Seewölfe Paket 29. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399970
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sie weggebracht – fort in die Berge.

      „Pfui, Teufel“, sagte Roger Brighton. „Was müssen das für gemeine Drecksäcke sein.“

      „Eine ihrer Gefangenen konnte fliehen“, sagte der Seewolf. „Aber weit gelangte sie nicht. Wer weiß, was die Kerle jetzt mit ihr anstellen.“

      „Das können wir uns wohl denken“, sagte Dan.

      „Also, beeilen wir uns“, sagte der Seewolf.

      Er versuchte noch, von dem Waldläufer zu erfahren, wie viele Menschen in Dodullu lebten und ob sich die Banditen unter den Bewohnern befanden. Aber der Taubstumme konnte ihm darüber keine Auskunft geben. Er war nie in dem Dorf gewesen.

      Hasard nickte dem Mann zu. „Du kannst gehen“, sagte er. Wieder unterstrich er durch Gesten, was er meinte, und der andere verstand.

      Der Kutscher drückte dem Taubstummen noch rasch etwas Proviant in die Hände. Dieser bedankte sich durch Grunzen und Stottern, dann verschwand er wie ein Spuk im Dickicht.

      „Leute gibt’s“, sagte der Profos, „das gibt’s gar nicht. Na, ich bin mal gespannt, was für Menschen wir in Dodullu begegnen. Müssen ja interessante Zeitgenossen sein.“

      Die Männer ritten weiter. Nach einer knappen halben Stunde hatten sie das Dorf vor sich. Es bestand aus etwa zwei Dutzend Häusern, die alle aus grauen Quadersteinen errichtet waren. Die Dächer der geduckten Bauten bestanden aus schwarzen Platten, die wie Schiefer anmuteten. Kein Mensch war zu sehen. Alles wirkte verlassen und tot.

      „Das Nest sieht sehr einladend aus, wirklich“, sagte Big Old Shane. „Bestimmt warten die Bewohner nur darauf, ein paar Fremde bewirten zu können.“

      „Oder es warten Heckenschützen auf uns“, sagte der Seewolf.

      Plymmie lief wieder voraus. Sie strich zwischen den Häusern hin und her. Bei einigen stand die Tür offen. Die Hündin schlich ins Innere, erschien aber kurz darauf wieder.

      „Hier tut sich nichts“, sagte Carberry.

      „Freunde, wir befinden uns in einem Geisterdorf“, sagte Don Juan de Alcazar.

      In der Tat, das Dorf war verlassen. Die Männer ritten auf den winzigen Platz, der das Zentrum der Siedlung darstellte, saßen ab und zückten ihre Waffen. Sie sahen sich nach allen Seiten um und behielten auch die nahen Felsen im Auge. Nichts rührte sich. Kein verdächtiger Laut ertönte. Nicht ein einziges Tier war zu sehen – nicht einmal ein Vogel.

      „Hier spukt es“, sagte Dan. „Gut, daß mein Alter nicht mit dabei ist. Der würde jetzt die wüstesten Geistergeschichten zum besten geben.“

      „Wenn wir wieder an Bord der Dubas sind, können wir ihm ’ne Menge erzählen“, meinte Higgy grinsend.

      Die Männer durchsuchten die Häuser und Hütten. Nirgends stießen sie auf Menschen. Nicht einmal Anzeichen menschlichen Lebens waren zu entdecken – Feuer- oder Speisereste zum Beispiel.

      „Das Dorf ist schon seit einiger Zeit verlassen“, sagte Hasard, als sie wieder bei den Pferden standen. „Vermutlich haben es die Bewohner aus Angst vor den Banditen verlassen. Ich nehme an, daß die Sarden hier alles geplündert haben. Danach haben die Bewohner, die am Leben geblieben sind, die Flucht ergriffen.“

      „Ja, so reimt sich alles zusammen“, sagte Carberry. „Wo sie abgeblieben sind, weiß wohl kein Mensch.“

      „Und in Üsküdar ist nichts darüber bekannt“, sagte Hasard. „Auch Kemil Haydar wußte nicht, daß Dodullu ein Geisterdorf ist. Himmel, die Türken müssen wirklich eine Heidenangst vor dieser Gegend haben. Keiner von ihnen traut sich hierher.“

      „Lieber überlassen sie den Banditen ihre Frauen“, sagte Don Juan de Alcazar. „Das finde ich allerdings beschämend. Ich weiß, eine Frau zählt im Orient weitaus weniger als ein Mann. Aber deswegen kann man sie doch nicht ihren Entführern kampflos ausliefern.“

      „Ganz so sehe ich das nicht“, sagte Hasard. „Haydar hat ja von seinem Kollegen berichtet, dessen Tochter Salome sich in den Händen der Banditen befindet. Der Mann hat versucht, mit einem Aufgebot die Burg des Scheitans zu finden. Es ist ihm nicht gelungen. Außerdem hätten seine Mitstreiter gekniffen, wenn es darum gegangen wäre, die Burg zu stürmen.“

      „Das ist auch wieder richtig“, erwiderte Don Juan. Er blickte zu den Kameraden. „Glaubt ihr, daß wir diese verdammte Burg finden?“

      „Wir haben Plymmie“, sagte Philip junior.

      „Was ist, wenn sie keine Spur findet?“ fragte Luke Morgan.

      „Wenn und aber“, sagte der Seewolf. „Halten wir uns nicht mit langen Reden auf, Freunde. Das hat am allerwenigsten Sinn. Los, es geht weiter.“

      Sie folgten dem Verlauf der Schlucht. Plymmie strebte auf einen schmalen Pfad zu, der am östlichen Rand in die Höhe führte. Es war der einzige Weg, auf dem man die Schlucht verlassen konnte. Der Trupp bildete eine lange Kolonne, und im Gänsemarsch ging es den Pfad hinauf. Bald darauf erreichten die Mannen ein Plateau, von dem aus sie einen guten Überblick über die Umgebung hatten. Sie verharrten eine Weile. Dan und Don Juan spähten mit den Kiekern in die Runde.

      „Seht ihr irgendwo eine Burg?“ fragte der Seewolf.

      „Nicht die Spur“, antwortete Dan.

      „Nichts“, sagte Don Juan.

      „Das habe ich mir fast gedacht“, sagte der Seewolf. „Weiter.“

      Der Ritt führte über das Plateau, dann durch ein Tal in etwas höhere Regionen. Plymmie war dem Trupp immer um ein paar Yards voraus. Sie schnupperte an jedem Baum, an jedem Stein. Ungefähr eine Stunde war vergangen – da, ganz unvermittelt, blieb die Hündin wie vom Donner gerührt stehen. Sie senkte ihre Nase auf den Boden. Ihr Schwanz zuckte leicht.

      „Sie hat eine Witterung aufgenommen“, sagte Hasard junior.

      „Los, altes Mädchen“, spornte Philip junior die Hündin an. „Zeig mal, was du kannst!“

      Plymmie schnürte über den felsigen Boden. Sie machte ihrem Wolfsblut alle Ehre. Die Witterung, die sie einmal aufgenommen hatte, verlor sie nicht mehr. Es mußte sich um die Fährte der Banditen handeln. Sicherlich gab es nicht sehr viele Wege, die zur Burg des Scheitans führten. Wahrscheinlich nur diesen einen Weg. Durch Zufall hatten die Arwenacks den richtigen Pfad gewählt.

      Die Mannen folgten Plymmie. Es ging kreuz und quer durch das Bergland, stundenlang. Die Geduld von Hasard und seinen siebzehn Begleitern wurde auf eine harte Probe gestellt.

      Am späten Nachmittag gelangte der Trupp auf einen Berg, dessen Kuppe von einem Krüppelkieferwald gekrönt wurde. Unvermittelt öffnete sich der Wald – und hier war die Reise zu Ende. Vor den Hufen der Pferde ging es abrupt steil in die Tiefe. Ein Schritt zuviel, und man stürzte ab.

      „Ein wirklich schöner Abgrund“, sagte Carberry, „so richtig was, um sich das Genick zu brechen.“

      Plymmie lief aufgeregt auf und ab. Hatte sie die Fährte nun doch verloren? Sie knurrte wütend und suchte nach der Richtung, in der es weiterging. Was war los?

      Dan O’Flynn blickte nur noch starr geradeaus.

      „He, Freunde“, sagte er. „Sperrt mal schön die Klüsen auf.“ Er wies voraus.

      Jetzt sahen es auch der Seewolf und die anderen. Unter ihnen öffnete sich eine zerklüftete Schlucht. Drüben, auf der gegenüberliegenden Seite klebte ein Gemäuer im Hang. Es war kaum zu erkennen, weil es die gleiche Farbe aufwies wie das Gestein des Hanges. Eine vorzügliche Tarnung.

      „Potzdonner“, sagte Big Old Shane. „Was ist das? Ein Adlernest?“

      „Die Burg des Scheitans“, erwiderte der Seewolf. „Wollen wir wetten?“

      „Da verliere ich bestimmt“, sagte der graubärtige Riese grinsend. „Wir haben also unser Ziel erreicht.“

      „Das