Homilien über den Brief an die Hebräer. Johannes Chrysostomos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johannes Chrysostomos
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849660178
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werde, wann aber, hab’ ich nicht beigefügt, weil ich euch in steter Sorge erhalten will. Da soll auch Keiner sagen: Ich habe Dieses vor vier oder fünf oder mehreren Wochen gehört und kann es nicht behalten. Denn ich will, daß der Zuhörer, was er vernommen, mit unvergeßlichem und treuem Gedächtnisse festhalte und das Gesagte nicht schnöde von sich weise. Denn ich verlange, daß ihr es behalten sollet, nicht um mir zu antworten, sondern um daraus Nutzen zu ziehen, und Das ist meine wichtigste Sorge. Nachdem euch nun das zum sichern Behalten Erforderliche mitgetheilt worden, müssen wir weiter mit Dem beginnen, was der Ordnung nach folgt. Was liegt uns nun heute als Redestoff vor? „Denn nicht Engeln,“ sagt er, „hat Gott die zukünftige Welt unterworfen, von der wir predigen.“ Spricht er da von irgend einer anderen Welt? Nein, sondern von dieser; denn darum setzt er hinzu: „von der wir predigen,“ damit er den Geist nicht veranlasse, sich verirrend nach einer andern zu suchen. Wie aber nennt er sie eine zukünftige? Wie er auch anderwärts spricht: „Der ein Vorbild des Zukünftigen ist,“66 da er im Briefe an die Römer von Adam und von Christus redet, und in Bezug auf die Zeiten Adams Christum nach dem Fleische zukünftig heißt, wie er es ja war; so auch jetzt, da er sagt: „Und wenn er den Erstgebornen abermal in die Welt einführt,“ damit du dich überzeugest, er meine keine andere Welt, was aus vielen anderen Zeugnissen klar ist, und weil er sie zukünftig nennt; denn diese Welt war zukünftig, der Sohn Gottes aber war immer da. Diese zukünftige Welt nun hat er nicht Engeln unterworfen, sondern Christus. Daß aber zum Sohne die Worten gesprochen seien, ist offenbar, und es wird Niemand die Behauptung aufstellen, sie seien zu Engeln geredet. Dann führt er ein anderes Zeugniß an mit den Worten: „Bezeugt hat aber irgendwo Einer und gesagt.“ Warum aber nennt er den Namen des Propheten nicht, sondern verschweigt ihn? Dasselbe thut er auch bei anderen Zeugnissen, da er z. B. sagt: „Und wenn er den Eingebornen abermal in die Welt einführt, spricht er: Es sollen ihn anbeten alle Engel Gottes;“ und wieder: „Ich werde ihm Vater sein. Und in Bezug auf die Engel sagt er zwar: Er macht seine Engel zu Winden; zum Sohne aber: Du hast im Anfang, oHerr, die Erde gegründet!“ So sagt er auch hier: „Bezeugt hat aber irgendwo Einer und gesagt.“ Aber eben Dieses, daß er so stillschweigend den Namen Desjenigen wegläßt, von dem das Zeugniß herrührt, und daß er dasselbe als allgemein verbreitet und bekannt einführt, ist meines Erachtens ein Beweis von ihm dafür, daß sie sehr schriftkundig waren. „Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, oder der Menschensohn, daß du nach ihm siehst? Du hast ihn ein wenig unter die Engel verringert;“

       7. 8. mit Ruhm und Ehre ihn gekrönt und ihn gesetzt über die Werke deiner Hände: Alles hast du seinen Füßen unterworfen.

       II.

      Obgleich diese Worte in Bezug auf die gesammte Menschheit gesprochen sind, so passen sie doch vorzugsweise auf Christus dem Fleische nach; denn die Worte: „Alles hast du seinen Füßen unterworfen“ finden viel eher hinsichtlich seiner als unser ihre rechte Bedeutung. Denn der Sohn Gottes hat uns, die wir Nichts waren, angesehen, und da er unsere Natur angenommen und sich mit uns vereiniget hat, ist er über Alles erhaben. „Denn da er ihm Alles unterworfen hat, hat er Nichts gelassen, was ihm nicht unterworfen wäre. Jetzt wohl sehen wir noch nicht, daß ihm Alles unterworfen ist.“ Diese Worte haben folgenden Sinn: Da er gesagt hatte: „Bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße gelegt habe,“ waren sie begreiflicher Weise noch traurig. Nachdem er nun etliche Worte zwischeneingeschoben, bekräftigt er jenes Zeugniß, indem er Dieses (V. 8) noch beifügt. Damit sie nämlich nicht sagen könnten: Wie hat er denn die Feinde unter seine Füße gelegt, da doch wir so viele Leiden erdulden? hatte er schon im Vorhergehenden die hinlängliche Andeutung gegeben. Denn durch jenes „bis“ wollte er anzeigen, daß Dieß nicht gleich, sondern in der Zeit geschehen werde; hier verfolgt er die Sache nun weiter. Glaube ja nicht, will er sagen, daß sie, da sie noch nicht unterworfen sind, auch nicht unterworfen werden; denn daß sie unterworfen werden müssen, ist klar; darum ist ja die Weissagung ausgesprochen worden. „Denn da er ihm Alles unterworfen hat,“ heißt es, „hat er Nichts belassen, was ihm nicht unterworfen wäre.“ Wie ist ihm nun nicht Alles unterworfen? Weil es ihm erst in der Zukunft unterworfen wird. Da ihm also Alles unterworfen werden muß, aber noch nicht unterworfen ist, betrübe dich nicht und lasse dich nicht beunruhigen. Denn wenn du, falls das Ende gekommen und Alles unterworfen sein würde, diese Leiden zu erdulden hättest, dann könntest du mit Recht schmerzlich berührt sein; nun aber sehen wir noch nicht, daß ihm Alles unterworfen ist: noch ist der König nicht im Vollbesitze der Herrschaft; warum bist du bestürzt, wenn du zu leiden hast? Noch hat das Evangelium nicht Alle überwunden, noch ist die Zeit der gänzlichen Unterwerfung nicht da. - Sodann folgt wieder ein anderer Trostgrund: sogar Derjenige, dem Alle unterworfen sein werden, ist selbst nach unsäglichen Leiden gestorben.

      9. Den aber, welcher ein wenig (βραχύ τι - auf ein Kurzes) unter die Engel erniedrigt ward, Jesum, sehen wir wegen Erleidung des Todes -

      Sodann fügt er wieder das Gute hinzu: „mit Ruhm und Ehre gekrönt.“ Siehst du, wie Paulus ihm Alles anpaßt? Denn auch das „ein wenig“ paßt eher auf ihn, der nur drei Tage zur Hölle hinabstieg, nicht aber auf uns, die wir so lange Zeit leiden. Ebenso können die Worte: „mit Ruhm und Ehre“ viel mehr in Bezug auf Jenen als auf uns gebraucht werden. Er erinnert sie wieder an das Kreuz und strebt damit ein Zweifaches an, erstens, um (uns) seine große Sorgfalt zu zeigen, dann sie zu ermuntern, im Hinblicke auf den Meister Alles standhaft zu dulden. Denn wenn Derjenige, welcher von den Engeln angebetet wird, will er sagen, es ertrug, deinetwegen ein wenig unter die Engel verringert zu sein, wirst um so mehr du, der du geringer als die Engel bist, seinetwegen Alles ertragen müssen. Sodann zeigt er, daß das Kreuz ein Ruhm und eine Ehre ist, wie der Herr auch selbst das Kreuz als einen Ruhm mit den Worten bezeichnet: „Es kommt die Stunde, daß der Menschensohn verherrlicht werde.“67 Da nun Jener Das, was er um der Knechte willen gelitten, einen Ruhm nennt, wirst du um so mehr Das so nennen müssen, was du um des Herrn willen erträgst. Siehst du, wie groß die Frucht des Kreuzes ist? Fürchte die Sache nicht; dir scheint sie zwar traurig zu sein, sie ist aber die Quelle unzähliger Freuden. Dadurch macht er den Nutzen der Versuchungen klar. Dann sagt er: „Damit er nach Gottes Gnade für Alle den Tod verkoste.“ „Damit nach Gottes Gnade,“ heißt es; denn Jener hat um der Liebe willen, die Gott zu uns hat, Dieses gelitten: „Er, der selbst seines eingeborenen Sohnes nicht geschont, sondern ihn für uns alle dahin gegeben hat.“68 Warum? Er war uns Dieses nicht schuldig, sondern that es aus Gnade. Und wieder sagt er im Briefe an die Römer: „So ist um so mehr die Gnade Gottes und die Gabe durch die Gnade eines einzigen Menschen Jesus Christus (den) Mehreren im Überflüsse zu Theil geworden.“69

      „Damit er nach Gottes Gnade für Alle den Tod verkoste,“ nicht für die Gläubigen allein, sondern für den ganzen Erdkreis; denn er ist für Alle gestorben. Wie verhält es sich aber, wenn nicht Alle glauben? Er hat Alles, was an ihm lag, erfüllt. Sehr treffend heißt es: „Damit er für Alle den Tod verkoste.“ Es heißt nicht: Damit er sterbe; denn er hat in Wahrheit den Tod nur verkostet; so kurz war die Zeit von seinem Tode bis zu seiner Auferstehung. Durch die Ausdrucksweise: „wegen Erleidung des Todes“ hat er den wirklichen Tod angezeigt, durch die Worte aber: „besser als die Engel“ die Auferstehung kund gethan. Denn gleichwie ein Arzt nicht verpachtet ist, die für den Kranken bereiteten Speisen zu versuchen, aber aus Sorge für ihn selber verkostet, damit er dem Kranken Muth mache, zu essen: so hat auch Christus selbst, da die Menschen vor dem Tode sich scheuten, um ihnen die Todesfurcht zu benehmen, den Tod, ohne zu müssen, verkostet. „Denn es kommt,“ sagt er, „der Fürst dieser Welt, aber er hat Nichts an mir.“70 In gleichem Sinne sind hier die Worte: „nach Gottes Gnade“ und: „Damit er für Alle den Tod verkoste“ gebraucht.

       10. Denn es ziemte sich, daß Der, um dessen willen alle Dinge und durch welchen alle Dinge sind, da er viele Kinder zur Herrlichkeit führen wollte, den Urheber ihres Heiles durch Leiden zur Vollendung brächte.

       III.

      Hier spricht er vom Vater. Siehst du, wie er