Damit ist einer konfessionellen Selbstgenügsamkeit widersprochen, die besonders in kongregationalistischen Kirchen naheliegt. Sie stellt eine der berechtigten Anfragen aus der Ökumene an die Glaubenspraxis der Baptisten und anderer Freikirchen dar. Durch das Offenhalten der Tauffrage ist die Existenz des Baptismus ökumenisch gleichwohl von anhaltender Bedeutung. Dies gilt in zweifacher Hinsicht:
(1.) Der Baptismus ist mit seinem Insistieren auf der Praxis der »Gläubigentaufe«, die auf freiwilliger Taufentscheidung beruht, und mit der Kritik an der Taufe von Neugeborenen ein ständiger Stein des Anstoßes bei ökumenischen Selbstinszenierungen.11 Da eine vom Konsens der traditionellen Konfessionskirchen abweichende Tauftheologie und -praxis zur Identität des Baptismus gehört, kann die Taufe aus baptistischer Sicht nicht das »Sakrament der Einheit« sein, als das es andere Kirchen gerne etwas voreilig bezeichnen.
(2.) Der Baptismus bildet mit seiner Taufpraxis zugleich einen notwendigen ökumenischen Anstoß, weil er auf die exegetischen und ekklesiologischen Defizite der Taufpraktiken in den Traditionskirchen hinweist. Dies führt nicht zu einer grundsätzlichen Verweigerung der Anerkennung der Taufpraxis anderer Kirchen, aber es erinnert die Partnerkirchen daran, dass ihre Taufpraxis aus der Sicht des Neuen Testaments ausgesprochen problembehaftet ist. Dies gilt besonders für jene Kirchen, die sich neben der Säuglingstaufe zugleich auf das Schriftprinzip sola scriptura berufen. Der Baptismus erinnert diese Kirchen daran, dass eine Taufe der Unmündigen auch die Gefahr einer unmündigen Kirche in sich birgt (JÜRGEN MOLTMANN).
Der deutsche Baptismus hat mehrere ökumenische Ziele in den Blick zu nehmen. Er stößt historisch auf eine wesentlich ältere und reichhaltige internationale baptistische Tradition und Herkunft vor allem im angloamerikanischen Raum, die auch gesellschaftspolitisches Engagement einschließt.12 Diese binnenökumenische Dimension ist im deutschen Baptismus noch weitgehend unentdeckt. Anderseits bedarf der Baptismus in gleicher Weise der Kritik und Korrektur durch die ökumenischen Partnerkirchen außerhalb der eigenen Denomination, um nicht der stets naheliegenden Provinzialität einer »Gemeindekirche« ausgeliefert zu sein, welche die eigene Gemeinde schon für das Reich Gottes hält. Dazu gehört nicht zuletzt das gelegentlich anzutreffende hybride Selbstverständnis, baptistische Gemeinden seien ausschließlich dem Neuen Testament verpflichtet. Dies hält einer näheren historischen und exegetischen Prüfung nicht stand.13
Dass gerade das lange Zeit kirchentrennende Taufverständnis nicht in ökumenischer Rat- und Sprachlosigkeit enden muss, belegt das im April 2009 publizierte Konvergenzdokument »Voneinander lernen – miteinander glauben«.14 Es schließt ein sechsjähriges Lehrgespräch zwischen Vertretern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland ab und entspricht damit einer Selbstverpflichtung der Charta Oecuemica. Das Dokument belegt, dass auch die oft gescholtene »Konsensökumene« ökumenisch weiterführende Ergebnisse hervorbringen kann. Zum Taufverständnis findet sich dort das Fazit: »Baptisten und Lutheraner können beide Taufverständnisse als unterschiedliche, jedoch legitime Auslegungen des einen Evangeliums anerkennen. Die Gewissheit, in der eigenen Lehre und Praxis dem Evangelium zu entsprechen, impliziert daher nicht, die davon unterschiedene Lehre und Praxis der anderen als nicht evangeliumsgemäß zu verurteilen, weil man in der anderen konfessionellen Tradition die wesentlichen Anliegen auch der eigenen Auslegung gewahrt sieht.« Dieses Konvergenzdokument wird derzeit in den beteiligten Kirchen und Gemeinden kontrovers diskutiert. Man darf gespannt sein, wie sich der ökumenische sowie der innerkirchliche Rezeptionsprozess gestalten werden.15
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