Evolution. Und am Tag nach dem Amoklauf in Columbine fand ich mich im Wettstreit mit Julie Andrews und den anderen Darstellern von „Meine Lieder – meine Träume“ wieder (ich hätte wissen müssen, dass wir den ganzen Tag nur Filme schauen würden), als ich der Cheerleaderin zwei Plätze vor mir zuzischte: „Weißt du, wo du die Ewigkeit verbringen wirst, wenn du heute sterben würdest?“ Wäre ich nicht so ganz und gar aufrichtig, so wahrhaftig dem ewigen Wohlergehen meiner Mitmenschen hingegeben gewesen, ich hätte den Blick verdient gehabt, den sie mir zuwarf. Aber größtenteils waren meine Klassenkameraden geduldig mit mir, sogar freundlich. Ein paar von ihnen, vor allem Jungs, von denen ich inzwischen annehme, dass sie hauptsächlich wegen meiner „Stolpersteine“ an mir interessiert waren, taten mir den Gefallen und kreuzten zwischen den Schulstunden an meinem Spind auf, um sich mit mir über die Vorteile des Glaubens zu unterhalten – und darüber, ob ich vorhatte, zum Schulball am Samstagabend zu kommen. Es gab genau zwei bekennende Atheisten in meiner Abschlussklasse, und ich freue mich, euch mitteilen zu können, dass ich einen von ihnen zum Glauben geführt habe.
Na ja, ich habe einen von ihnen zur Jugendgruppe mitgebracht, Brian Ward hat ihn dann zum Glauben geführt. Brian Ward war Jugendpfarrer und so beliebt, dass Teenager aus dem ganzen Umkreis am Mittwochabend zu „The Planet“ in die Grace Bible Church kamen, um auf dem Boden zu sitzen und ihm zuzuhören, wie er Gitarre spielte und von Jesus erzählte. Brian reagierte allergisch auf Christinesisch, deshalb kam es ihm nie in den Sinn, von seinem „Weg mit dem Herrn“ zu sprechen oder warum er sich „berufen fühlte“, dies oder jenes zu tun, weil ihm etwas „aufs Herz gelegt“ wurde. Brian war ein Fan der Georgia Bulldogs, hatte einen schweren Atlanta-Akzent, trug ausgeblichene Baseballmützen und T-Shirts, sang wie Eddie Vedder, und hin und wieder rutschte ihm ein Schimpfwort heraus. Wir nahmen an, dass er häufig mit unseren Eltern aneinandergeriet, was seine geheimnisvolle Ausstrahlung nur verstärkte. Wenn wir Brian wegen seines lichter werdenden Haares neckten, erinnerte er uns an die merkwürdige Geschichte in der Bibel, in der Gott zwei Bärinnen schickte, um 42 Kinder zu zerreißen, die den Propheten Elisa wegen seiner Kahlköpfigkeit verspottet hatten. „Zwei Bärinnen“, sagte er. „Steht in der Bibel. Schaut ruhig nach.“
Es war Brians Idee, unsere Treffen am Mittwochabend „The Planet“ zu nennen und sie aus dem Gemeindegebäude in ein Ladenlokal in der Innenstadt zu verlegen, damit wir nicht das Gefühl hatten, wir würden zur Kirche gehen. Es war seine Idee, die Schüler in die Leitung, in die Band und in wichtige Entscheidungen, die die Zukunft der Gruppe betrafen, miteinzubeziehen. Er sah die gleichen Fernsehsendungen wie wir und lachte an den gleichen Stellen. Seine Frau, Carrie, war hübsch, süß und vernünftig, und ich kannte ihr kleines Haus am Fluss so gut wie das Zuhause meiner besten Freunde.
Brian schaffte es, die Kirche ansprechend zu gestalten, ohne auf die verzweifelten, angestrengten Strategien anderer Jugendpfarrer aus der Umgebung zurückzugreifen, die versuchten, das Christentum „für die Jugend relevant“ zu machen. Er wusste, dass man nicht ein Volleyballnetz spannen, christliche Rockmusik anschmeißen und dann erwarten kann, dass Sportskanonen und Bandnerds, Goths und Cheerleader, Hinterwäldler und FroKis ihre Unterschiedlichkeiten beiseitelassen und sich gegenseitig im Geiste Christi annehmen und genießen. Seine Abscheu für Jugendleiter, die verzweifelt genug waren, genau das zu versuchen, verbarg er nur gerade so. Stattdessen stattete er unseren Laden in der Innenstadt mit superbequemen Sesseln in einer Ecke aus, stellte einen Kicker in eine andere. In einem Nebenraum gab es Computerspiele, im hinteren Bereich eine riesige Bühne und Basketballkörbe sowie ein Volleyballnetz auf dem Parkplatz. Wir betrachteten es als Erfolg, ungefähr 70 Teenager drei Stunden pro Woche zur gleichen Zeit am gleichen Ort zusammenzubringen, mit oder ohne „Breakfast Club“-Momente. Brian hatte den Wunschzustand jedes ehemaligen, gegenwärtigen und zukünftigen Teenagers erreicht: Er war cool, ohne es zu versuchen. Wir himmelten ihn an.
Selbst die Jungs aus der letzten Reihe liebten Brian, obwohl sie so taten, als sei das nicht der Fall, indem sie während der Anbetungszeiten die Hände in den Hosentaschen vergruben und während der Andacht am Teppichflor herumzupften. Brian ging mit ihnen fischen und bowlen, teilte Insider-Witze mit ihnen und nahm, viele Jahre später, ihre Trauungen vor. Bei der ganzen Zeit, die Brian darauf verwendete, den Jungs aus der letzten Reihe zu dienen, hätte man meinen können, dass sie vielleicht eines Tages näher an den vorderen Teil des Raumes heranrücken und sich beim Singen zu uns anderen gesellen würden, die wir für Gott brannten.
„Es ist nicht meine Aufgabe, Leute zu verändern“, sagte Brian, als ich ihm deswegen auf die Nerven ging. „Meine Aufgabe ist es nur, Leute zu lieben.“
Ich schloss daraus, dass er wohl eine Art Spiel auf Zeit spielte und sich in ihre Leben hineinarbeitete, bevor er sie für die große Erweckung rekrutierte. Es kam mir nie in den Sinn, dass es vielleicht Zeiten gab, in denen Brian mich auch einfach nur liebte.
Ich erinnere mich an recht wenig, was die Gemeinde außerhalb unserer Jugendgruppe angeht, außer dass ich an den Sonntagmorgen die Jungs aus der Jugendgruppe in ihren ordentlichen Hemden zu sehen bekam und sie mich in Röcken. (Zu dem Zeitpunkt hatte ich die Laura-Ingalls-Wilder-Sache fallen gelassen und Lippenstift aufgelegt.) Zusammen saßen wir in den letzten vier Reihen des Kirchenraums der Grace Bible Church – einem fensterlosen Gebäude mit Gewölbedecke, das von außen aussah wie ein Planetarium. Die Grace Bible Church war die größte konfessionslose Kirche der Stadt und gerade erst mit einem lebbaren Kompromiss und verheilenden Fleischwunden aus den Lobpreisschlachten der 90er hervorgegangen. Der sah so aus, dass unsere etwa 200 Mitglieder starke Gemeinde den einen Teil des Gottesdienstes aus einem Gesangbuch sang und den anderen von Tageslichtprojektor-Folien. Unser Pastor war ein alter Freund der Familie, der mit meinem Vater im Seminar gewesen war. Die beiden waren zusammen zur Musterung gegangen und erinnerten sich an das Ereignis wie zwei alte Kriegskameraden, obwohl keiner von beiden einberufen wurde. Pastor Doug war ein eher gelehrterer, exegetischerer Prediger als Pastor George – und zu allem Überfluss ein Fan der Baseballmannschaft der St. Louis Cardinals. Unsere Gemeindebriefe enthielten detaillierte Gliederungen seiner Predigten, deren Unterüberschriften häufig mit demselben Buchstaben anfingen: Gnade, Gerechtigkeit, Gehalt. Ich füllte jede Lücke aus und riet manchmal den nächsten Punkt (Gottesdienst!), während mir die Jungs aus der letzten Reihe durchgekaute Papierkügelchen ins Haar schossen.
Nicht viele Jugendliche gehen zur Jugendgruppe, um ihre Religiosität abzumildern, aber Brians beziehungsorientierter Stil trug dazu bei, dass mein Kreuzritterkomplex sich etwas mäßigte. Er sah, dass ich ein Händchen für Lehre und für Leitungsaufgaben hatte, und lud mich mehr als einmal dazu ein, die Andacht zu halten (ein unerhörtes Privileg für eine junge Frau in diesem Umfeld). Er überzeugte mich außerdem davon, die Super-Bowl-Party nicht durch einen Bekehrungsaufruf während der Halbzeit zu ruinieren und mich während all der holprigen Kleinbusfahrten zu Konzerten und Jugendfreizeiten – die mein Haar durcheinanderbrachten (die Fenster standen immer offen) und meine Gedanken von einem süßen Jungen zum nächsten springen ließen – zu entspannen und die Zeit mit meinen Freunden zu genießen.
Einer dieser Ausflüge brachte mich jedes Jahr nach Alabama zurück. Es ging um ein Wochenendgottesdienstprojekt im Camp Maxwell in Haleyville. Camp