Seewölfe Paket 16. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397747
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ihre Rolle großartig“, sagte sie anerkennend.

      „Etwas zu gut, finde ich“, brummte Lüder, aber Frieda achtete nicht weiter auf ihn. Er stand bei ihr immer noch in Ungnade und mußte sich erst wieder bewähren, damit sich dies änderte.

      Onno und Willem waren bei Grete angelangt, die unverändert reglos auf dem Strand lag und so tat, als sei sie tot.

      „Was macht denn Herma?“ sagte Onno verwundert. „Sie soll bloß nicht zu weit rausschwimmen, das ist gefährlich.“

      „Ich glaube, sie schwimmt überhaupt nicht“, sagte Willem betroffen. „Sie ist am Absaufen.“

      „Herma!“ schrie Onno entsetzt.

      An Bord der „Isabella IX“ stieß Old O’Flynn einen saftigen Fluch aus. „Wie die das alles einstudiert haben – widerlich! Für wie bescheuert halten die uns eigentlich?“

      Hasard behielt Herma Osten durch sein Spektiv im Auge.

      „Daran ist jetzt nichts Vorgetäuschtes mehr“, sagte er, dann fuhr er zu seinen Männern herum. „Die Frau ertrinkt wirklich. Los, fiert ein Boot ab. Wir müssen ihr helfen.“

      „Sir!“ stieß Ben entgeistert hervor. „Ist das wirklich dein Ernst? Die Kerle liegen da drüben bestimmt hinter dem Deich und warten nur darauf, ein Zielschießen auf uns veranstalten zu können.“

      „Wir müssen eben vorsichtig sein“, sagte der Seewolf, während Sam, Al, Luke und Bob bereits das kleinere der beiden Beiboote außenbords brachten und abfierten. „Auf keinen Fall dürfen wir die Frau ihrem Schicksal überlassen. Ehe ihre eigenen Leute bei ihr sind, könnte jede Hilfe zu spät für sie erfolgen. Sieh doch mal, wie weit sie schon abgetrieben ist.“

      Tatsächlich schafften Onno und Willem es nicht, Herma zurück an Land zu holen, denn sie selbst hatten schwer mit der Brandung zu kämpfen, und die Wogen trugen Herma immer weiter in Richtung auf die Pfahlbarriere hinaus.

      Am Westufer von Baltrum hatten sich inzwischen die Lütt-Jehans versammelt. Eberhard, Karl, Heino, Pit, Friedhelm, Brüne, Gerlinde und alle anderen hielten das, was die Groot-Jehans inszeniert hatten, ebenfalls für eine großartige Komödie, die dazu dienen sollte, die Engländer hereinzulegen.

      Daß etwas schiefgelaufen war, sollte ihnen erst etwas später aufgehen. Sie hielten sich bereit, in ihre Boote zu steigen und loszupullen, sobald die Groot-Jehans den neuen Angriff auf die Männer des Schiffes eröffneten.

      Hasard hatte sich seine Begleiter ausgesucht – Carberry, Dan, Shane, Roger und Nils Larsen hangelten mit ihm an der Jakobsleiter in die Jolle hinunter. Sie ließen sich auf den Duchten nieder, griffen nach den Riemen und begannen wie besessen zu pullen. Hasard drückte die Ruderpinne herum und nahm Kurs auf Herma, die noch einmal einen unterdrückten Schrei ausstieß. Er sah, wie sie unterging und dann wieder hochschoß. Er wußte, daß es nur noch wenige Augenblicke dauerte, bis sie ganz verschwand und nicht wieder auftauchte.

      10.

      Herma Osten hatte das Gefühl, ein tückisch grinsender Dämon greife nach ihren Beinen und zerre daran. Das Scheusal hockte auf dem Grund der Passage und wollte sie zu sich holen. Sie schluckte wieder Wasser, hustete und bekam keine Luft mehr. Ihr Schrei war nur noch ein gurgelnder Laut, die Panik raubte ihr den letzten Rest Beherrschung. Sie schlug wie verrückt um sich, aber damit verschlimmerte sie alles nur noch.

      Es zog sie in die Tiefe, die Fluten schlugen über ihr zusammen. Sie glaubte noch, ein Boot zu sehen, das auf sie zuhielt, aber sie war nicht sicher. Es mochte ein Trugbild gewesen sein.

      Ein fürchterliches Stechen setzte in ihrer Brust ein, aber dann ließen alle Qualen nach, und die Welt versank in einem süßen Schlummer. Herma breitete die Arme aus und sank tiefer. Onno war nur noch ein Traum, Lüder ein ferner Schatten an der Kimm der See, alles war vorbei, und es würde nie wieder Probleme für sie geben.

      Plötzlich aber griffen starke Hände nach ihr. Sie fühlte sich nach oben zurück entführt, die Auftriebskraft war gewaltig. Was genau geschah, vermochte sie nicht zu ermessen, ihre Augen waren geschlossen.

      Sie sah nicht das harte Gesicht des schwarzhaarigen Mannes neben sich, sie hatte nicht verfolgen können, wie er von der Jolle ins Wasser gesprungen war. Sie bemerkte nicht, wie sich ihr Kopf über die Fluten hob, wie andere kräftige Hände nach ihr griffen und sie an Bord der Jolle zogen.

      Sie war besinnungslos.

      Hasard hatte sich nur in etwa die Stelle merken können, an der sie untergegangen war. Das Boot hob und senkte sich wie ein Spielball, die Wogen ließen eine genaue Orientierung nicht zu. Aber er hatte es trotzdem versucht, war hineingesprungen und hatte nach ihr gesucht. Das Glück hatte es gewollt, daß er sie gefunden hatte.

      Er griff nach dem Dollbord und zog sich selbst in die Jolle. Dan und Shane hatten Herma unterdessen zwischen zwei Duchten gebettet. Hasard stieg über zwei andere Duchten zu ihnen, beugte sich über sie und begann sofort mit der Wiederbelebung.

      Genau in diesem Augenblick richtete sich Frieda hinter dem Deich auf, sie hatte alles genau verfolgt.

      „Diese dreckigen Hunde!“ schrie sie. „Sie haben Herma gefangen! Sie wollen sie vergewaltigen!“

      Lüder und die Männer sprangen gleichfalls auf. Sie stürmten den Deich hinunter, brachten die Boote zu Wasser und pullten los.

      Onno und Willem schwammen auf die Jolle der Seewölfe zu, Onno hatte ebenfalls gehört, was Frieda gerufen hatte, und er zückte in blinder Wut sein Messer.

      Auf Baltrum stiegen die Lütt-Jehans gleichfalls in ihre Boote und nahmen Kurs auf die „Isabella“.

      „Achtung, Bastard!“ schrie Ben Brighton, der mittlerweile die Back der „Isabella“ geentert hatte. „Es gibt wieder Ärger!“

      „Feuer frei!“ rief der Seewolf zurück. „Haltet uns die Bande vom Hals!“

      Herma hatte schwallweise das Seewasser ausgespuckt und atmete wieder. Eben war es ihm so erschienen, als habe sie sich auch bewegt. Er wollte seine Versuche jetzt um keinen Preis aufgeben.

      Carberry richtete das Spektiv, das er mit ins Boot genommen hatte, auf den Deich von Norderney.

      „Die alte Hexe da drüben“, sagte er zu Nils Larsen. „Was hat die geschrien? Du verstehst doch Deutsch, oder? Mann, ist das eine verrückte Sprache.“

      Nils mußte unwillkürlich grinsen.

      „Hei neit er“, wiederholte er.

      Er deutete auf den Seewolf, der sich nach wie vor tief über die Ostfriesin gebeugt hielt. „Das bedeutet soviel wie …“

      „Er mißbraucht sie“, half Dan dem Dänen weiter. „Na, da haben wir uns ja was Schönes eingebrockt.“

      Herma kam zu sich, schlug die Augen auf und blickte Hasard in die Augen.

      „Du liebe Güte“, hauchte sie. „Wo bin ich denn hier?“

      „Oha!“ sagte Carberry. „Was für ein Geschöpf!“ Dann drehte er sich zu den Ostfriesen um, die jetzt in ihren Booten bedrohlich nah herangerückt waren.

      „Aufpassen“, sagte Roger Brighton. „Daß wir ja nicht die beiden aus den Augen lassen, die da im Wasser schwimmen.“ Er packte einen der Riemen und blickte aufmerksam zu Onno und Willem, die sich fluchend heranschoben.

      „Feuer!“ schrie Ben an Bord der „Isabella“, und jetzt spuckten die 17-Pfünder der Backbordseite ihre Ladungen gegen die Lütt-Jehans aus, die auch nicht mehr weit entfernt waren. Eine Jolle wurde wie von einer unsichtbaren Faust hochgehoben und durch die Luft gewirbelt, Schreie ertönten im Grollen der Geschütze, Fontänen stiegen dicht neben der Friesenfalle auf und fielen dann rauschend wieder in sich zusammen.

      Al Conroy, Ferris Tucker, Smoky und Old O’Flynn bedienten die Drehbassen und zielten damit auf die Groot-Jehans, die ihrerseits das Musketenfeuer auf die „Isabella“ und