Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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und riß ihn zurück.

      Der Generalkapitän rasselte die Stufen hinunter, prallte rücklings auf Carberry, nahm ihn mit und überkugelte sich mit ihm auf den Gangplanken.

      Über dieses Knäuel stürzten Matt und Stenmark, die nicht mehr abbremsen konnten.

      Die Wuhling war perfekt. Unten lag Carberry, über ihm Witold Woyda, und über ihnen, besser auf ihnen herum zappelten Stenmark und Matt Davies.

      Ein feines Durcheinander!

      Vier Leiber zuckten, vier Paar Beine trampelten um sich, vier Paar Arme schlegelten und boxten. Der Profos war am Röhren, Witold Woyda quiekte wie ein Ferkel, Matt Davies fluchte, und Stenmark knurrte wie die Bordhündin Plymmie, der jemand den Knochen klauen will.

      Witold Woyda langte kräftig in Matts scharfgeschliffenen Eisenhaken und steigerte sein Quieken zum Diskant. Es war so gellend, daß Matt das Fluchen vergaß. Zu diesem Zeitpunkt empfing Stenmark Carberrys Stiefelspitze unters Kinn, und sein Knurren erstarb abrupt. Dafür rutschte er seitwärts ab, und das war einer weniger, der auf Carberry und Witold Woyda herumturnte.

      Der Profos benutzte die Gelegenheit und stemmte sich mit der ganzen Kraft seines gewaltigen Körpers hoch, und zwar ruckartig. Und damit war er frei. Der Generalkapitän und Matt schnellten davon, als seien sie von einem Katapult abgefeuert worden. Matt krachte zwischen den Niedergang, Witold Woyda landete hinten im Gang, wo’s wieder zur Vorpiek ging. Aber da wollte er nie wieder hin.

      Wohin dann? Er fühlte sich wie eine in die Enge getriebene Ratte. Seine Augen zuckten hin und her. Die einzige Rettung war der Niedergang, aber von dort wälzte sich das Ungeheuer auf ihn zu, groß und drohend und zähnefletschend.

      „Nein!“ schrie Witold Woyda. Und noch einmal: „Nein!“

      „Doch!“ sagte Carberry mit klirrender Wut. Die Verneinung in den beiden Worten hatte er sehr wohl verstanden. Und seine Rechte schoß vor, dieser fürchterliche Hammer, der die fegende Wucht eines Orkans hatte.

      Witold Woyda hatte den Bruchteil einer Sekunde den Eindruck, sich im Zentrum einer Explosion zu befinden.

      Das war auch alles, was er empfand.

      Daß er zurück bis zur Vorpiek flog, spürte er schon nicht mehr. Carberry sammelte ihn dort auf und trat erneut und wie gehabt den Marsch zum Niedergang an.

      Dort polterte ein Stiefelpaar die Stufen hinunter und mußte Matt Davies ausweichen, der sich gerade taumelnd aufrichtete.

      Hasard!

      Er blickte seinen Profos an, dann glitt sein Blick zu dessen rechter Faust, die das schlappe Bündel von Generalkapitän am Genick gepackt hatte.

      „Ihr habt wohl Ärger gehabt, wie?“ fragte Hasard.

      „Nicht die Bohne, Sir“, brummte der Profos und wich den eisblauen Augen aus. „Äh – da war nur die Sache mit der verdammten Perücke, Sir, mehr war wirklich nicht, ehrlich, na ja, er wollte ein bißchen ausbüxen und so, und da mußte ich ihn stillegen …“ Der Profos verstummte und schielte zu Stenmark, der sich zum Sitz aufgerappelt hatte, sein Kinn betastete und etwas ächzte. „Weiß gar nicht, was der hat“, murmelte der Profos.

      „Was war mit der Perücke, Mister Carberry?“ fragte Hasard sanft.

      „Mit der Perücke? Ach so, ja!“ Der Profos kratzte sich links hinter dem Ohr. „Ja, jetzt fällt’s mir wieder ein. Also, die Perücke, die hatte dieser Affe doch glattweg verloren. Aber schön war die ja sowieso nicht mehr, nicht? Ich meine …“ Carberry verstummte wieder.

      „Ja?“ fragte Hasard, und seine Stimme war weiterhin sanft.

      „Ja“, murmelte Carberry und schlenkerte den Generalkapitän ein bißchen hin und her, „ich – ich meine, daß Plymsons Perücken schöner sind und so. Findest du nicht auch, Sir?“

      „Das mag schon sein“, sagte Hasard freundlich, „aber ich verstehe immer noch nicht, was an einer Perücke, die jemand verloren hat, so aufregend sein soll. War da nicht noch mehr?“

      „Äh – hm. Wie soll ich das verstehen, Sir?“ Der arme Carberry starrte seinen Kapitän unglücklich an.

      „Nun, ganz einfach“, sagte Hasard. „Witold Woyda hatte seine Perücke verloren, gut. Und was geschah dann?“

      „Dann? Du meinst, nachdem er sie verloren hatte?“

      „Richtig, mein Guter.“

      Carberry zuckte zusammen. Er mochte es gar nicht, wenn ihn jemand „mein Guter“ nannte, und jetzt sagte das auch noch sein Kapitän.

      „Ja.“ Carberry ächzte. „Wie war das doch gleich? Warte mal. Also, er hatte sie verloren, aber das war mir entgangen.“

      „Aha. Und weiter?“

      „Äh – Matt und Sten war das nicht entgangen, nicht wahr, Matt?“ Carberry schielte zu Matt Davies, der hinter Hasard am Niedergang stand. „Sag doch auch mal was, Mister Davies!“

      „Na ja“, sagte Matt etwas bedrückt, „ich hab die Perücke durch deine Beine geschossen, Mister Carberry, aber das war bestimmt keine Absicht gewesen, das könnte ich beschwören …“

      Hasard drehte sich zu ihm um. „Durch Mister Carberrys Beine geschossen? Wie das?“

      „Sten und ich haben mit dem verdammten Ding gespielt. Wir gingen ja hinter Mister Carberry. Mit dem Fuß haben wir die Perücke immer ein Stückchen weitergestoßen, und da ist sie auf einmal bei Mister Carberry durch die Beine gesaust, was ihn sehr erstaunt hat, weil er nicht wußte, was das war. Und da hat er den Woyda fallen lassen, sich zu uns umgedreht und gefragt, was das gewesen sei. Wir haben’s ihm erklärt, und währenddessen ist der Hundesohn zum Niedergang getürmt. Aber da hat ihn Mister Carberry gleich wieder an den Beinen gehabt. Das war alles.“

      „Soso. Und woher stammt die Beule auf deiner Stirn?“

      „Ich glaube, ich bin hier gegen den Niedergang gekracht“, murmelte Matt Davies. Er fuhr mit den Fingern über die Beule, Stenmark betastete immer noch sein Kinn, und Carberry schlenkerte wieder aus lauter Verlegenheit den Generalkapitän hin und her. Normalerweise wäre jeder davon seekrank geworden, aber Witold Woyda befand sich ja jenseits der rauhen Wirklichkeit.

      Hasard sagte: „Das Gebrüll, Geschrei und Gefluche war oben an Deck nicht zu überhören. Daraus war zu schließen – wenn man mit solchen Geräuschen vertraut ist –, daß hier unten gewisse Klosterbrüder – der Ausdruck stammt übrigens von Mister Carberry – bestimmt keine Gebetsstunde abhielten. Nun, ich hatte Mister Carberry ja gewarnt. Daß sich allerdings zwei Klosterbrüder damit beschäftigen würden, eine Perücke als Spielball zu benutzen, statt auf den Gefangenen zu achten, und daß der dritte Klosterbruder dann sein Interesse auch noch diesem Spielobjekt zuwendet, statt den Gefangenen am Wickel zu halten, das ist schlechterdings unfaßbar.“ Der Kapitän musterte seine drei Helden mit jenem Blick, der alles zu Eis gefrieren ließ. „Man sollte meinen, ihr werdet wieder kindisch. Dabei habe ich eher den Eindruck, daß ihr nachlässig werdet. Hatte euch noch nicht genügt, daß Gary Andrews außenbords gegangen war und eine endlose Zeit verging, bis das von euch überhaupt zur Kenntnis genommen wurde? Ihr solltet einen Mörder an Deck bringen – ich wiederhole: einen Mörder! Was muß noch passieren, damit endlich euer verdammter Schlendrian aufhört?“

      Sie starrten auf ihre Stiefelspitzen, die Köpfe gesenkt und sehr stumm.

      „Was mich freut“, fuhr Hasard fort, „ist immerhin die Tatsache, daß zwei Männer sofort an den Niedergang sprangen und sich dort mit gezogenen Pistolen aufbauten, als der Krach hier unten losging. Es waren Dan O’Flynn und Batuti. Dan sagte: Unser alter Profos scheint in Schwierigkeiten zu sein – dieser Affenarsch!“

      Carberry zuckte zusammen. Das war ihm heute schon zweimal passiert.

      Und dann knurrte er: „Ich war aber nicht in Schwierigkeiten, verdammt noch mal! Hier ist der Beweis!“ Und er schwenkte den weggetretenen Generalkapitän mühelos mit ausgestrecktem Arm auf und ab. „Der