Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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vorbei stürmte plötzlich ein Pulk Soldaten.

      „Alarm!“ schrie jemand, wer, ließ sich nicht mehr feststellen. „Ein Überfall auf den Hafen! Zwei Schiffe sinken!“

      „Nichts wie hin!“ rief Luke, der vermeintliche Katalone.

      Sie ließen die Kompanie an sich vorbei, dann schlüpften sie in das festungsgleiche Haus. Al Conroy und Sam Roskill folgten ihnen auf einen Wink Blakkys hin. Dan O’Flynn und Matt Davies standen draußen Wache. Alle sechs hatten sie ihre bislang vorzüglich verborgenen Pistolen gezückt. Jeder führte zwei mit, darunter auch die kostbaren Modelle, die Dan von der „Sao Paolo“ mitgenommen hatte.

      Blacky, Luke, Al und Sam genossen in den Amtsstuben der Hafenverwaltung nahezu Narrenfreiheit. Jetzt, da die Wache abgerückt war, brachen sie Schränke, Pulte, Truhen und Kästen auf. Leider ohne Erfolg. Blacky lief auf einen Flur hinaus, entdeckte eine Treppe und nahm die Stufen, ohne zu zögern.

      Das große Zimmer, in das er wenig später im Obergeschoß eindrang, barg mehrere Überraschungen zugleich. Da war einmal der bärtige Mann, der gerade in seine Uniform stieg und fürchterlich fluchte. Seiner Montur nach konnte er nur der Hafenkapitän von Manila sein. Blacky und die hinter ihm hereinstürmenden Luke, Al und Sam verzichteten darauf, sich vorzustellen. Sie hatten viel mehr für die zarten Ladys übrig, die sich gerade kreischend zurückzogen – drei an der Zahl. Sie waren die zweite Überraschung – leicht und offenherzig gekleidete, von der Natur großzügig bediente Mätressen für die Silvesternacht.

      Die dritte Überraschung war ein Vitrinenschrank, der Schriftrollen barg. Blacky hielt den erstarrenden Kapitän in Schach. Luke warf den davoneilenden Frauenzimmern noch einen entsagungsvollen Blick nach, seufzte ein langgezogenes „Schade“ und trat dann vor den verglasten Schrank. Er wollte auf das Schloß feuern, aber Al Conroy bremste ihn. Blacky hob die Pistole und zielte auf die Stirn des Hafenkapitäns.

      „Den Schlüssel, Caballero“, sagte er.

      Wenig später untersuchten sie den Inhalt des Vitrinenschrankes und steckten sich die größten und ausführlichsten Karten zu, als die sich ein Teil der sorgsam gehüteten Dokumente entpuppt hatte.

      Luke Morgan schlug den Capitán nieder, dann ergriffen sie alle vier die Flucht. Unten in der Gasse vor dem Gebäude trafen sie sich mit Dan und Matt, und gemeinsam hetzten sie zum Hafen, um die nördlichste Pier zu suchen.

      Blacky und Luke konnten sich dank ihrer Kostümierung durch eine Menschenmenge boxen, die den Zugang zum Hafen verstellte. Immer dichter ballte sich die Traube aus Leibern zusammen, selten hatte es in der Silvesternacht in Manila eine derartige Vorstellung gegeben. Auf der Reede duellierten sich die Galeonen, zwei Spanier gegen einen tolldreisten, offenbar wahnsinnigen Eindringling. Der dritte Spanier wollte auch eingreifen, aber er schickte sich kaum zum Auslaufen auf die offene Reede an, da zuckte ein Stakkato von Feuerblitzen von seiner Bordwand auf, mischte sich mit schwarzen Rauchschwaden, mit Gebrüll und wirbelnden Trümmern, Geschützfragmenten, Menschenteilen.

      Vor dieser Kulisse gelangten Blakky und seine fünf Begleiter an die nördlichste Pier. Sie sahen die Schaluppe liegen und erkannten Hasard und die anderen, aber ein Trupp Soldaten rückte soeben auf die Kameraden los.

      Blacky reagierte augenblicklich. Er feuerte seine Pistolen ab, duckte sich und gab auch Al, Sam, Luke, Dan und Matt die, Möglichkeit, auf die Gegner zu schießen. Im Krachen der Waffen sanken die Spanier auf der hölzernen Pier zusammen.

      Blacky ließ die fünf Kameraden an sich vorbei und sprang als letzter in die zum Ablegen bereite Schaluppe.

      Die Stadtgarde rollte ein leichtes Geschütz heran, als sie Distanz zwischen sich und die Pier legten. Nicht schnell genug schob der Nordostwind die Seewölfe auf ihre „Isabella“ zu, der Schuß der Garde mußte sie vorher erwischen.

      Hasard zündete einen der Brandsätze, die er vorsichtshalber mitgenommen hatte. Es zischte, weißes Feuer verließ die Schaluppe und tanzte wie ein Irrwisch auf den Anleger zu. Mitten in die Menge der Widersacher stob das verheerende Feuer, und die Seewölfe entkamen.

      Ben Brighton ließ auf die Spanier feuern und manövrierte die „Isabella“ hin und her, aber er hatte die ganze Zeit über Bedenken, die Kameraden in der Schaluppe zu gefährden. Erst als Hasard und die zwölf unter Ausnutzung der Verwirrung, die die Explosion auf der dritten Kriegsgaleone gesät hatte, glücklich zur „Isabella“ zurückgelangten und hastig an Bord aufenterten, konnte Ben sämtliche Register ziehen.

      Mit vereinten Kräften heizten die Seewölfe ihrem erklärten Todfeind ein. Der Himmel über Manila färbte sich dunkelrot. Zwei Handelsschiffe sanken, ein Kriegssegler mit hervorragender Armierung brannte lichterloh und ging ebenfalls unter, indem er nach Backbord krängte und flutweise Wasser aufnahm – dann, schließlich, loderte noch eine Kriegsgaleone, weil Shane und Batuti sie mit Brand- und Pulverpfeilen beschossen hatten.

      An diesem Punkt des Gefechts wandte sich die „Isabella“ der Ausfahrt der Bucht zu. Hasard wollte in die Nacht fliehen, bevor sein in kurzer Zeit zum zweiten Male gründlich repariertes Schiff lädiert wurde.

      Als sie auf die Mole zurauschten, gab es jedoch eine herbe Überraschung. Von See her näherte sich ein großer Schatten, ein schnittiges, gut bestücktes Schiff, dessen Kapitän sich ihnen tollkühn entgegenwarf und versuchte, ihnen den Fluchtweg zu versperren.

      Hasard kannte das Schiff nicht, er hatte es nie zuvor gesehen.

      Und er ahnte auch nicht, wer sich zum Kapitän dieser Dreimast-Galeone ernannt hatte – Lucio do Velho. Er war bereit, die „Santa Luzia“ und die komplette Mannschaft samt Ignazio, dem Mann aus Porto, zu opfern, wenn er dadurch nur den verhaßten Gegner zur Strecke bringen konnte – Spaniens Feind Nummer eins.

      „Drehbassen!“ schrie Hasard.

      Smoky und Al Conroy begrüßten den Ankömmling mit zwei gezielten Schüssen. Danach trat Batuti vom Vormars aus in Aktion und sandte Brandpfeile zur „Santa Luzia“ hinüber.

      Do Velho, dem das Grollen der Kanonen und der Feuerschein über Manila von weitem bereits gezeigt hatten, daß er zu spät erschien, um die Obrigkeiten zu warnen – do Velho ließ abfallen und präsentierte dem Gegner die Backbordbreitseite.

      Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet – der Seewolf hatte die Festung Spaniens auf den Philippinen angegriffen. Eine bodenlose Dreistigkeit, die dem Portugiesen aber selbstverständlich genau recht war. Jetzt konnte er beweisen, welche Fähigkeiten in ihm steckten, wie er einen Korsaren Englands abservieren würde!

      Aber von der „Isabella“ huschte plötzlich etwas Gleißendes, Flirrendes zu der „Santa Luzia“ herüber. Ein Brandsatz aus den geheimen Werkstätten am Hof des Großen Chan, von dessen Werden und Existenz, Beschaffenheit und Funktion do Velho bisher nicht die geringste Ahnung gehabt hatte.

      Mitschiffs schlug das Geschoß bei der Galeone „Santa Luzia“ ein, und sofort rasten gefräßige Flammenbündel weiß, grell und heiß über das Oberdeck. Fassungslos begriff do Velho unter dem Schreien seiner Männer, daß er den Seewolf wieder unterschätzt hatte.

      Der „Isabella“ gelang der Durchbruch, obwohl einige beherzte Portugiesen trotz des himmelan fauchenden Feuers noch an die Geschütze zurückstürzten und sie zündeten.

      Keine Kugel traf die „Isabella.“

      Sie verließ die Bahia de Manila endgültig, ging an den Wind und verschwand in südlicher Richtung in der Nacht.

      Hasards Schiff konnte alle Verfolger abhängen. Ein langer Törn begann. Er führte die Seewölfe über Palawan, die südwestlichste Philippinen-Insel, bis hinunter nach Borneo, nach Tandjung Datu Hier mußten Trinkwasser und Proviant an Bord gemannt werden, hier gönnte der Seewolf sich und seinen Männern endlich wieder eine Ruhepause. Verspätet holten sie jetzt, im Januar 1585, die Silvester- und Neujahrsfeier nach, vergaßen Manila und dachten an daheim, unter anderem auch an Plymouth, die „Bloody Mary“ und den spekkigen Nathaniel Plymson.

      In Manila hatte ein zorniger Lucio do Velho den Obrigkeiten berichtet, was sich seit Formosa zugetragen hatte.