Seewölfe Paket 29. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954399970
Скачать книгу
„Meinst du mich etwa?“

      Don Juan hob die Hand und sagte: „Herrschaften, seid so freundlich und setzt das Thema an Bord fort. Wir sind nicht hier, um Eheprobleme zu besprechen, nicht wahr? Trinkt aus und bedankt euch bei der Lady für den Ausschank.“

      Da wandten sie sich wieder der schönen Zlatina zu – und wunderten sich, warum sie so blaß wurde und nicht wußte, wo sie hinschauen sollte.

      Don Juan wirbelte herum und griff automatisch zur Hüfte, wo sonst der Degen hing. Aber der war an Bord geblieben, und er hätte mit dem Degen auch nichts ausrichten können. Er fluchte nicht schlecht, der große Spanier mit den grauen Augen im scharfgeschnittenen Gesicht.

      Auch Carberry, Ferris Tucker und Smoky waren herumgefahren – Carberry so heftig, daß Sir John von seiner Schulter flog, kreischend herumflatterte, dann jedoch durch die Tür nach draußen sauste, haarscharf am Kopf des Hafenkommandanten vorbei, der fast einen Herzschlag bekam. Für einen kurzen Moment hatte er gedacht, dieser rabiate Vogel wolle ihm die Augen aushacken.

      Das war ein Augenblick der Verwirrung, den Carberry erkannte und nutzen wollte. Er war schon im Ansprung, um zur Tür durchzubrechen und den Hafenkommandanten über den Haufen zu rennen, da wurde er mit einem Pistolenschuß gestoppt. Die Kugel klatschte vor seinen Stiefeln auf die Steinfliesen, prallte dort ab und fuhr zwischen seinen Beinen hindurch in eins der Weinfässer.

      Den Schuß hatte einer der Milizsoldaten abgefeuert, der direkt an der Tür Stellung bezogen hatte. Die anderen standen wie bei der Überrumpelung von Dan O’Flynn und Matt Davies längs der Innenwand des Gewölbes, die Pistolen auf die vier Mann gerichtet.

      Smoky reagierte sonderbar und kümmerte sich nicht die Bohne um die auf sie angeschlagenen Pistolen.

      Er hatte einen Eimer entdeckt, ihn sich geschnappt und war zu dem Weinfaß gesprungen. Aus dem Schußloch sprudelte, nämlich Rotwein. Und den ließ er nun in den Eimer fließen. Der war schnell voll. Da schob Smoky seinen rechten Daumen in das Schußloch.

       6.

      Das war vielleicht eine Situation!

      Die Milizsoldaten glotzten wie Mondkälber.

      Der dicke Mehmed Kymet hatte auch das Maul offen. Selim Güngör, der Hafenkommandant, stand da, als sei ihm ein Scheunentor an den Kopf geflogen. Die schöne Zlatina hatte einen wogenden Busen, unter dem offenbar ihr Herz flatterte.

      Und Carberry? Der kriegte sich nicht mehr ein.

      „Hast du nichts Besseres zu tun, Mister Smoky?“ bölkte er den stämmigen Decksältesten an.

      „Soll der schöne Wein vielleicht ausfließen?“ brüllte Smoky zurück.

      „Scheiß doch auf den Wein!“ röhrte der Profos. „Wir haben verdammt andere Probleme!“ Der Profos hatte blaurot geschwollene Stirnadern, und sein Gesicht glich einer überreifen Tomate.

      „Steig mir doch in die Tasche!“ schrie Smoky.

      „Nimm deinen dusseligen Daumen aus dem Loch!“ brüllte Carberry.

      „Nein!“

      „Das ist ein Befehl!“

      „Du hast mir nichts zu befehlen! Hol lieber einen Eimer oder eine Balje, du Oberaffenarsch!“ donnerte Smoky.

      Carberry hüpfte sozusagen im Viereck. Der grinsende Ferris Tucker hingegen hatte einen Holzpflock entdeckt und befreite Smoky vom Faß.

      „Zieh deinen Stöpsel raus“, sagte er, „das Ding hier tut’s auch, da brauchst du keine Balje.“

      Smoky zog den Daumen zurück, und blitzschnell rammte Ferris den Pflock in das Schußloch. Er hämmerte mit dem Handballen nach, und damit war der Fall geregelt.

      „Danke“, sagte der dicke Kymet verstört.

      Ferris drehte sich zu ihm um. „Treten Sie lieber diesem Idioten da in den Hintern, der geschossen hat! Was soll überhaupt der ganze Zirkus? Meinen Sie, wir wollten Sie abmurksen oder was?“

      „Sie – Sie sind verhaftet!“

      „Verhaftet? Wir? Warum das denn?“ blaffte Ferris.

      „Weil Sie zu Igor Samoilows Mörderbande gehören!“

      Ferris Tucker trat einen Schritt auf den Dicken zu, der zurückwich. Einer der Milizsoldaten richtete die Pistole auf den Schiffszimmermann und stoppte ihn.

      Ferris blickte sprachlos zu Don Juan. Der nickte gleichmütig.

      „Eine Verwechslung, Ferris“, sagte er, „mir ist das eben klar geworden. Old Donegal hatte recht. Die halten uns für diese russischen Rabauken, weil wir deren Dubas segeln. Aber das wird sich klären lassen.“

      Nichts ließ sich klären. Sie landeten bei den anderen in dem Nebengewölbe, wo die leeren Fässer und Kisten standen. Allerdings nahm Smoky den Eimer mit dem Rotwein mit. Er fand, der stehe ihm zu. Schließlich hatte er verhindert, daß der Wein auslief.

      „Na bitte!“ erklärte Dan O’Flynn. „Hatte ich nicht gesagt, daß wir hier bald die nächsten von uns begrüßen könnten? Jetzt sind wir schon elf. Dann ist ja wohl hier demnächst die ganze Crew versammelt.“ Er blickte zu Don Juan. „Ihr hättet doch schon mißtrauisch werden müssen, als Mat und ich nicht zurückkehrten.“

      „Und ihr, als der Kutscher mit seiner Gruppe ausblieb“, entgegnete Don Juan. „Machen wir uns doch nichts vor: Wir sind alle elegant aufs Kreuz gelegt worden. Trotz allem glaube ich jedoch fest daran, daß sich der Irrtum aufklären läßt. Der dicke Kaufmann und der Hafenkommandant sind im Grunde anständige Männer. Um Schaden von ihrem Ort und den Bewohnern abzuwenden, haben sie zu einer List gegriffen, was ich ihnen kaum verübeln kann. Sie scheuten eine offene Auseinandersetzung, bei der es Verletzte und Tote gegeben hätte. Das spricht für sie. Sie sind keine wildgewordenen Eisenfresser, die aufs Blutvergießen scharf sind. So gesehen, finde ich es fast amüsant, wie sie uns hereingelegt haben.“

      „Na, ich weiß nicht“, murmelte Dan O’Flynn und kratzte sich hinter dem Ohr. „Matt und mir sagte der Dicke, wir seien Mordbrenner, Frauenschänder und Halsabschneider, und deswegen würden unsere Köpfe rollen.“

      „Logisch, daß er das sagte, er meinte damit ja auch Samoilow samt seiner Kerle“, erwiderte Don Juan. „Nur hatte ich den Eindruck, daß ihm wohl bereits erste Zweifel aufgestiegen sind. Er war darüber verwundert, einen Spanier in der vermeintlichen Russencrew anzutreffen, dann erschien Sir John, der uns nachgeflogen war, und krakeelte auf englisch los, was den Dicken noch mehr stutzen ließ, und als Smoky dann seinen Wein rettete und das Schußloch im Faß mit dem Daumen verstopfte, war Kymet vollends verwirrt.“

      „Den Schuß haben wir gehört. Was war da los?“ fragte Dan.

      Don Juan berichtete, was sich abgespielt hatte. Da ging das breite Grinsen um.

      „Alles in allem, so glaube ich jedenfalls“, fuhr Don Juan fort, „haben sich Kymet und Güngör Mordbrenner, Frauenschänder und Halsabschneider wohl anders vorgestellt. Ich schätze, keiner von uns hat es an Höflichkeit mangeln lassen, und das ist wahrhaftig kein Kennzeichen für eine Horde von Strolchen, wie sie Samoilow und seine Kerle darstellen. Zumindest Kymet muß dieser Unterschied aufgefallen sein.“

      „Hoffen wir’s“, sagte Dan skeptisch. „Ich konnte ihm erzählen, was ich wollte, er glaubte mir nicht, Güngör übrigens auch nicht. Allerdings kann ich mir vorstellen, daß der englischsprechende Sir John den Dicken stutzen ließ. Wie sollen Schwarzmeerpiraten an einen solchen Papagei gelangt sein, nicht wahr? Bin mal gespannt, wie’s weitergeht.“

      „Ich hab’ Durst“, erklärte Mac Pellew und schielte zu Smokys Eimer. „Hast du nicht auch Durst, Ed?“

      „Immer“, erwiderte der Profos.

      „Das schmeckt mir vielleicht!“ legte Smoky los und warf Carberry einen Wilden Blick zu. „Sagtest