Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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Ihr da ganz sicher?“

      Do Velho hob den Kopf etwas an, sein tadelnder Blick bohrte sich in Ignazios Augen. „Zweifelst du etwa an mir? Dios, das hätte ich nach allen Beteuerungen nicht von dir erwartet.“

      „Verzeiht“, beeilte sich der Mann aus Porto zu sagen. „Selbstverständlich kann keiner von ihnen dem Taifun entgangen sein. Es “gibt kein Boot, kein Stück Treibholz, das einem Schiffbrüchigen in so einem Höllensturm hilft.“

      „Jetzt denkst du endlich in den richtigen Bahnen“, erwiderte der Kapitän milde. „Vielleicht ernenne ich dich zu meinem ersten Offizier und persönlichen Berater, obwohl dir die nötige Bildung fehlt. Aber ich muß mir das noch genau überlegen.“

      Ignazio holte ein paarmal kräftig Luft. Das alles war für ihn zuviel auf einmal.

      „Mich interessiert jetzt nur noch eins“, fuhr Lucio do Velho fort. „Wie ist es der verfluchten ‚Isabella‘ ergangen? Hat der Taifun ihr und ihrer Besatzung zugesetzt wie der ‚Bahia Blanca‘ – oder hat sie sich verholen können wie wir?“

      „Ich wünsche mir, daß diese Bastarde allesamt kläglich ersoffen sind“, sagte Ignazio pflichtschuldigst. Sein Blick huschte zu do Velho, seine Miene verlangte förmlich nach Beifall.

      „Das hoffe ich auch. Von ganzem Herzen“, versetzte der Kapitän. „Aber auf Hoffnungen, auf bloße Theorien über das Schicksal der Korsaren dürfen wir uns nicht verlassen.“

      „Das heißt – Ihr glaubt, die Hunde sind noch am Leben?“

      „Das müssen wir herausfinden.“

      „Wie?“

      „Wir warten ab, bis es ruhiger wird. Solange bleiben wir hier in der Bucht und bessern unsere Galeone aus. Ich will ein tadellos wiederhergestelltes, seetüchtiges Kriegsschiff unter den Füßen haben, wenn wir die Insel verlassen.“

      „Und dann?“ erkundigte sich der Mann aus Porto begriffsstutzig.

      „Dann suchen wir wieder nach dem Seewolf, du Narr. Nichts kann mich davon abbringen.“ Do Velho ließ seinen Blick über die Kuhl und die Back der „Santa Luzia“ schweifen. Genug Männer hatte er noch, er konnte sich, falls er den Seewolf tatsächlich stellte, auf offener See in ein Gefecht begeben, ohne sich von vornherein unterlegen fühlen zu müssen.

      „Ich stelle den Hund, ich schwöre es dir, Ignazio“, murmelte er. „Am vorteilhaftesten wäre es, ihn in Manila zu erwischen. Dort könnte ich unseren Landsleuten und den Spaniern, die sich soviel auf ihr Können einbilden, eine Demonstration dessen liefern, was ich unter der totalen Vernichtung eines Staatsfeindes verstehe.“

      Er wünschte sich ein Publikum herbei, das seinen Worten die richtige Bedeutung beimaß und ihm entsprechend Applaus zollte. Statt dessen war da nur das törichte Schiffsvolk, ein Haufen wilder, zerzauster, völlig heruntergekommener Kerle. Lucio do Velho beschloß, diesen Burschen innerhalb der nächsten Tage den nötigen Respekt und Schliff beizubringen.

      Er hieß nicht Braga de Sor. De Sor, dieser Versager, lag auf dem Grund des Chinesischen Meeres und war nur noch einem Zweck dienlich. Wahrscheinlich würden sich die

      Haie an ihm gütlich tun.

      Noch vor Jahresbeginn 1585 war die „Isabella VIII.“ soweit ausgebessert und hatte die Crew sich so gut erholt, daß die große Galeone die Bucht von Babuyan verlassen konnte.

      Bei fast ruhiger See, die nur durch eine leichte Dünung gekräuselt wurde, und mit raumem Wind segelte sie nach Süden.

      Ein neues Ruderhaus war von Ferris Tucker auf dem Quarterdeck errichtet worden. An der Ruderanlage selbst hatte der findige Schiffszimmermann einige Veränderungen vorgenommen – Verbesserungen, die von Hasard begutachtet und als hervorragend befunden worden waren. So etwas erfüllte den Rothaarigen mit Stolz, er hatte daraufhin ein Ruderrad gebastelt, das größer und schöner als das vorherige war. Obwohl Ferris sonst nicht viel für Schnörkelkram übrig hatte, hatte er das Rad mit einigen kunstvollen Intarsien versehen.

      Einige der Seekarten waren im Taifun verlorengegangen. Hasard war aber froh, die hundert Jahre alte Karte des Sun Lo gerettet zu haben. Ein bißchen mitgenommen sah sie zwar aus, aber er hatte sie sorgsam getrocknet und geglättet und heftete sie nun wieder an der Innenwand des Ruderhauses fest.

      Binnen kurzer Zeit hatte er den neuen Kurs festgelegt. Er trat neben Pete Ballie und sah zu Ben, Ferris, Shane, Smoky, dem Profos und Old O’Flynn hinaus, die ihn vom Quarterdeck aus fragend anblickten.

      „Wenn der Wind weiter handig bleibt und nicht dreht, erreichen wir Luzon noch heute abend“, erklärte er.

      „Wie ist das?“ sagte Shane. „Gehen wir dort schön brav und sittsam vor Anker, oder passieren wir die Insel im Westen und laufen nach Süden ab?“

      Die anderen konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen.

      „Tja“, meinte Hasard versonnen. „Wie ist das denn, Männer? Traut ihr euch schon wieder was zu, oder kaut ihr noch an den Nachwehen des Taifuns herum?“

      Carberry stieß einen Laut aus, der an ein leises Ächzen erinnerte. „Die was? Die Nachwehen? Sir, äh, ich meine, daß wir keine alten Waschweiber sind. Verdammt, wenn’s darum geht, den Dons eins aufs Haupt zu hauen, sind wir alle voll dabei.“ Er wandte den Kopf und blickte die anderen prüfend an. „Oder will einer dagegen anstinken? Was, wie?“

      „Ed“, sagte Ferris Tucker. „Bis jetzt hat noch keiner davon gesprochen, daß wir Luzon oder gar Manila anlaufen. Bislang war immer nur die Rede davon, daß wir versuchen, so schnell wie möglich in den Indischen Ozean und von dort aus nach England zu gelangen.“

      „Ach …“

      „Es sei denn, Hasard hat seine Pläne geändert“, warf Old O’Flynn ein. „Könnte ja sein.“

      „Ja, ihr Himmelhunde“, sagte Hasard lachend. „Ihr wißt schon, auf was ich hinauswill. Ich kann an Manila nicht vorbei, ohne den Spaniern und Portugiesen einen guten Tag gewünscht zu haben. Ich finde, das gehört sich einfach.“

      Der Profos rieb sich grinsend das Rammkinn. „Irgendwie erinnert mich das an Panama. An dem Nest haben wir auch nicht vorbeigekonnt, ohne den Dons, eine – eine Höflichkeitsvisite abgestattet zu haben.“

      „Gut hast du das ausgedrückt“, sagte Smoky. „Aber du weißt doch auch, daß wir uns in Manila den Hintern versengen können, oder?“

      „Kerl, bin ich etwa ein blutiger Anfänger?“ fragte der Profos. „Natürlich müssen wir geschickt vorgehen, wenn wir nicht selbst aufs Kreuz gelegt werden wollen. Aber ich schätze, Hasard findet schon den richtigen Dreh heraus.“

      Sir John ließ sich aus den Besanwanten auf Carberry fallen, fing den Sturz mit ausgebreiteten Schwingen ab und landete auf der ausladenden Profos-Schulter.

      „Alle Mann an Deck! Klar bei Kartuschen!“ schrie er.

      Carberry wischte mit der Hand über die Schulter, aber der karmesinrote Aracanga wich ihm gekonnt aus.

      „Halt den Rand, du gerupfte Krähe!“ zischte Carberry. „Soweit sind wir noch nicht.“

      Die Männer lachten. Während des Taifuns hatte der Papagei eine Heidenangst gehabt. Ausnahmsweise hatte er sogar mit Arwenack Burgfrieden geschlossen und sich in dessen schützenden Pfoten zusammengekuschelt – obwohl der Affe selbst wie Gelee geschlottert hatte. Jetzt aber hatte Sir John wieder mächtig Oberwasser. Die Crew ertrug sein Gezeter und Gefluche, sie war ja froh, daß er und der Schimpanse den Sturm überlebt hatten.

      „Ed“, sagte der Seewolf. „Du scheinst ja mächtig viel Vertrauen in deinen Kapitän zu setzen.“

      Carberry war überrascht. „Also, Sir. Ich will mir auf der Stelle die Hand abhacken lassen, wenn du nicht schon wieder was ausgeheckt hast.“

      „Das habe ich“, erwiderte Hasard. „Und Sun Los Karte von den Philippinen hat mir dabei große Hilfe geleistet.“