Ökumene - wozu?. Jutta Koslowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jutta Koslowski
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783865066558
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Testament als offenbartes Wort Gottes; das nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis als Ausweis des christlichen Glaubens; die beiden Sakramente Taufe und Eucharistie; sowie das historische Bischofsamt. Auch die »themenbezogenen« internationalen Bewegungen wie die Missionsbewegung, die christliche Jugendbewegung (z. B. der 1855 gegründete CVJM – Christlicher Verein Junger Menschen), die Bibelbewegung oder die Friedensbewegung waren überkonfessionell auf die Gemeinschaft aller Christen ausgerichtet.

      1910 fand nun in Edinburgh die erste Weltmissionskonferenz statt. Mehr als 1200 Teilnehmer trafen sich unter Vorsitz des amerikanischen Methodisten JOHN MOTT (1865 – 1955). Nur 17 Delegierte stammten selbst aus Missionsgebieten. Katholische und orthodoxe Vertreter waren nicht anwesend, trotz des weltweiten Anspruchs der Konferenz. Als ihr wichtigstes Ergebnis flossen nun die ökumenischen und internationalen Anliegen zusammen und wurden als drei ökumenische Grundanliegen programmatisch formuliert: die Evangelisierung der ganzen Menschheit, die Verpflichtung zu Frieden und sozialer Gerechtigkeit und die Einheit der Kirche selbst. Diese Anliegen wurden in den folgenden Jahrzehnten vom Internationalen Missionsrat, der Bewegung für Praktisches Christentum und der Bewegung für Glauben und Kirchenverfassung weiterverfolgt. Sie entwickelten sich zu drei parallelen Strängen der ökumenischen Bewegung. Im Internationalen Missionsrat arbeiteten die juristisch selbstständigen Missionsgesellschaften mit den Kirchen zusammen. Im Dunstkreis der imperialistischen Kolonialpolitik hatte die neuzeitliche Missionsbewegung den westlichen Konfessionalismus nach Asien, Afrika und Lateinamerika exportiert und zum Teil ein lokal nicht mehr überschaubares konfessionelles Wirrwarr hervorgerufen. Doch gerade in den Missionsgebieten machten die Kirchen im 19. Jahrhundert die Erfahrung, dass die Reproduktion der konfessionellen Spaltung ihren missionarischen Auftrag extrem behinderte. Statt zu konkurrieren und sich gegenseitig Konvertiten abzuwerben, schienen überkonfessionelles Engagement und Gemeinschaft viel verheißungsvoller. Das Missionsverständnis, welches sich seither auf den Weltmissionskonferenzen herausbildete, ist ganzheitlich und zielt nicht nur auf die Bekehrung einzelner, sondern auch auf soziales Engagement zur Veränderung der Welt und auf ein gemeinsames christliches Zeugnis gegenüber anderen Religionen. Es birgt allerdings immer noch Konfliktpotenzial: So bleibt angesichts der eigenständigen Theologien, welche die »jungen Kirchen« in den Missionsländern entwickelten, beispielsweise die Grenze zwischen legitimer Inkulturation und Synkretismus nach wie vor umstritten.

      Die nationalistischen Bewegungen der Dreißigerjahre sowie die Tatsache, dass mittlerweile in der Sowjetunion, in Italien und in Deutschland totalitäre Regime an der Macht waren, machten eine Besinnung auf die Zuordnung von Kirche, Volk und Staat notwendig. Ökumene wurde nun zu einem Hoffnungszeichen in dunkler Zeit. Die zweite Weltkonferenz für Praktisches Christentum 1937 in Oxford folgte nach heftigen Diskussionen der »Bekennenden Kirche« und machte sich im Prinzip deren Barmer Theologische Erklärung von 1934 zu eigen (obwohl das NS-Regime die Ausreise der deutschen Delegation verhindert hatte).

      Die zweite Weltkonferenz von Glauben und Kirchenverfassung fand 1937 in Edinburgh statt. Hier trafen sich etwa 450 Delegierte unter Vorsitz des anglikanischen Erzbischofs WILLIAM TEMPLE (1881 – 1944). Man erreichte eine Verständigung über »Rechtfertigung und Heiligung« sowie »Wirken Gottes und Verantwortung des Menschen«. Die schon in Lausanne zu Tage getretenen Gegensätze in den Punkten »Amt«, »Kirchenverständnis« und »Einheit« blieben zwar bestehen, doch wurde der sich abzeichnende Konsens in der Rechtfertigungslehre als Grundlage für eine zukünftige Anerkennung der Ämter und für eine gegenseitige Zulassung zu den Sakramenten gesehen. Nach wie vor blieb aber zwischen reformatorischen und orthodoxen Kirchen umstritten, ob die gegenseitige Zulassung zum Abendmahl Mittel zur Erreichung der Einheit oder erst Ausdruck bereits erreichter Einheit sei.

       2. Der Ökumenische Rat der Kirchen (1948 – 2010)

       Entstehung – Selbstverständnis – Schwerpunktthemen der ​ Vollversammlungen