1913
John B. Watson veröffentlicht Psychology as the Behaviorist Views It (Psychologie, wie sie der Behaviorist sieht), ein Text, der zum inoffiziellen Manifest des Behaviorismus werden sollte.
1927
Iwan Pawlows Experimente mit Hunden zur klassischen Konditionierung bringen einen Nebeneffekt mit sich: den Beginn der Nocebo-/Placeboforschung.
1930
Zing-Yang Kuo unternimmt Versuche an Katzen und Ratten, um zu zeigen, dass es so etwas wie Instinkt nicht gibt.
1898
Edward Thorndikes Gesetz der Wirkung besagt, dass Reaktionen, die für den Menschen erfolgreich sind, mit höherer Wahrscheinlichkeit erneut auftreten.
1920
John B. Watson demonstriert durch Experimente mit dem »kleinen Albert«, dass auch emotionale Reaktionen konditionierbar sind.
1929
Karl Lashley experimentiert mit Ratten, denen er Teile des Gehirns entfernt. Er weist nach, dass das gesamte Gehirn an Lernvorgängen beteiligt ist.
1930
B. F. Skinner entwickelt die Technik des »operanten Konditionierens« durch Versuche mit Ratten.
1935
Konrad Lorenz entdeckt das Phänomen der Prägung: Tierkinder akzeptieren ein »Elternteil« aufgrund von Sinneseindrücken, die sie während einer sensiblen Phase wahrnehmen.
1943
Clark L. Hull vertritt die Meinung, dass Triebreduktion (die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse) der Verstärkung zugrunde liegt.
1957
B. F. Skinners Verbal Behavior erscheint – mit der These, dass Sprache ein Verhalten ist, das denselben Gesetzen folgt wie jedes andere Verhalten.
1959
Noam Chomsky veröffentlicht eine kritische Rezension zu Skinners Verbal Behavior, die die sogenannte kognitive Wende einläutet.
1938
Edwin Guthrie stellt die These auf, dass Wiederholung für eine Konditionierung nicht erforderlich ist (»one-trial learning«).
1948
Edward Tolman zeigt in Cognitive Maps in Rats and Men, dass wir in unserem Alltag ständig kognitive Landkarten anfertigen.
1958
Joseph Wolpe behandelt Kriegsveteranen, die an einer »Kriegsneurose« leiden, mit der von ihm entwickelten Technik zur Desensibilisierung.
1960ER-JAHRE
Neal Millers Experimente regen die Entwicklung von Biofeedback-Verfahren an.
In den 1890er-Jahren hatte die Psychologie sich endgültig von ihren philosophischen Wurzeln gelöst und als eine eigene wissenschaftliche Disziplin etabliert. In Europa und in den USA waren Labore und Fakultäten entstanden, eine neue Generation von Psychologen trat auf den Plan.
In den USA wandten sich einige Psychologen, die die neue Disziplin auf eine objektive, wissenschaftliche Basis stellen wollten, gegen den introspektiven Ansatz, wie ihn William James und andere vertraten. Introspektion, so glaubten sie, sei grundsätzlich subjektiv, und Theorien, die darauf basierten, seien weder beweisbar noch widerlegbar. Eine Psychologie, die Wissenschaft sein wolle, müsse aber auf beobachtbaren und messbaren Phänomenen beruhen.
Diese Psychologen beschlossen, die Manifestation von Bewusstseinsvorgängen, sprich das Verhalten, unter streng kontrollierten Laborbedingungen zu erforschen. Frühe »Behavioristen« wie Edward Thorndike, Edward Tolman und Edwin Guthrie entwickelten ausgeklügelte Versuchsanordnungen, um das Verhalten von Tieren zu beobachten. Anhand der Ergebnisse stellten sie Theorien darüber auf, wie Menschen auf ihre Umwelt reagieren und wie Lernen, Gedächtnis und Konditionierung funktionieren.
Reaktionen sind konditionierbar
Die behavioristischen Experimente erinnerten an Versuche zur Erforschung physiologischer Prozesse. So verwundert es auch nicht, dass ein russischer Physiologe und Mediziner unwissentlich das Fundament für die im Entstehen begriffene behavioristische Psychologie lieferte: In seiner berühmten Studie über die Speichelsekretion bei Hunden beschrieb Iwan Pawlow, wie Tiere auf Reize reagieren. Diese Abläufe konnten sich zu Reflexen entwickeln, die Hunde ließen sich also »konditionieren«.
Psychologen, die diesem Ansatz folgten, konzentrierten sich fortan darauf, Reaktionen auf äußere Reize statt innere Bewusstseinszustände und -prozesse zu beobachten. Die Abkehr der Psychologie vom »Bewusstsein« und die Hinwendung zum »Verhalten« war revolutionär. Sogar ein behavioristisches »Manifest« gab es – den von John B. Watson 1913 publizierten Aufsatz Psychology as the Behaviorist Views It (Psychologie, wie sie der Behaviorist sieht, dt. 1968).
In den USA blieb der Behaviorismus 40 Jahre lang die vorherrschende Richtung. Watsons These, dass ausschließlich Umweltreize das Verhalten steuern und weder naturgegebene noch ererbte Faktoren eine Rolle spielen, geht letztlich auf Pawlows Modell der klassischen Konditionierung zurück.
Der radikale Behaviorist B. F. Skinner fasste dann mit seiner Theorie des »operanten Konditionierens« das Reiz-Reaktions-Schema neu: Verhalten werde durch seine Konsequenzen geformt, nicht von einem vorausgehenden Reiz ausgelöst. Obwohl Skinners Konzept den Ideen von William James ähnelte, veränderte es den Kurs des Behaviorismus radikal, weil es auch genetische Faktoren berücksichtigte und Bewusstseinszustände als Ergebnisse (statt als Ursache) von Verhalten erklärte.
Die »kognitive Wende«
Um die Mitte des 20. Jahrhunderts stellten Psychologen den behavioristischen Ansatz zunehmend infrage. Die Verhaltensforschung wies die Bedeutung sowohl des instinktiven als auch des erlernten Verhaltens nach – ein Befund, der schlecht zur reinen Lehre der Konditionierung passte. Noam Chomskys Reaktion auf Skinners Ideen gab dann den entscheidenden Anstoß zur sogenannten kognitiven Wende. Sie führte dazu, das sich der Fokus vom Verhalten wieder auf das Bewusstsein und auf Bewusstseinsprozesse verlagerte. Eine Schlüsselfigur dieser Phase war Edward Tolman, ein Behaviorist, der sich für die in Deutschland entstandene Gestaltpsychologie interessierte und daher auch Wahrnehmungs- und Erkenntnisvorgänge einbezog. Auch die Fortschritte der Neurobiologie, mit denen sich der Behaviorist Karl Lashley auseinandersetzte, spielten eine Rolle bei dieser Neuorientierung.
Die Zeit des Behaviorismus war damit abgelaufen. An seine Stelle traten nun verschiedene Strömungen der kognitiven Psychologie. Sein Vermächtnis jedoch, das vor allem in der Entwicklung einer wissenschaftlichen Methodologie und praktikabler Modelle für psychologische Versuche bestand, war von Dauer. Auch die Verhaltenstherapie wird – als ein wesentliches Element der kognitiv-behavioralen Psychotherapie – bis heute praktiziert.
DER ANBLICK SCHMACKHAFTER SPEISEN