Seewölfe Paket 29. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399970
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auf die die Banditen keine Antwort erhielten.

      Heulend fuhr Silvestro hoch und stürzte sich auf den Gegner, der ihm am nächsten stand – Carberry. Die Stimme des Profos dröhnte noch in Silvestros Ohren. Der Schädel drohte ihm zu platzen. Er riß seinen Säbel aus dem Gurt und wollte ihn dem Profos in den Leib stoßen.

      Aber der Profos war schneller. Blitzschnell hieb er mit beiden Fäusten zu. Silvestro konnte nur noch die Augen verdrehen und zusammenbrechen. Er fiel unter den Tisch.

      Jetzt war der Teufel los. Brodzu und die anderen Sarden zückten ihre Waffen. Ein Schuß knallte – Brodzu hatte auf Hasard abgedrückt. Aber die Kugel sirrte an Hasard vorbei. Shane war neben Brodzu und knallte ihm die Faust in die Seite. Brodzu krümmte sich. Shane hieb noch einmal zu, und auch Brodzu war außer Gefecht gesetzt.

      Nur noch ein Schuß donnerte gegen die Decke. Der Rest wurde mit Blankwaffen ausgetragen. Die Arwenacks kreuzten mit den Sarden die Klingen. Es schepperte, klirrte und rasselte, und ein wilder Kampf tobte durch den Saal.

      Dario Porceddu stieß Salome von sich weg. Wimmernd landete das Mädchen auf dem Boden. Die anderen Frauen krochen kreischend unter die Tische. Über ihnen brodelte und kochte das Inferno.

      Die Sarden waren den Seewölfen zahlenmäßig überlegen. Doch die Arwenacks hatten das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Im Handumdrehen hatten sie über ein Dutzend Gegner zu Boden geschickt. Weitere zwei kippten in diesem Moment um – Ferris und Batuti hatten sie erledigt.

      Dario stürzte sich mit blankem Säbel Hasard entgegen. Der Seewolf blockte den Ausfall des Sarden mit dem Degen ab. Dann fochten sie verbissen miteinander. Dario gewann einen Vorteil und trieb Hasard zurück gegen den Tisch. Der Tisch geriet ins Schwanken. Die Frauen kreischten und heulten.

      Hasard wich aus – Darios Klinge knallte auf den Tisch.

      „Du Hund!“ brüllte der Sarde.

      Hasard sprang zur Seite. Dario fuhr zu ihm herum. Wieder kreuzten sich die Klingen. Hin und her ging das Duell. Aber Dario verausgabte sich sehr schnell. Der Haß verblendete ihn. Er ermüdete. Hasard brach seine Deckung auf. Der Säbel wirbelte plötzlich durch die Luft. Der Seewolf schnellte vor – und Dario brach getroffen zusammen. Er kippte auf die rechte Körperseite und blieb reglos liegen. Tot.

      Silvestro war wieder bei Bewußtsein. Er riß eine Pistole an sich, richtete sich hinter dem Tisch auf und legte auf Hasard an. Aber ein Pfeil huschte auf ihn zu. Batuti hatte wieder geschossen. Silvestro heulte auf. Der Pfeil steckte mitten in seiner Brust. Mit einem dumpfen Laut fiel der Kerl auf den Rücken.

      Panik ergriff den Rest der Bande. Sie sahen sich ihrer Anführer beraubt und wichen zurück. Brodzu hatte sich wieder aufgerappelt. Er torkelte noch, aber er konnte schon wieder denken.

      „Weg!“ brüllte er seinen Kumpanen auf sardisch zu. „Auf den Hof!“

      Neben dem Hundezwinger und den Stallungen befand sich das Arsenal der Bande. Dort hatten sie ein leichtes Geschütz auf Rädern untergebracht. Brodzu wollte es gegen die Feinde zum Einsatz bringen, wenn sie ihnen nachstürmten.

      So jagten die Banditen ins Freie. Doch hier erwartete sie eine neue Überraschung. Plötzlich krachte und donnerte es. Buntes Feuer heulte kreuz und quer über den Hof. Einer der Kerle versengte sich den Hosenboden. Brüllend stürmte er fort – zum Tor.

      Wieder krachte und blitzte es. Jack, Paddy und Higgy hatten den zweiten Brandsatz gezündet. Und dann schleuderte Higgy den Banditen noch eine Höllenflasche zwischen die Beine. Donnernd platzte die Flasche auseinander. Ein Kerl brach stöhnend zusammen.

      Das reichte. Brodzu war von Splittern schwer verletzt. Er wankte zum Tor.

      „Fort, fort!“ keuchte er.

      Der Rest der Bande suchte das Weite. Die Frauen, die den Sarden hörig waren und zu ihnen hielten, ergriffen ebenfalls die Flucht. Im Freien versuchte die Rothaarige, Brodzu zu erreichen. Wenn Dario und Silvestro schon tot waren, mußte sie sich an den stärksten Mann halten, der nach ihnen das Ruder der Bande übernehmen würde.

      Doch Brodzu lag am Rande des Weges. Die Rothaarige beugte sich über ihn. Seine blicklosen Augen starrten in den Nachthimmel. Sie stöhnte auf. Dann taumelte sie wimmernd davon.

      Ruhe war im den großen Saal eingekehrt. Hasard hörte sich Carberrys Bericht an. Sechzehn Sarden hatte es erwischt. Von den Arwenacks hatten nur Al Conroy, Luke Morgan und Stenmark ein paar leichte Verletzungen davongetragen. Der Kutscher war bereits dabei, sie zu verarzten.

      Der Seewolf trat mit seinen Söhnen zu den Frauen. Salome hatte vom Kutscher eine Jacke erhalten. Sie hüllte sich darin ein und sah die Männer aus angstgeweiteten Augen an.

      „Ihr seid frei“, sagte der Seewolf. „Der Spuk ist vorbei. Wir begleiten euch nach Hause.“

      „Wer schickt euch?“ fragte eine der Frauen.

      „Niemand“, erwiderte der Seewolf. „Aber der Kaufmann Kemil Haydar und sein Sohn Balat aus Üsküdar haben uns den Anstoß gegeben, hier nach dem Rechten zu schauen.“ Er sah das Mädchen an. „Du bist Salome, nicht wahr?“ Die Zwillinge übersetzten jedes seiner Worte ins Türkische.

      „Ja. Woher kennt ihr meinen Namen?“

      „Wir haben ihn von den Haydars erfahren.“

      „O ja, sie sind gute Freunde meines Vaters.“

      „Wir bringen dich zu deinem Vater, Salome“, sagte der Seewolf.

      Salome schlug die Hände vors Gesicht und weinte. Sie konnte es kaum fassen, daß doch noch alles ein gutes Ende gefunden hatte. Die Frauen verneigten sich tief vor ihren Rettern. Keine hatte mit der Befreiung gerechnet.

      Hasard kehrte zu seiner Crew zurück.

      „Wie sieht es unten aus?“ erkundigte er sich.

      „Die Rübenschweine sind in die Flucht geschlagen“, erwiderte Carberry grinsend. „Natürlich haben unsere Kerle sie noch ein Stück verfolgt. Aber die Banditen sind spurlos verschwunden. Einer liegt tot am Wegrand, dieser Schwarzbart.“

      „Die Sarden haben die Schnauze voll“, sagte Shane. „Sie werden sich hier nicht mehr blicken lassen. Ich schätze, sie werden ganz aus der Gegend verschwinden.“

      „Das denke ich auch“, sagte Hasard. „Trotzdem wollen wir verhindern, daß sie jemals wieder ihren Schlupfwinkel in diesem Gemäuer einrichten.“

      Als der Trupp einige Zeit darauf mit den befreiten Frauen davonritt, blieb ein loderndes Fanal hinter ihnen zurück. Hasard hatte die Burg des Scheitans in Brand setzen lassen. Weit flackerte der Schein des Feuers.

      Der Fluch der Dodullu-Berge existierte nicht mehr …

      ENDE

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       1.

      Das Männchen mit dem Ziegenbart war dürr, klein und hatte graue schüttere Haare. Es trug Schnabelschuhe und ein langes silberblaues Gewand. Das Männchen hatte Weltschmerz im Blick und wässerige, etwas verschleiert wirkende Augen, die ständig an dem Angeklagten vorbeischauten.

      „Ich wiederhole noch einmal die Anschuldigungen, Ali Mustafa, den Frevel, den man dir vorwirft und wegen dem du hier vor dem Gericht der Oberen Drei stehst.“

      Neben dem Kadi saßen noch zwei ebenfalls alte Männer, die mit steinernen Gesichtern zu Boden blickten und sich nicht regten. Auch die Schergen im Hintergrund bewegten sich nicht. Wie aus Stein gehauen standen sie an den Wänden des Gerichts.

      „Ich kenne die Anschuldigungen“, sagte Ali Mustafa ruhig. „Sie sind haltlos und verleumderisch. Sie sind außerdem durch nichts bewiesen worden.“

      Der Kadi blickte unwillig auf den Angeklagten.