Seewölfe Paket 18. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397761
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vollbusige Flaggschiff, und warf einen schmelzenden Blick hinüber zu Little Ross.

      Schau an, dachte Hasard, da bahnt sich tatsächlich zwischen den beiden etwas an. Manchmal sagt man dazu: Liebe auf den ersten Blick. Ja, bei Gwen O’Flynn und ihm war das ähnlich gewesen – damals, als sie sich vor dem Eingang des Haupthauses der Feste Arwenack zum ersten Male begegnet waren. Er schaute zur Kuhl hinunter, wo seine beiden Jungen standen. Der Schreck durchfuhr ihn. Natürlich, sie hatten die Lauscher aufgestellt und alles mitgehört, auch die teilweise heiklen Passagen des Gesprächs, die keineswegs für ihre Ohren bestimmt waren. Jetzt arbeitete es in ihren Köpfchen.

      Beklommen dachte er, daß es Zeit wurde, mit ihnen über ein gewisses Thema zu sprechen. Wie er das aber anpacken sollte, war ihm absolut unklar. Vielleicht wußte Big Old Shane einen Rat.

      Er verdrängte die Gedanken und wandte sich wieder den Ladys zu, die ihn erwartungsvoll anblickten.

      „Also“, sagte er, „Little Ross hat die Absicht, hier an der Westküste Floridas in einem Ort namens Sarasota einen Ausschank zu eröffnen. Er kennt dort jemanden, der aus Zuckerrohr Schnaps zubereitet. Für die Zukunft scheint er sich gute Chancen zu versprechen, denn er meint, Florida sei ein aufblühendes Land. Ich selbst könnte mir ebenfalls vorstellen, daß sich Menschen aus der Alten Welt hier ansiedeln. Nun gut, mehr möchte ich dazu nicht sagen, um eure Entscheidung nicht zu beeinflussen. Little Ross ist der Ansicht, auch ihr könntet euch in Sarasota eine neue Existenz aufbauen, wobei er euch behilflich sein will. Wo ein Ausschank eröffnet wird, werden sich bald auch Gäste einstellen, die bewirtet werden möchten. Damit wäre ein Anfang gemacht. Was ihr im einzelnen für eine Tätigkeit ausüben wollt, müßt ihr selbst entscheiden – vorausgesetzt, ihr seid mit dem Vorschlag von Little Ross einverstanden. Wir würden euch dann mit ihm in Sarasota an Land setzen. Vielleicht begleiten euch die beiden Schwarzen, die Mardengo als Sklaven auf die Pirateninsel verschleppt hatte. Sicherlich wird unser Schiffszimmermann euch Werkzeug mitgeben können. Auch Waffen können wir euch überlassen. An ein paar Fässern guten spanischen Rotweins sollte es ebenfalls nicht mangeln. Die zweigen wir von unseren Bordvorräten ab. Aber ich rede schon zuviel. Überlegt euch den Vorschlag. Ich schätze, daß wir gegen Mittag Sarasota passieren. So, das wär’s.“ Hasard lächelte die Ladys an und wollte zur Kuhl abentern.

      Da hob Ilaria die Hand und erklärte resolut: „Hier wird gar nicht erst lange drum herum geredet und debattiert. Hand hoch, wer für den Vorschlag von Little Ross ist!“

      Dolores’ Hand war noch schneller oben als Ilarias Hand, ebenso spontan stimmten die vier anderen Ladys zu, mit blitzenden Augen und energischen Mienen.

      Donnerwetter, dachte Hasard überrascht. Er hatte angenommen, es würde zwischen den Ladys ein langes Palaver und Hin und Her geben, statt dessen hatten sie sich blitzschnell entschieden, und zwar einstimmig. Keine hatte irgendwelche Einwendungen gehabt.

      „Ihr geht ja mächtig scharf ran“, sagte Hasard.

      „Das ist so unsere Art“, sagte Ilaria keck.

      „Werd mir’s merken, wenn wir euch mal wieder einen Besuch abstatten sollten“, brummte Hasard.

      Little Ross grinste von einem Ohr zum anderen.

       4.

      Hasard starrte skeptisch auf die Seekarte, die ihm für die Westküste Floridas zur Verfügung stand. Ein Ort namens Sarasota war dort nicht eingezeichnet. Seine Schätzung, sie würden Sarasota gegen Mittag passieren, beruhte lediglich auf der Aussage von Little Ross, der Ort liege südlich der Tampa Bay. Diese Bucht mit dem gleichnamigen Hafen war auf der Karte eingetragen. Nach seinen Berechnungen, die er am Morgen angestellt hatte, würden sie die Bucht von Tampa am frühen Nachmittag erreichen – insofern hatte er schlicht über den Daumen gepeilt und behauptet, gegen Mittag am Ziel zu sein.

      „Möchte wissen, wo dieses verdammte Kaff liegt“, sagte er verärgert zu Dan O’Flynn, der sich mit ihm im Ruderhaus der „Isabella“ über die ausgebreitete Karte beugte. „Oder der Kerl hat uns mal wieder einen Bären aufgebunden.“

      „Die Ponce-de-León-Bucht mit der Quelle hatte er aber lagemäßig exakt angegeben“, sagte Dan O’Flynn.

      „Erinnere mich bloß nicht an diese elende Quelle“, murmelte Hasard.

      Dan O’Flynn grinste. „Daß Mardengo ein Versteck auf einer der Inseln unten an der Südspitze Floridas hatte, stimmte auch. Insofern kannst du also Little Ross nichts vorwerfen. Ich schlage vor, wir zeigen ihm die Karte. Dann kann er uns ja sagen, wo der Ort liegt.“

      Hasard nickte. „Gut, ruf ihn. Und sag ihm gleich, daß ich ihm den Hals umdrehe, wenn er uns was vorgesponnen hat. Was hältst du von ihm?“

      „Ein komischer Kauz“, erwiderte Dan.

      „Komischer Kauz ist noch gelinde ausgedrückt“, sagte Hasard grimmig. „Der hat es faustdick hinter den Ohren – dieser Bruder von sechs Schwestern!“

      Dan O’Flynn lachte und verließ das Ruderhaus, um Little Ross zu holen. Minuten später erschien er mit ihm. Little Ross war auf der Kuhl bereits dabei gewesen, das Werkzeug, das ihm Ferris Tucker zugeteilt hatte, in der Jolle zu verstauen. Drei Weinfässer waren ebenfalls schon an Deck gehievt worden.

      Hasard musterte den klotzigen Kerl mit einem vernichtenden Blick, deutete auf die Karte und sagte: „Wo liegt die Schnapsdestille, Freundchen? Zeig’s mir mal. Und wenn du uns was vorgeflunkert hast …“

      „… drehst du mir den Hals um, Sir“, sagte Little Ross. „Mister O’Flynn hat mir’s verkündet, und es betrübt mich zutiefst, Sir, daß du so mißtrauisch bist und mir nicht glaubst. Dabei bin ich ein durch und durch ehrlicher Mensch …“

      „Red nicht so viel!“ knurrte Hasard. „Wo ist der Ort?“

      Little Ross beugte sich über die Karte, nahm den Zirkel, der darauf lag, fuhr mit der Spitze von Tampa aus südwärts und tippte mit ihr auf eine kleinere Bucht, die etwa fünfzehn Meilen unter der Tampa Bay lag.

      „Hier, Sir“, sagte er, schränkte das aber gleich ein und fügte hinzu: „Das weiß ich von Kapitän Fogg, der von der Bucht geschwärmt hat. Darum hab ich mir das so genau gemerkt. Dort würde er seinen Lebensabend beschließen, hat er gesagt. Nur dort. Und er hat mir auch von Joseph Jelly und seinem Schnaps erzählt – das schwöre ich beim Leben meiner sechs Schwestern!“

      Hasard stieß einen Zischlaut aus. Jetzt kam der wieder mit seinen sechs Schwestern daher, dieser Hundesohn!

      „Wenn wir nicht auf diesen Schnapskerl stoßen“, sagte Hasard grollend, „bist du dran, Mister Ross!“

      „Und wenn er nicht mehr unter den Lebenden weilt, Sir?“ fragte Little Ross vorsichtig.

      „Dann bist du auch dran“, sagte Hasard. „Es sei denn, wir finden noch Schnaps oder die Gerätschaften, die er zum Brennen braucht – oder seine Leiche. Mal sehen. War der Ort namentlich auf Kapitän Foggs Karte verzeichnet?“

      „Aye, Sir. Seine Karte war besser als deine. Vor der Sarasota Bay waren, dem Küstenverlauf folgend, lange Sandbänke eingezeichnet …“

      Hasard fuhr hoch. „Sandbänke? Und das sagst du erst jetzt, Himmel, Arsch und sonst was! Wie sollen wir uns da in diese verdammte Bucht mogeln? Etwa stundenlang loten, oder was?“

      Little Ross grinste. „Sir, du bist unnötig erregt!“

      „Aha! Und weiter?“ blaffte Hasard. Er sah die „Isabella“ bereits wieder auf Dreck sitzen – wie vor Pirates’ Cove. Und das reichte ihm allmählich.

      „Sir“, sagte Little Ross und feixte weiter. „Kapitän Fogg erzählte mir, Joseph Jelly habe die Einfahrt zwischen zwei Sandbänken markiert, damit auch jeder zu ihm fände, der bei ihm ein Schnäpschen trinken wolle. So einfach ist das.“

      „Mit was markiert?“ fauchte Hasard.

      „Mit zwei leeren Schnapsfässern,