Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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ihn im Zweifelsfall für einen Landsmann halten. Luke verstand sich vorzüglich darauf, den Dialekt von Katalonien zu imitieren, das machte ihm nicht einmal Ben Brighton nach, der ja schon bei den Dons gefahren war.

      Luke hatte sich eine Mütze übergestülpt und fast bis zu den Ohren heruntergezogen. Unter dem Rand der Kopfbedeckung lugten schwarze Haare hervor.

      „Du hast also nach wie vor keine Bedenken, Luke?“ fragte ihn Hasard.

      „Warum wohl, Sir?“ erwiderte Luke. „Sieht man mir den Kahlschlag etwa noch an?“

      „Nein“, stieß jetzt der Profos verdutzt aus. „Sag mal, wie sind dir denn so schnell die Haare nachgewachsen, du Hering?“

      „Der Kutscher hat geholfen …“

      „Wie denn? Mit einer seiner Wundersalben?“ rief Carberry. „Oder hat er dir Garn aufgenäht? Ho, das wäre doch Will Thornes Arbeit gewesen!“

      Luke preßte die Lippen zusammen. Er war jähzornig veranlagt und konnte leicht aus der Haut fahren, aber er wußte auch, daß er es nicht tun durfte. Nicht Carberry gegenüber. Nicht in diesem Moment. Es gab Wichtigeres. Deshalb antwortete er mühsam beherrscht: „Die Haare sind am inneren Mützenrand angeklebt.“

      „Sind das echte?“ wollte Jeff Bowie wissen. „Mann, woher habt ihr die bloß gekriegt? Wem habt ihr die ausgerissen?“

      „Sei still!“ fuhr Sam Roskill ihn an. „Laß Luke in Ruhe.“

      Damit war die Sache vorerst erledigt. Der Seewolf ließ alle Segel aufgeien und so Fahrt aus dem Schiff nehmen. Als die „Isabella“ in der Bucht im Wind lag, fierten Bob, Jeff, Stenmark und der Gambia-Mann an Steuerbord ein Beiboot ab. Wenig später enterten der Schwede und Batuti mit Blacky, Al, Sam, Luke, Dan und Matt Davies an einer Jakobsleiter ab, setzten sich in das Boot und pullten zum Ufer.

      Die an Bord Zurückbleibenden sahen ihnen nach. Ihre Mienen waren ernst, sie wußten, daß sie die Kameraden vielleicht nie wiedersehen würden – wenn etwas schiefging. Insgeheim drückten sie die Daumen, daß das nicht geschah, sondern daß alles zumindest halbwegs glatt verlief.

      Die sechs waren an Land und stiegen den nächstliegenden Hang hinauf. Ihre Gestalten verschmolzen mit der zunehmenden Dunkelheit. Sie erreichten eine Kuppe, winkten Hasard und den anderen auf der „Isabella“ noch einmal zu, dann waren sie verschwunden.

      Stenmark und Batuti kehrten mit dem Boot zur Galeone zurück. Jeff drehte sich unterdessen zum Kutscher um und sagte: „’raus mit der Sprache, Kutscher, jetzt kannst du ja auspacken. Woher stammen Lukes neue Haare?“

      Der Kutscher druckste eine Weile herum, aber dann rückte er doch damit heraus. „Ich habe eben nur mal kurz Arwenack in die Kombüse geholt und kräftig abgebürstet. Da kam allerhand zusammen.“

      Die Männer krümmten sich vor Lachen. Jeff Bowie prustete mit hervorquellenden Augen, hatte aber das Pech, in der Nähe von Carberry zu stehen und ausgerechnet dem ins Gesicht zu prusten.

      Der Profos wischte sich mit der Hand übers Gesicht. „Bowie, du Wasserspeier, reiß dich am Riemen“, herrschte er den Hakenmann an. „Ich brauche deine Spucke nicht. Wenn ich baden will, kann ich das allein besorgen. Los, ihr Heringe, hievt das Beiboot hoch! Was steht ihr ’rum und haltet Maulaffen feil? Wird’s bald, ihr Rübenschweine, ihr triefäugigen Wanderratten?“

      Er fuhr in seiner Aufzählung zoologischer Beinamen fort, und die Crew begann, sich um das Beiboot zu kümmern. Stenmark und der schwarze Goliath waren aufgeentert und halfen jetzt mit, die Jolle hochzuhieven und binnenbords zu schwenken.

      Vorläufig blieb die „Isabella“ in der langgezogenen Bucht liegen. Hasard ließ seinen sechs Männern an Land die Zeit, die sie benötigten, um sich durch das Hügelland bis nach Manila zu pirschen.

      Eine Stunde ließ er verstreichen, dann segelte die große Galeone, langsam wieder aus der Bucht. Nur das Großsegel und die Fock wurden gesetzt, dann noch die Blinde, um besser den Kurs halten zu können.

      Langsam schlich der Todfeind Spaniens vor dem immer noch aus Nordosten wehenden Wind an der Küste von Luzon entlang.

      Der Marsch durch das vegetationsreiche Hügelland von Luzon verlief ohne Komplikationen. Aber als die sechs Seewölfe nach etwa einer Stunde eine bewaldete Kuppe erreicht hatten, von der aus sie die Stadt unter sich liegen sahen, mußten sie feststellen, daß es doch eine Schwierigkeit gab. Die einzige bisher, aber sie veranlaßte Matt Davies zu dem Ausspruch: „Hölle, da gibt es eine verdammt harte Nuß für uns zu knacken.“

      Sie versammelten sich zwischen den Baumstämmen und betrachteten ausgiebig, was sich dort unten dem Auge darbot.

      Ein Bild der Harmonie, die zum Verweilen einlud, zweifellos. Beleuchtet lag die Stadt am östlichen Rand der großen Bucht, die Lichttupfer verbanden sich am Ufer zu einer Kette, die diesen Teil des Küstenstreifens goldgerahmt erscheinen ließen. Gegenüber, auf einer Landzunge, waren weitere Häuser errichtet worden. Alles in allem schien Manila ein Platz des Frohsinns und großer Betriebsamkeit zu sein.

      Vor den Hafenanlagen, der Kaimauer und den Piers mit Schaluppen, Pinassen und Booten waren auf der Reede die Silhouetten der großen Segler zu erkennen. Dort waren sie, die Galeonen, auf die der Seewolf es abgesehen hatte, und dort drüben, im Westen, erstreckte sich die Mole, die die Zufahrt der Bahia de Manila zur See hin abschloß. Ein Bollwerk gegen wildwütende Stürme, gegen die Unbill der Natur. Nur gegen die?

      Befestigungsanlagen umkränzten auch die Stadt. Da war ein hoher Wall errichtet worden, der sich an den vier Ecken zitadellenähnlich hochtürmte. Eine kontinuierlich verlaufende Mauer, eine hermetische Abriegelung – wie sollte ein Ungebetener dort hineingelangen?

      „Der Teufel soll die Dons holen“, flüsterte Luke Morgan.

      „Meinst du, Verwünschungen bringen uns irgendwie weiter?“ sagte Dan O’Flynn.

      „Nein. Aber ich muß mir Luft machen. Was unternehmen wir jetzt?“

      Blacky wies nach Nordosten. „Ich kann da etwas erkennen, ganz schwach nur, aber ich glaube, das ist eine Straße, die auf eins der Stadttore zuführt.“

      „Gehen wir ’runter?“ fragte Sam Roskill.

      „Na sicher“, erwiderte Al Conroy. „Ich kann mir schon denken, was Blacky vorhat. Hochklettern können wir an der Stadtmauer nicht, und einfach an ein Tor klopfen und sagen ‚Hallo, da sind wir‘ geht auch nicht.“

      „Mit einem Trick könnten wir uns schon einschleichen“, widersprach Luke Morgan. „Es muß uns nur etwas Vernünftiges einfallen.“

      „Vielleicht haben die Wachen die Anweisung erhalten, alle Fremden auf Waffen zu durchsuchen“, sagte Dan O’Flynn. „Was dann, du Schlauberger?“

      Da wußte Luke Morgan mit seinem Latein auch nicht weiter. Er wartete darauf, welche Aktion Blacky ihnen vorschlagen würde. Binnen weniger Minuten hatten sie den Hügel verlassen und kauerten sich eine halbe Meile vom Nordosttor der Stadtmauer entfernt in ein Mangrovengebüsch.

      Blacky hatte sein Ohr auf den Untergrund gepreßt und lauschte. Nach Minuten, die wie kleine Ewigkeiten verstrichen, richtete er sich auf und sagte: „Da kommt was. Augen auf, Waffen ’raus und die Ohren gespitzt. Luke, hör zu, ich erkläre dir, was du zu tun hast.“

      Auf dem Kutschbock des von zwei weißen Büffeln gezogenen Zweiradkarrens, der sich kurz darauf dem Versteck der Seewölfe näherte, saßen zwei spanische Soldaten in Helm, Brustpanzer und Kürbishosen. Auf der Ladefläche transportierten sie den letzten Schub Mais, der an diesem Abend von den Feldern nahe der Stadt in die Stallungen der Kommandantur befördert wurde, Mais als Nahrung für Schlachtvieh.

      Die Soldaten entdeckten die auf dem Weg liegende Gestalt gleichzeitig. Der links sitzende Soldat hielt die Büffel an. Gehorsam verhielten die wuchtigen Tiere den Schritt und blickten stumpfsinnig auf den Mann hinunter, der da reglos auf der Seite ruhte.

      „Santa Madre de Dios, was ist denn mit dem passiert?“ sagte der rechts auf dem Bock befindliche