Seewölfe Paket 15. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397730
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Er fühlte sich wie eine Kanonenkugel abgefeuert, sauste ein Stück durch die Luft, sah das Hafenwasser auf sich zurasen, schrie auf und landete in der Brühe zwischen Dreck und einer Menge Abfall.

      Die Kerle schienen das nicht einmal bemerkt zu haben. Er war fast halb tot, doch sie hatten das nicht einmal zur Kenntnis genommen. Er fühlte sich wie ein kleiner Wurm, den man im Eifer des Gefechtes nicht sah und der einem nur versehentlich unter die Stiefel geriet, weil man auf kleine Würmer ja nicht achtet.

      Er schwamm um sein Leben, soff fast ab und zog sich dann mit allerletzter Kraft an der eisernen Leiter hoch. Dort kotzte er sich erst einmal die Seele aus dem Leib. Was er dann hörte, ließ ihn an seinem eigenen Verstand zweifeln.

      Die drei standen da und reichten sich die Hände. Ja, sie lachten sogar, und der Rothaarige sagte lachend: „Vertragen wir uns wieder. Was sollen wir uns wegen so einer Kleinigkeit streiten.“

      „Ja, vertragen wir uns wieder!“ riefen die beiden anderen. Ohne sich noch einmal umzublicken und als sei absolut nichts gewesen, gingen sie fröhlich davon.

      Ein an Leib und Seele gebrochener Mann blickte ihnen nicht begreifend nach. Dann legte er den Kopf auf die Hände, blieb auf den Knien liegen und schluchzte laut. Bei Gott, er verstand die Welt nicht mehr, nein, er verstand gar nichts mehr. Wahrscheinlich hängt das alles mit diesem verdammten Zauberlümmel zusammen, dachte er entnervt. Bei diesen Kerlen würde er jedenfalls nicht mehr spionieren, das stand ebenfalls fest. Das mochten andere tun. Scheiß auf das bißchen Geld, das dabei heraussprang, das brachte nichts als Ärger, Angst und blaue Flecke.

      Humpelnd schlich er etwas später, davon. Ihm war völlig egal, wo die Kerle hingingen. Sollten sie ans Ende der Welt marschieren, dorthin, wo der Pfeffer wuchs, oder noch weiter.

      Eine Kabellänge weiter aber amüsierten sich Roger, Ferris und Shane über den Tolpatsch und seine Dämlichkeit.

      „Kann denn einer allein so blöde sein?“ fragte Ferris lachend. „Der Kerl hat überhaupt keinen Verstand in seinem Schädel.“

      „Die Lust zum Auskundschaften ist ihm vermutlich vergangen“, meinte Big Old Shane. „Erst haben ihn die Zwillinge genervt, und dann passierte ihm das hier.“

      „Und jetzt blickt er sicher immer noch nicht durch“, sagte Roger. „Aber er hat sich verzogen, der läßt sich ganz sicher nicht mehr blicken.“

      Sie gingen weiter in Richtung Werft.

      9.

      In der Dämmerstunde des nächsten Abends war es dann soweit.

      Burton hatte siebzehn Schnapphähne aufgetrieben, insgesamt waren sie jetzt neunzehn Männer.

      Einer seiner Spitzel jedoch, der Schiff und Leute beobachten sollte, war nicht mehr zurückgekehrt, er war spurlos verschwunden, und das beunruhigte ihn ein wenig.

      In einem knapp zweistündigen Marsch erreichten sie außerhalb von Plymouth die Stelle, wo die Galeone des alten Patrick lag und immer noch auf die Ausrüstung wartete. Der alte Patrick hatte nur zwei Leute an Bord. Die anderen wurden erst dann wieder angemustert, wenn das Schiff klar zum Auslaufen war. Und der Alte selbst hockte natürlich wie immer irgendwo in einer Kneipe und war zu dieser frühen Stunde vermutlich stockbetrunken.

      Das Schiff war an Land vertäut und hatte außerdem noch einen Anker gesetzt. Rechts waren ein paar kleine Felsen im Wasser, zur linken Seite dehnte sich ein schmaler, steinübersäter und mit Tang bedeckter Strand. Gleich dahinter wuchsen verkrüppelte Büsche und kleine Bäumchen.

      Burton und Bromley schlichen sich bis dicht ans Ufer, während die anderen Kerle unsichtbar im Hintergrund lauerten.

      „Siehst du jemanden an Bord?“ fragte der Exhauptmann.

      Burton starrte sich schon seit einer ganzen Weile die Augen aus.

      „Nein“, sagte er nach einer Weile. „Aber ich weiß, daß immer zwei Kerle an Bord sind.“

      „Vielleicht liegen sie besoffen an Deck.“

      „Darauf will ich mich lieber nicht verlassen. Wir warten noch eine Weile, bis wir Geräusche hören.“

      Inzwischen war der Mond aufgegangen und schickte ein paar silbrige Strahlen über das Wasser. Dann verschwand er wieder hinter einer langsam dahinziehenden Wolkenbank. Der Wind hatte auch ein wenig zugenommen. Zum Segeln war die Nacht jedenfalls ideal.

      Immer noch rührte sich an Bord nichts. Die kleine Galeone lag wie ein Geisterschiff am Strand. Manchmal sahen sie nur den ungefügen Schatten, dann wieder zeichnete sie sich deutlich ab, wenn der Mond zwischen den Wolken hervorlugte.

      „Geh leise zurück und beruhige die Kerle, Mark“, sagte Burton mit Flüsterstimme. „Sie sollen noch ein wenig warten, ich möchte keine weitere Pleite erleben.“

      „In Ordnung.“

      Es raschelte leise, dann war Bromley verschwunden, während Burton die Augen zusammenkniff und das Schiff weiter beobachtete.

      Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, aber dann sah er doch erleichtert einen kleinen Lichtschein an Bord. Also hatten die Kerle doch gepennt, waren jetzt erwacht und zündeten eine Lampe an.

      Verdammt, dachte Burton, sie im Schlaf zu überfallen wäre viel einfacher gewesen, aber wer konnte das wissen? Ebensogut hätten sie hinter dem Schanzkleid auf den Planken hocken können.

      Er drehte sich um und eilte zurück, bis er die anderen erreichte.

      „Ganz leise jetzt“, mahnte er im Flüsterton. „Lautlos ins Wasser steigen und an der Bordwand hochziehen. Die Kerle halten sich noch im Vorschiff auf. Ihr braucht nur bis zu den Hüften ins Wasser, das Schiff liegt nur wegen den Gezeiten nicht ganz dicht dran. An Deck wartet ihr, bis die Kerle oben erscheinen. Aber bewegt euch um Himmels willen ganz leise, sonst gibt es Geschrei.“

      Er warf noch einen kurzen Blick auf die Gestalten. Sie sahen wirklich wie Piraten übelster Sorte aus, Abschaum aus den Hafenkneipen, Kerle, die man nicht gegen Geld und gute Worte an Bord nahm, jedenfalls nicht auf ehrlichen Handelsschiffen.

      Der Trupp schlich vorwärts, aber als Burton sie mit Handzeichen aufforderte, ins Wasser zu steigen, tippten sich zwei der Kerle ebenso wortlos mit dem Finger an die Stirn und grinsten. Als Burton in der Annahme blaß wurde, die Kerle würden jetzt kneifen, grinste der eine noch breiter und zeigte auf die Trossen, mit denen die Galeone vertäut war.

      Burton nickte zähneknirschend und sah das ein. Er war schließlich kein Seemann. Klar, die Trossen boten sich geradezu an, und wenn man an ihnen hinüberhangelte, verursachte das gar kein Geräusch.

      Der eine hing schon wie eine Ratte am Tampen und bewegte sich lautlos, schnell und geschmeidig zur Galeone hinüber.

      Durch sein Gewicht hing das Tau etwas durch, und das Schiffchen gierte zum Land hin, aber die Ankertrosse kam steif, und so hing das Tau auch nicht weiter durch.

      Der zweite und dritte folgten. Der vierte flitzte wie ein Klammeraffe an dem Tau entlang. Schattenhaft verschwanden sie an Bord, Schnapphähne, die ihr Handwerk verstanden.

      Schließlich waren ein Dutzend Männer an Bord, und die beiden Wachen hatten immer noch nichts gemerkt.

      Burton trat von einem Fuß auf den anderen. Natürlich wollte er auch hinüber, genau wie sein Spießgeselle Bromley. Er traute sich nur nicht, an dem Tampen entlangzuhangeln, und das Wasser war ihm zu kalt. Bromley erging es nicht viel anders, und so traten sie nervös von einem Bein auf das andere und warteten.

      Weitere Kerle zogen sich hinüber. Da wollte Bromley auch nicht länger nachstehen und sprang mit einem heldenhaften Satz ins Wasser. Es gab ein klatschendes, lautes Geräusch. Als er dann verzweifelt zur Bordwand griff, hörte es sich an, als würde jemand mit dem Hammer auf das Schiff einschlagen.

      Burton knirschte mit den Zähnen. Im Nu war drüben der Teufel los, doch die Knechte, die er angeheuert hatte, bügelten Bromleys Fehler sofort wieder aus. Die beiden Wachen