Seewölfe Paket 15. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397730
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hoch in den Himmel steigen, paß auf! Aber der Trick klappt nicht immer. Der letzte Mann ist aus tausend Yards Höhe abgestürzt, weil ich niesen mußte. Hoffentlich sticht mich jetzt keine Wespe. Achtung, es geht los.“

      Philip hatte die Worte noch nicht richtig heraus, da nahm der Nullinger seine Beine in die Hand und rannte los, als hätten sich die finstersten Höllenschlünde geöffnet.

      Kreischend und brüllend stürmte er über die Pier und verschwand, ohne sich noch einmal umzublicken, zwischen den Lagerschuppen.

      Hasard und Philip krümmten sich vor Lachen, Arwenack keckerte, als hätte er den Spaß verstanden, und Sir John schlug mit den Flügeln und kreischte obszöne Flüche in die Gegend.

      Jeder an Bord amüsierte sich köstlich, ganz besonders der Profos, der wohlwollend auf die Rübenschweinchen blickte, wie er die beiden liebevoll nannte.

      „Den habt ihr aber vergrault“, sagte er anerkennend. „Wir hätten den Kerl ja auch windelweich klopfen können, aber so ist es besser. Ich frage mich nur, ob wir das nicht doch noch nachholen sollen. Vielleicht erfahren wir dann Näheres über Burton und den anderen Halunken.“

      Der Seewolf war auf der Kuhl erschienen und hatte die letzten Worte des Profos’ noch gehört.

      „Das lohnt sich nicht“, sagte er mit einer wegwerfenden Handbewegung, „das ist nur ein Kundschafter, der ganz sicher nicht von den beiden Kerlen persönlich hergeschickt wurde. Der muß wieder einem anderen Meldung erstatten und so weiter. Dieser Informationsdienst spielt sich meist in den Kneipen ab. Burton gibt sich mit solchem Gesindel niemals persönlich ab.“

      „War ja nur ein Vorschlag“, sagte Ed, „jetzt ist der Kerl sowieso total entnervt abgehauen.“

      Ferris Tucker und Roger Brighton, Bens Bruder, gingen über Deck. Vor dem Seewolf, Carberry und den Zwillingen blieben sie stehen.

      „Wir gehen jetzt zur Werft“, sagte Ferris, „wie wir es besprochen haben, und helfen ein wenig.“

      „Shane will auch mitgehen“, sagte Hasard. „Gebt gut acht auf irgendwelches Gesindel, das sich da herumtreibt. Und beobachtet auch ein wenig die neuen Arbeiter, die bei Ramsgate angefangen haben. Möglich, daß Burton da jemanden unauffällig eingeschleust hat.“

      Ferris nickte. „Wir sehen jedem auf die Finger, Sir, darauf kannst du dich verlassen.“

      Auch Roger Brighton, der den Beruf des Takelmeisters erlernt hatte und sich bei Ramsgate nützlich machen wollte, nickte bekräftigend.

      „Gegen Mittag folge ich euch mit ein paar Männern“, sagte der Seewolf. „Zu tun gibt es hier für uns nichts, und damit die Kerle kein Fett ansetzen, können sie auf der Werft mithelfen.“

      Shane gesellte sich dazu, und dann zogen sie los.

      „Da ist der Spion wieder, Mister Tucker!“ rief Philip dem rothaarigen Riesen hinterher, der seine mächtige Axt geschultert hatte und über die Pier ging.

      Tatsächlich war der Quadratschädel wiederaufgetaucht. Er hütete sich jedoch, in die unmittelbare Nähe des Schiffes zu geraten, denn der Bengel war ein Zauberer, und wer weiß, was der ihm alles antat, falls er ihn noch einmal sah. Vor dem „Indie-Luft-Steigen“ hatte er mächtigen Bammel, denn das traute er dem Lümmel ohne weiteres zu. Zauberer konnten sich ja schließlich auch in die Lüfte schwingen, genau wie die Hexen, die nachts auf dem Besen durch die Lüfte geisterten.

      Ferris und Roger sahen den Kerl ebenfalls, der sich wieder so betont unauffällig gab.

      „Vielleicht meldet er jetzt seinem Auftraggeber, daß wir zur Werft gehen“, sagte Roger Brighton.

      „Ganz sicher wird er das tun, aber damit er uns nicht folgt, werden wir uns ein bißchen streiten.“

      „Wir uns streiten?“ fragte Roger.

      „Klar, wir tun nur so, als ob. Aus Versehen kriegt der Bursche dann eben eins aufs Auge.“

      „Einverstanden“, sagte Roger grinsend. „Wollen wir nicht noch auf Shane warten?“

      „Der folgt uns schon, keine Bange.“

      An der nächsten Pier lag nur eine uralte, halbvergammelte Galeone ohne Masten. Die schien es dem Kerl ganz besonders angetan zu haben, denn er hockte auf einem Poller und starrte das Ding an, als gäbe es sonst nichts auf der Welt. Aus den Augenwinkeln musterte er jedoch die beiden Seewölfe auf recht einfältige Art.

      „Dem gehört wirklich was aufs Maul“, sagte Ferris. „Nicht, weil er hier den Kundschafter spielt, sondern weil er sich so saudämlich dabei anstellt.“

      Jetzt waren sie auf Hörweite heran und kreuzten genau den Kurs des Pollerhockers.

      „Verdammt!“ brüllte Ferris. „Laß mich jetzt mit diesem Blödsinn zufrieden, oder ich klebe dir eine!“

      „Du mir eine kleben?“ schrie Roger zurück. „Da mußt du aber erst noch ein Stück wachsen.“

      „Halt dein Maul, du Lümmel!“

      Der Pollermann kriegte Stielaugen und schluckte. Vorsichtshalber stand er hastig auf. Das ist ja prächtig, daß die Kerle untereinander zerstritten sind, dachte er zufrieden. Vielleicht hat der junge Zauberer da ein bißchen gehext. Gleich gehen die Kerle aufeinander los.

      Dummerweise stand er selbst jetzt genau zwischen ihnen, und dummerweise näherte sich auch noch ein Ungetüm von einem Mann mit grauen Haaren, einem wilden grauen Bart und Fäusten, die so groß waren, daß er damit mühelos Wasser aus einem Amboß quetschen konnte.

      Der Rothaarige verstand anscheinend überhaupt keinen Spaß. Er warf seine Axt zu Boden und ging auf den anderen los. Sofort holte er zu einem gewaltigen Schlag aus. Dabei schoß sein Ellenbogen zurück und landete hart im Magen des Pollermannes. Der knickte in den Knien ein, kriegte keine Luft mehr und japste wie ein kranker Hund.

      „He, halt mich nicht fest, du Transack!“ brüllte der Riese.

      „Ha-hab i-ich doch nicht“, ächzte der Kerl und erhob sich mühsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht.

      Da war der Graubart heran, und wieder standen die drei Kerle so ungünstig, daß er die Mitte innehatte.

      Der graubärtige Riese fackelte auch nicht lange. Der wollte offenbar dem Rothaarigen eine feuern, aber alles hatte sich heute gegen ihn verschworen. Er sah noch die riesige Handfläche, die voll ausholte, dann kriegte er ein Ding auf die Nase, daß es ihn der Länge nach auf die Pier warf.

      „Was hockt der denn da am Boden?“ fragte der Graubart. „Suchst du Regenwürmer zum Angeln, Kerl?“

      Der Getroffene gab keine Antwort. Der Hieb hatte ihm die Luft genommen und das Wasser sturzbachartig in die Augen schießen lassen.

      „Mich hat er festgehalten“, schnaubte der rothaarige Riese. „Gerade als ich dem eine scheuern wollte, hielt er mich fest.“

      Der am Boden Liegende wollte verzweifelt signalisieren, daß alles wohl nur ein Irrtum sei, aber jetzt gerieten die drei über ihn selbst in Wut.

      „Was hat der sich denn da einzumischen?“ fragte der Graubart.

      Der Spitzel rappelte sich gerade mühsam auf, die Hände hatte er noch am Boden aufgestützt, da trat dieser eine Unhold zurück – und ihm auf beide Hände.

      Ein Urschrei brach aus seinem Mund. Vor Schreck und vor Schmerz brüllte er so laut, daß Ferris Tucker herumfuhr und nach unten blickte.

      „He, ist was?“ fragte er und trat zurück.

      Der Kerl ächzte und starrte die Seewölfe an. Er begriff in diesem Moment überhaupt nichts mehr. Die Kerle grinsten alle so hundsgemein, aber, zum Teufel, warum? Er besaß gerade noch so viel Durchblick, um zu kapieren, daß es für ihn jetzt allerhöchste Zeit war zu verschwinden. Und zwar blitzartig.

      Schreiend und voller Entsetzen sprang er auf die Beine. Doch seine Pechsträhne riß an diesem Tag nicht ab. Er stand kaum, als einer der