Drogenparty. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: münchenMAFIAmord
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783969020012
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sah dabei bezaubernd aus. An normalen Tagen hätte ich sofort die Gelegenheit ergriffen.

      Ich ließ es sein.

      Annas Handy klingelte, nein: sang mich an mit „Happy“ von Pharrell Williams, was mir fürchterlich auf den Sack ging. Immer diese Fröhlichkeit! Ich nahm das Ding und ging aus dem Schlafzimmer, um meinen Hollywoodstar nicht zu wecken.

      »Was gibt‘s?«

      »Ach, bist du es, Daniel?«

      Niemand sagt Daniel zu mir. Aber die Stimme kam mir bekannt vor.

      »Hier ist Ella. Du weißt schon. Von letzter Nacht. Ich wollte eigentlich Anna haben, aber wenn du direkt dran bist, umso besser. Ich sitze gerade mit Adi Herzog in der ›Kulisse‹. Kannst du vielleicht mal vorbeikommen. Wir brauchen deine Hilfe.«

      „Wir brauchen deine Hilfe!“ – was soll denn das? Was habe ich mit der Sache zu tun. Der Herzog ist ohnehin ein Typ, mit dem ich nichts zu tun haben will. Auf der anderen Seite könnte ich mal wieder einen Job annehmen. Anna hat zwar Kohle, aber ich kann nicht immer …

      »Okay. Wartet auf mich. Ich brauche eine Stunde.«

       IV

      SIE saßen draußen. Der Herzog hatte noch immer die Klamotten letzter Nacht an. Er sah zum Fürchten aus. Zerzauste Haare, grau das Gesicht, tiefe Augenringe. Die obligatorische Gauloises zwischen den Fingern. In der Verfassung würde der Immo-Hai heute keine guten Geschäfte machen können.

      Neben ihm Ella Wolkenheim. Mein Gott, sah die heiß aus! Auch sie hatte noch immer ihr Partydress an. Von Kopf bis Fuß Geld: Chanel-Jäckchen, hautenge kristallverzierte Jeans von Dolce & Gabbana, High Heels. Die mit den roten Sohlen. Mit Schmuck war Ella locker achtzig Mille wert.

      Faltenschnippler müsste man zum Vater haben!

      Fanny sprang über die Tür aus dem F-Type SVR Cabrio und lief direkt auf das ungleiche Pärchen zu. Vor mir parkte ein schwarzer BMW Roadster Z8. Kennzeichen M-AH 111. Aha! Z8. Mindestens doppelt so teuer wie meiner. Rassiger Schlitten.

      Auf der Maximilianstraße ging es heute ausgesprochen ruhig zu. Ungewöhnlich, aber erfreulich.

      »Richter. Mein Beileid!«, begrüßte ich den trauernden Vater und gab ihm die Hand. Im Club hatte ich mich zurückgehalten. Das war der Job der Bullen gewesen. Herzog kannte mich nicht.

      Ella sprang auf und schmiegte sich an mich, als wolle sie gleich mit mir in die Kiste springen. Dabei hatte ich sie gerade erst vor ein paar Stunden kennengelernt und keine drei Sätze mit ihr gewechselt. Ich setzte mich den beiden gegenüber auf einen der kleinen, harten Aluminiumstühle. Es ist eng auf dem Fußweg und ich hatte einen Scheißplatz. Fanny legte sich hinter mich. Wer jetzt noch vorbei wollte, musste einen großen Schritt über Fannys ausladendes Hinterteil machen.

      Viel Vergnügen!

      »Was kann ich für Sie tun?«, eröffnete ich das Gespräch. Der Herzog saß da, als ob er jeden Moment seinen Geist aufgeben wollte. Völlig zerknautscht. Hätte ich nicht gedacht. Er soll doch ein harter Hund sein. Aber der plötzliche Tod seiner Tochter schien ihm echt an die Nieren gegangen zu sein. Schon wieder zündete er sich am Stummel der letzten Zigarette die nächste an. Fanny gefiel der Qualm gar nicht und er knurrte.

      Ich rief ihn zur Ordnung.

      Ella himmelte mich an. Das war offensichtlich. Sie hielt aber die Klappe und war einfach nur traurig.

      »Sie müssen wissen, dass unsere Familien, also die Eltern von Ella, mit uns Herzogs eng befreundet sind. Ja, ich bin geschieden und meine Ex kümmert sich kaum noch um Fee, aber dennoch sind wir eine Familie. Und Freunde der Wolkenheims.«

      Herzog fiel es sichtlich schwer zu reden. Er hatte wohl auch noch immer nicht richtig realisiert, dass seine Tochter tot war.

      „Meine Ex kümmert sich kaum noch um Fee.“

      Dafür war es nun zu spät. Er sollte sich daran gewöhnen, über seine Tochter in der Vergangenheitsform zu sprechen.

      »Es war meine Idee, Daniel. Anna hatte mir mal erzählt, dass du bei der Kripo bist. Du kannst ‚Adi‘ sicher helfen, oder? Ich kann nämlich nicht glauben, dass die Fee freiwillig zu viel von einem Drogencocktail genommen haben soll. Und der muffige, ältere Polizist, der im MEGA das da leitete, sagte auch, dass die Fee ermordet wurde.«

      Mein Gott, die hat ja überhaupt keine Ahnung, wie das bei Mord abläuft und schon gar nicht, was ich mache!

      Herzog sprang ein und ergänzte: »Es war Ellas Vorschlag, Sie …«

      In dem Moment knallte es, die Scheibe hinter Ella und Herzog zerbarst. Und gleich noch mal – drei Schüsse. Insgesamt. Alles ging so schnell, dass ich in den Sekundenbruchteilen nicht mal zum Atmen kam. Fanny lief längst hinter einem blauen Kombi hinterher, als die Reste der Scheibe des Theaterrestaurants ›Kulisse‹ den Boden erreichten.

      Schreie.

      Alle Tische waren besetzt, die Kellnerin hatte ihr volles Tablett fallen gelassen und ich versuchte, die Situation zu erfassen.

      Ella saß steif wie ein tiefgefrorener Fisch auf ihrem Stuhl und hielt sich die linke Schulter.

      Herzog war unter dem Tisch verschwunden.

      Eindeutig: Der Anschlag galt uns. Also Ella oder Herzog, oder beiden …? Oder war alles ganz anders …?

      Blauer Kombi. Davon gibt es in München vermutlich tausende. Fanny blieb zweiter Sieger. Herzog lag noch immer hinter dem umgekippten Tisch und Ella fing entsetzlich zu jammern an. Inzwischen waren wir drei die einzigen Gäste in der ›Kulisse‹. Panikartig hatten die anderen Luschen den Laden verlassen. Ich kümmerte mich um Ella und stellte fest, dass sie eine der Kugeln am Oberarm getroffen hatte. Streifschuss, aber das Chanel-Jäckchen war nur noch was für den Müll. Dass Ella Schmerzen hatte, war mir völlig klar. Sie war noch immer steif wie ein Stockfisch am Stock.

      Jetzt hörte ich eine Sirene. Eine der Kellnerinnen fing ganz sinnlos an, die Scherben der zerborstenen Scheibe aufzufegen.

      Schockreaktion pur.

      Nun rappelte sich auch Herzog wieder auf. Er versuchte, seinen schwarzen Kaschmirmantel abzuklopfen.

      Nervosität pur.

      Die Streife sperrte sofort den Bereich rings um die ›Kulisse‹ großräumig ab. Profis. Zwischen Valentino und Hermes …

      Perfektion pur.

      Ich hatte in den Sekunden dazwischen die 110 angerufen und einen Krankenwagen geordert. Ella musste auf jeden Fall behandelt werden. Ein Gespräch mit Herzog war nicht möglich; Ella wurde versorgt. Alles halb so schlimm, aber für ein junges Mädchen natürlich der Horror. Eine Narbe am Oberarm. Arbeit für ihren Vater. Der würde vermutlich sagen: „Kindchen, das gibt keine Narbe. Ich nähe das so fein, dass du in vier Wochen nichts mehr davon siehst! Wofür hast du den besten Schönheitschirurgen Deutschlands zum Vater!“

      Um sie dann für acht Wochen zur Kur nach Honolulu zu schicken.

      Ich war gerade dabei Fanny zu streicheln. Er war geknickt, dass er den blauen Kombi nicht erwischt hatte, als plötzlich Sepp neben mir stand:

      »Du hast aber auch nur Scheiße am Hacken, Doktor! Wo du auftauchst, sterben die Menschen. Vielleicht solltest du umschulen zum Heilpraktiker.«

      Schaler Humor.

      Aber es stimmte schon. Irgendwie war ich in etwas hineingeraten, von dem ich keine Ahnung hatte. Auch kannte ich den Grund für den Mord und die soeben stattgefundene Schießerei nicht.

      Fest stand für mich: Zwischen dem Mord an Fee und dem Anschlag auf Ella, Adalbert Herzog oder/und mich gab es einen Zusammenhang. Das war mein Ansatzpunkt und den Link musste ich herausfinden.

      Aber dazu brauchte ich erst mal einen Auftrag. Just for fun würde ich nicht ermitteln …

      Vier Schüsse.