Seewölfe Paket 16. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397747
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erreicht hatten, und er nahm kaum zur Kenntnis, daß Frieda mit besorgter Miene auf ihn zueilte.

      „Was ist passiert?“ fragte sie bestürzt. „Haben sie euch die Hucke vollgehauen?“

      „Das werden sie noch bereuen“, zischte Lüder. „Ich gebe nicht auf. Ich nicht! Das werden sie mir büßen!“

      „Wo sind die Lütt-Jehans?“

      „Zurück nach Baltrum gepullt. Ist mir doch egal, was die machen.“

      Sie erkannte das blutige Mal auf seiner Wange und wollte sich um ihn bemühen, aber er schüttelte ihre Hand mit einer ruckartigen Bewegung seiner Schultern ab.

      „Du bist doch verwundet!“ stieß sie hervor.

      „Ist nur ein Kratzer.“

      „So?“ Sie beruhigte sich zusehends und beobachtete ihn mit forschendem Blick. „Wie viele Männer befinden sich denn als Besatzung auf der Galeone?“

      „Mindestens vierzig. Diese Schweine! Diese Dreckskerle!“

      „Du willst sie wieder angreifen“, murmelte Frieda. „Das ist richtig, so lobe ich es mir. Wir geben uns nicht geschlagen. Aber weißt du was? Sie sind gerissen. Vielleicht ist ihr Schiff ein Kriegssegler. Vielleicht sind sie auch Korsaren.“

      „Möglich könnte es sein“, brummte er. „Ich denke mir aber einen Plan aus, mit dem ich sie doch noch zu fassen kriege.“

      „Laß mich mit dir zusammen überlegen“, sagte Frieda sanft. „Gemeinsam stellen wir schon etwas Vernünftiges auf die Beine. Es wäre doch gelacht, wenn wir uns von diesen Bastarden in die Knie zwingen lassen würden.“ Sie warf der „Isabella“ einen haßerfüllten Blick zu.

      9.

      Als die Morgendämmerung mit blassem rötlichem Schein nahte, standen die Seewölfe vollzählig versammelt auf Deck und betrachteten mit gemischten Gefühlen und unterschiedlichen Mienen, in was sie da hineingeraten waren.

      Sehr deutlich waren jetzt die Reste der fremden Galeone zu erkennen, die Dan in der Nacht gerade noch rechtzeitig entdeckt hatte. Wie ein Skelett muteten die Spanten an, die aus dem Wasser ragten. Drohend schienen die mit Eisenspitzen bewehrten und mit Lanzen ummantelten Holzpfähle herüberzugrüßen, aus denen die Schiffsfalle errichtet war.

      „Feine Sache“, sagte Big Old Shane grimmig und spuckte über das Schanzkleid ins Wasser. „So verdienen diese Bastarde sich also ihren Lebensunterhalt, was? Sie plündern Schiffe aus, wracken sie ab, schlagen sich mit dem erbeuteten Proviant ihre Bäuche voll und heizen mit dem Holz ihre Öfen an.“

      „Hölle und Teufel“, sagte Carberry. „So eine Satansbande. Wie wäre es denn, wenn wir denen auf ihren Düneninseln mal einen kurzen Besuch abstatten würden?“

      „Davon halte ich nichts“, erwiderte der Seewolf. „Es könnte sein, daß auch Unschuldige in Mitleidenschaft gezogen werden, falls es zum Kampf kommt – Frauen und Kinder zum Beispiel. Das will ich nicht.“

      „Aber was ist, wenn die Hunde noch mal angreifen?“ wollte Smoky wissen.

      „Das habe ich euch doch schon gesagt“, antwortete Hasard. „Dann ziehen wir selbstverständlich alle Register.“

      „Soll ich schon mal die Höllenflaschen holen, die ich hergestellt habe?“ fragte Ferris Tucker mit grimmiger Miene.

      Hasard blickte zu ihm. Die Wirkung der von dem rothaarigen Riesen erfundenen Wurfgranaten war wirklich grandios, aber es hatte keinen Sinn, sie zu vergeuden. Wer weiß, was weiter nördlich noch alles auf uns wartet, dachte Hasard.

      „Nein, Ferris“, erwiderte er. Dann wies er auf die ausgerannten und feuerbereiten Kanonen. „Wenn sie wirklich nicht aufgeben und noch mal angreifen, genügen uns die Geschützbatterien, um ihnen genug Angst einzujagen.“

      „Und um sie in Stücke zu schießen“, sagte Ben Brighton. Er fing Hasards verwunderten Blick auf und fuhr fort: „Ich weiß, ich weiß, so kennt ihr mich sonst gar nicht. Aber ich möchte nicht wissen, was die Friesen mit den armen Teufeln von der Galeone dort aufgestellt haben.“

      „Ich kann’s mir denken“, brummte Old O’Flynn. „Sie haben sie alle umgebracht und in die See geworfen. Die Strömung hat die Leichen der armen Kerle mitgenommen.“

      „Diese Höllenbraten“, sagte der Profos und ballte die Hände zu Fäusten. „Die hätten einen kräftigen Denkzettel verdient, damit sie so was nicht wieder versuchen.“

      „Ich kann verstehen, daß ihr aufgebracht seid“, meinte der Seewolf. „Ich selbst bin es auch. Aber die Strand- und Küstenräuberei wird wohl nie aufhören, weder hier noch woanders. Ich glaube, es könnten hundert Galeonen auftauchen und alles kurz und klein schießen, es würde im Endeffekt doch nichts nützen.“

      „Ja“, bestätigte Dan O’Flynn. „Irgend jemand von diesen Schnapphähnen kehrt zurück und fängt wieder von vorn an.“

      „Na gut“, sagte Carberry. „Aber es braucht doch seine Zeit, bis so eine Falle gebaut ist, oder?“ Er deutete auf die Pfahlbarriere. „Also könnten wir wenigstens die verdammten Hölzchen da drüben kaputtfeuern, ehe wir wieder ankerauf gehen und weitersegeln.“

      „Ich bin ganz deiner Meinung“, sagte der Seewolf. „Sobald sich das Wetter beruhigt hat, erledigen wir das und kehren dann den gastlichen Inseln Norderney und Baltrum den Rücken.“

      Er blickte nach Norden. Außerhalb der Passage türmten sich die Wogen der See immer noch hoch auf, und auch der Nordwind schien kaum nachgelassen zu haben. Aber die sich glättende Formation der Wolken in der Ferne ließ auf einiges schließen, man durfte auf eine Verbesserung im Laufe des Tages hoffen.

      Hasard ließ die wenigen Schäden ausbessern, die während des Kampfes an Bord entstanden waren. Danach bereiteten der Kutscher, Mac Pellew und die Zwillinge ein kräftiges Frühstück zu, das von allen mit Heißhunger verschlungen wurde.

      Bill hatte den Großmars geentert und beobachtete unaufhörlich die Ufer von Norderney und Baltrum, doch dort zeigte sich kein Mensch. Plötzlich schienen beide Inseln wie ausgestorben zu sein. Nur die Dachfirste, die wie Buckel hinter den Deichen aufragten, zeugten davon, daß auf den Inseln die Jehans lebten – seltsame Leute, die es mit der Moral und Nächstenliebe nicht sehr genau nahmen.

      Hinter dem Deich von Norderney wurde eifrigst beratschlagt, und auf Baltrum war es nicht anders. Lüder Groot-Jehan und Karl Lütt-Jehan konnten sich untereinander nicht verständigen, weil sie befürchten mußten, von Bord der nach wie vor in der Passage ankernden Galeone aus beobachtet zu werden. Doch Lüder wie Karl nahmen gegenseitig voneinander an, daß der eine dem anderen schon helfen würde, sobald eine neue Aktion begann.

      „Ich bin dafür, daß wir gleich losschlagen“, sagte Lüder zu Frieda, Willem Gode, Jan, Uwe und all den anderen, die sich vor seinem Haus um ihn herum versammelt hatten. Er hatte Bilanz gehalten: Fünf Männer hatte er durch die Schüsse des Gegners verloren, aber seine besten Kumpane waren ihm geblieben. Er konnte sich auf sie verlassen, sie würden nicht zögern, mit ihm durch dick und dünn zu gehen.

      Die Baltrumer hatten vier Männer eingebüßt. Karl Lütt-Jehan schüttelte wild die Fäuste, Eberhard fuchtelte mit seinem Eichenwurzelstock herum.

      „Rache!“ schrie Karl. „Das zahlen wir den Hunden heim!“

      „Jawohl!“ brüllte Eberhard. „Wir lassen sie hier nicht weg. Ehe sie die Anker lichten, greifen wir sie von neuem an und zeigen ihnen, was ein richtiger Ostfriese ist!“

      „Das sind englische Korsaren“, sagte Brüne, dem dies alles nicht mehr recht geheuer war. „Die kennen keine Angst. Die stehen mit dem Teufel persönlich im Bund.“

      „Feigling!“ stieß Karl höhnisch aus.

      „Verdammt“, sagte Eberhard, „willst du etwa vor ihnen kneifen?“

      „Habe