Seewölfe Paket 29. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399970
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wie man so sagt: Reiß dich am Riemen! Von Scheiß auf den Wein kann keine Rede sein. Wer wird denn auf Wein scheißen, was, wie? Ein so köstliches Getränk! Nein, nein, eine Sünde wär das! Ich wollte sogar eine Balje holen, wie du das ganz richtig erkannt hattest, Smokylein. Aber leider mußte das dieser Mister Tucker mit seinem Holzpflock verhindern, sonst hätten wir hier jetzt eine ganze Balje voll Wein. Stellt euch das vor, Leute!“

      „Typisch“, sagte der Kutscher spitz. „Ihr denkt nur ans Saufen!“

      „Mitnehmen, Kutscherlein“, sagte der Profos grinsend, „ich hab euch auch was mitgebracht!“ Sprach’s und entleerte seine Taschen auf ein Faß. Dort versammelten sich Käsestückchen und Fladenbrot. „Langt zu, Freunde!“ tönte der Profos.

      „Ich werd’ nicht mehr“, stöhnte Ferris Tucker. „So was von dreister Schlitzohrigkeit! Da beklaut dieser durchtriebene Hundesohn schamlos seinen Gastgeber! Das muß man sich mal vorstellen!“

      „Hat ja keiner gemerkt“, erklärte der Profos resolut. „Außerdem war er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unser Gastgeber, sondern hatte uns in die Pfanne gehauen. Und da sagte ich mir, Ed, sagte ich: Nimm mit, was du kriegen kannst, denn wer weiß, wann’s wieder was zu futtern gibt. Und weil Smokylein den Wein mitgehen ließ, hab’ ich für das andere gesorgt, damit hier nicht nur gesoffen wird!“

      „Damit hier nicht nur gesoffen wird“, wiederholte der Kutscher fassungslos und griff sich an den Kopf. „Dieser Mensch ist ein Ungeheuer.“

      „Iß Käse, Kutscherlein!“ dröhnte der Profos. „Der beruhigt!“

      „Nein, der macht sinnlich“, widersprach Smoky. „Hat der Kutscher mal gesagt.“

      Carberry fuhr zu ihm herum. „Hab’ ich’s doch gewußt! Darum hast du derart lüstern mit deinen Augen den Busen der schönen Lady befummelt, daß es mir die Schamesröte ins Gesicht trieb!“

      Da ging Mac Pellew hoch. „Waaas? Die Lady hatte mit mir tiefe Blicke gewechselt, aus denen deutlich hervorging, daß sie mit mir ein Stelldichein vereinbaren wollte. Und da wagst du Schurke es, ihren Busen zu begrapschen?“

      Carberry wiegelte ab – mit einem besorgten Blick zu Smokys Rotweineimer. „Ruhig, Mackilein, ganz ruhig. Das hatte Smoky ja nicht wissen können, daß du bereits mit der Lady verabredet warst, was, wie? Natürlich hätte er dir den Vortritt gelassen – schon weil er mit seiner Gunnhild verheiratet ist, was ich ihm auch in meiner verhaltenen Weise versuchte, anzudeuten. Erinnerst du dich, Smokylein?“

      „Du hast gesagt, ich sei mit meinen Augen bis unter ihre Bluse gekrochen!“ fauchte Smoky und hätte beinahe seinen Eimer umgestoßen, weil er so wütend war.

      „Schon gut, schon gut!“ Carberry war drauf und dran, die Hände zu ringen. „Kipp um Gottes willen nicht den Eimer um, Smokylein. Darin ist das einzige, was wir in den nächsten Tagen zu trinken kriegen. Sollte ich vielleicht besser auf den Eimer aufpassen?“

      Da schritt Don Juan ein, bevor hier ein Unglück passierte. Denn Mac Pellew, zitterte vor eingebildeter Eifersucht, zu der kein Anlaß bestand, der Profos hatte sich zwischen alle Stühle gesetzt, und Smoky kochte über, weil ihm der Profos etwas unterstellte, was völlig aus der Luft gegriffen war.

      „Ich schlage vor“, sagte Don Juan, „wir bedanken uns bei Smoky und dem Profos, daß sie so uneigennützig für unser leibliches Wohl gesorgt haben, und teilen redlich ihre Gaben auf. Smoky, Ed, seid ihr einverstanden?“

      „Aber natürlich“, sagte der Profos.

      „So soll es sein“, sagte Smoky.

      Damit war der Frieden wiederhergestellt, und sie konnten tafeln. Fast schmeckten Käse, Fladenbrot und Wein jetzt noch besser als im Weingewölbe. Aber das hing mit der These der Apfeldiebe zusammen, die besagt, daß geklaute Äpfel immer besser schmecken als jene, die man auf dem Markt kauft.

      Don Juan de Alcazar hatte – was den dicken Kaufmann Kymet betraf – gut beobachtet, denn dem war tatsächlich einiges aufgefallen.

      Er stand inzwischen wieder oben unter den Arkaden, zusammen mit dem Hafenkommandanten, der zur Beobachtung der Dubas in seine Kommandantur zurückkehren wollte. Man hatte von den oberen Fenstern des Gebäudes aus einen Überblick über den ganzen Hafen.

      „Ich weiß nicht, ich weiß nicht“, sagte der Dicke zu Güngör, mit dem ihn eine herzliche Freundschaft verband, „diese Männer sind zwar harte und gefährliche Kerle, aber unter so richtigen Halsabschneidern stelle ich mir was anderes vor.“

      Selim Güngör runzelte die Stirn.

      „Unsinn“, sagte er. „Ich habe eine genaue Beschreibung der Dubas von Samoilow, daran ist überhaupt nicht zu zweifeln. Diese Geschichte der Kerle, sie seien den Tigris hochgesegelt, dann durchs Gebirge gezogen und bei Batumi ans Schwarze Meer gestoßen, ist erstunken und erlogen. Mir ist nur eins immer klarer geworden: diese Halunken sind noch gefährlicher als Schlangen.“

      Der Dicke schüttelte den Kopf und zählte auf: „Russen, die englisch und spanisch und türkisch sprechen, ein englisch sprechender Papagei, ein Neger an Bord, ferner ein Spanier, ein Ire, ein Schwede, zwei Dänen und zwei Holländer sowie ein Affe und ein Wolfshund. Die sollen alle aus Rußland sein? Nein, Selim, hier muß eine Verwechslung vorliegen. Woher soll Samoilow den Affen und den Papagei haben? Und wie gelangte ein Neger in seine Mannschaft? Oder der Spanier? Überhaupt der Spanier! Das ist ein Edelmann vom Scheitel bis zur Sohle. Dafür habe ich einen Blick.“

      „Aber der Kerl mit dem Rammkinn und dem zernarbten Gesicht, zu dem der Papagei gehört, ist ein Monster, ein Ungetüm“, erwiderte der Hafenkommandant, „dem traue ich jede der schändlichen Taten zu, von denen über die Samoilowbande bisher berichtet wurde.“

      Wenn das der Profos Edwin Carberry gehört hätte!

      Nur urteilte der Hafenkommandant eben nach dem Äußeren des „Ungetüms“, ohne zu ahnen, was in ihm drinsteckte, nämlich reines Gold.

      „Er war es auch“, fuhr der Hafenkommandant fort, „der die letzte Verhaftung beinahe verhindert hätte. Nur der Pistolenschuß hat ihn gestoppt.“

      „Alle Männer waren unbewaffnet“, sagte Kymet, „das paßt doch nicht ins Bild, Selim! Piraten vom Schlage der Samoilowbande pflegen bis an die Zähne bewaffnet zu sein. Die gehen doch nicht ohne Waffen an Land!“

      „Alles Tarnung“, erklärte Selim Güngör unbeeindruckt. „Gerade daran siehst du, wie gerissen die Kerle sind.“

      „Von Gerissenheit wurde bisher nie etwas berichtet“, sagte der dicke Kymet, „im Gegenteil, man erzählte, die Kerle schlügen sofort mit Brachialgewalt drauflos, ohne lange zu fackeln. Außerdem wären sie ständig betrunken und führten sich wie die Barbaren auf. Bei den elf Männern, die wir gefangengesetzt haben, ist von alledem nichts zu bemerken. Zuerst dachte ich zwar auch, sie verstellten sich, um uns in Sicherheit zu wiegen, aber jetzt habe ich meine Zweifel.“

      „Es sind Samoilow und seine Totschläger“, beharrte der Hafenkommandant, „verlaß dich drauf. Sie lügen, wenn sie behaupten, sie seien mit Samoilow und seinen Kerlen in Varna aneinandergeraten und hätten ihm die Dubas weggenommen. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte es bei ihnen Verletzte geben müssen. Ich habe aber keine gesehen.“

      „Doch! Der dürre Mann mit dem grämlichen Gesicht hat eine hornähnliche Beule auf der Stirn.“

      Selim Güngör winkte ab. „Das ist auch der einzige! Reiner Zufall. Wer weiß, gegen was der gerannt ist! Alle anderen haben nicht die geringste Verletzung, die auf einen Kampf hingedeutet hätte. Auch die Dubas ist völlig unbeschädigt, ich habe sie mir genau angeschaut. Du hättest mal sehen sollen, wie die Kerle grinsten, als ich auf dem Steg erschien. Und dieser Samoilow erst! Der hat einen Blick, daß dir das Blut in den Adern zu Eis gefriert. Und er hat eine Narbe von der rechten Stirn über die linke Augenbraue bis hinunter zur linken Wange!“

      Der Dicke starrte ihn an. „Eine Gesichtsnarbe? Von der ist bei den Samoilowbeschreibungen aber nie die Rede gewesen. Was hat er