Seewölfe Paket 16. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397747
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Auftrag ein?“ fragte Hasard. „Wenn ich nicht einmal den Kurs kenne, wohin soll ich mich dann wenden?“

      „Nach Skagen sollen Sie segeln, erst dort dürfen Sie das Siegel aufbrechen und die Order lesen“, erwiderte Cliveden.

      Die Seewölfe sahen sich verdattert an. Nur Thorfin Njal begann zu lachen.

      „Skagen?“ wiederholte er. „Bei Odin, also doch eine Fahrt hoch in den Norden hinauf, Hasard, nicht in die Neue Welt. Ich habe das Gefühl, wir begegnen uns doch bald wieder.“

      „Halt mal die Luft an, du behelmter Nordpolbär“, sagte Shane. „Noch ist gar nicht sicher, ob wir diesen Auftrag auch wirklich übernehmen.“

      „Mann, was haben wir bloß verbrochen?“ brummelte der alte O’Flynn. „Nach Eis und Schnee steht mir nicht der Sinn. Außerdem geht da oben bestimmt was schief, ich spür’s in meinem Beinstumpf. Wir saufen mit der ‚Isabella‘ ab, und dann …“

      „Und dann hängen wir dich als Treibanker außenbords“, fiel Ben ihm ins Wort. „Fängst du jetzt wieder mit deiner Schwarzmalerei an?“

      „Darf ich die Gentlemen um Ruhe bitten?“ sagte der Seewolf. „Vorläufig ist überhaupt nichts entschieden. Oder vielleicht doch?“

      „Nein, Sir“, sagten die Männer.

      Lord Gerald Cliveden war ihren Worten halb amüsiert, halb beunruhigt gefolgt. Er wollte sich wieder an Hasard wenden, doch dieser kam ihm zuvor und fragte: „Was steckt hinter dieser Geschichte, Lord Gerald? Sie wissen doch bestimmt etwas mehr, als Sie zugeben wollen.“

      Der Lord hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Tut mir leid, aber es ist mir nicht mehr darüber bekannt als das, was ich Ihnen bereits mitgeteilt habe. Sie wissen, daß Sie meinem Wort vertrauen können, Mister Killigrew. Ich würde mir nie einfallen lassen, auch nur etwas von dem, was ich wissen könnte, Ihnen gegenüber zu verheimlichen.“

      „Verzeihen Sie, Sir, ich wollte Sie nicht beleidigen.“

      „Natürlich können Sie auch ablehnen“, sagte Cliveden. „Niemand würde Ihnen das verübeln. Aber, wie gesagt, bei Hofe wäre man hocherfreut, wenn Sie auch dieses Mal wieder die hohe Verantwortung akzeptieren würden, mit der man Sie betraut. Lassen Sie mich nur noch das eine erwähnen: Man würde es Ihnen sehr hoch anrechnen, wenn Sie einschlagen.“

      Hasard überlegte scharf. Clivedens Anliegen zog ihm einen Strich durch die Rechnung, denn er hatte so schnell wie möglich in die Neue Welt hinübersegeln wollen. Aber er konnte und wollte den Lord nicht zurückweisen, das wäre schäbig und unehrenhaft gewesen.

      „Welchen Kurs soll ich nehmen, um nach Skagen zu gelangen?“ fragte er.

      „Durch den Kanal, an der Nordseeküste entlang, dann nach Helgoland hinüber, schließlich Richtung Jütland und nach Skagen hinauf. Dort können Sie dann die königliche Order öffnen. Ich glaube, sie enthält einen hochinteressanten Auftrag, denn die Königin würde Sie nicht auf diese Reise schicken, wenn es keine wichtigen Hintergründe dafür gäbe.“

      „Irgendwelche Aufwiegler?“ fragte Ben Brighton. „Droht England etwa auch von Osten her Gefahr?“

      „Ich weiß es nicht“, versetzte der Lord und stieß einen Seufzer aus. „Auch mir wäre wohler zumute, wenn ich wenigstens einen Anhaltspunkt erhalten hätte. Doch selbst mir gegenüber hat Ihre Majestät strengste Geheimhaltung gewahrt.“

      „Vielleicht geht es darum, einen Schatz zu heben“, sagte Ferris Tukker.

      „Oder aber wir sollen uns die Köpfe einschlagen lassen“, brummte der alte O’Flynn. Er sprach jedoch nicht weiter, denn Ben und Shane warfen ihm vernichtende Blicke zu.

      Hasard wandte sich zu seinen Männern um. „Also los. Wer etwas zu sagen hat, soll es jetzt vorbringen. Ben, geh bitte an Deck und versammle die Männer. Ich will, daß beraten und abgestimmt wird, unterrichte sie über alles, was Lord Gerald uns vorgetragen hat.“

      „Aye, Sir.“ Ben drehte sich um und verließ den Salon, er eilte auf das Hauptdeck hinaus und begann, mit Carberry, seinem Bruder Roger, Blacky, Batuti, Gary Andrews, Luke Morgan, Finnegan, Rogers und allen anderen zu sprechen.

      „Irgendwie reizt mich die Sache jetzt“, sagte Big Old Shane. „Wer weiß, welche Überraschung Skagen für uns bereithält? Es könnte ja auch mal ein Auftrag sein, in dem sich Nützliches mit dem Angenehmen verbinden läßt.“

      „Zum Beispiel?“ fragte Ferris.

      „Vielleicht sollen wir skandinavische Kneipen auskundschaften“, sagte Shane, und dann lachten sie alle.

      Wenig später ließ der Seewolf abstimmen, und die komplette Besatzung der „Isabella“ erklärte sich damit einverstanden, den Auftrag zu übernehmen. Keiner widersetzte sich, keiner enthielt sich der Stimme – Ehrensache, denn allein Lord Gerald Cliveden gegenüber, der alle Sympathien der Crew auf seiner Seite hatte, durfte man sich keine Blöße geben.

      So nahm Hasard das versiegelte Kuvert aus der Hand des Lords entgegen und sagte: „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, Sir, es erst in Höhe von Skagen zu öffnen. Von jetzt an werde ich die Order sorgsam verwahren, so daß nur ich Zugang dazu habe.“

      Cliveden gab ihm die Hand. „Ich vertraue Ihnen und Ihren Männern, Mister Killigrew. Meine besten Wünsche begleiten Sie, und ich hoffe, daß Sie es nicht bereuen werden, der Königin und insbesondere mir diesen Gefallen zu erweisen.“

      Er verabschiedete sich und ging von Bord. Hasard betrat das Achterdeck und blickte ihm nach, wie er in seine Kutsche stieg, noch einmal zur „Isabella IX.“ herübergrüßte und dann davonfuhr.

      Noch wußte Hasard die Bedeutung dessen, auf das er sich eingelassen hatte, nicht zu ermessen, aber er hoffte inständig, daß die neue Reise im Auftrag der Königin keine Enttäuschung für seine Männer und ihn werden würde.

      3.

      Lüder Groot-Jehan, so hieß es auf Norderney und auf Baltrum, war Karl Lütt-Jehans Halbbruder. Doch keinem der Inselbewohner war es jemals gelungen, einen hieb- und stichfesten Nachweis dafür zu finden, daß sie dieselbe Mutter gehabt hatten, denn die Frau, die Lüder und Karl zur Welt gebracht haben sollte, war im Jahre 1563 an der Schwindsucht gestorben. Lüders leiblicher Vater war wenige Jahre später auf See in einem schweren Sturm ertrunken, der kleine Junge Lüder war unter mysteriösen Umständen eines Tages von einer Frau namens Frieda im Strandhafer von Norderney aufgefunden worden, und Eberhard Lütt-Jehan, der den kleinen Karl auf Baltrum unter sein strenges Regime genommen hatte, lehnte seither jegliches Sorgerecht für den „Bastard“ ab.

      Frieda und Eberhard waren alt geworden und hatten die Führung der Sippen weitgehend Lüder und Karl überlassen, doch wenn es um gemeinsame Aktionen ging, in deren Verlauf alle Fehden vorübergehend vergessen wurden, nahmen sie immer noch regen Anteil an den Handlungen ihrer Schützlinge.

      Frieda hatte in großzügiger Auslegung ihrer Position als Pflegemutter den Nachnamen Groot-Jehan angenommen, doch der alte Eberhard konnte es trotz des Dunkels, das über der Familiengeschichte der Jehans lag, nicht lassen, darüber ironische Bemerkungen von sich zu geben, wenn sich die Gelegenheit dazu bot.

      So waren die beiden Alten auch an diesem Tag in der schmalen Passage zwischen den Inseln zugegen und verfolgten von Bord der Boote aus, was Lüder und Karl und deren Helfer unternahmen. Der Wind, der immer noch eisig von Norden wehte, konnte sie nicht abschrecken, und keine Woge wäre hoch genug gewesen, um sie das Fürchten zu lehren.

      Während der Nacht hatte der Sturm die Inseln gepeitscht, am Morgen aber hatte er nachgelassen und gestattete es den Jehans, die Falle in der Passage fertigzustellen. Bei Ebbe waren schwere Holzbalken ins Watt gerammt worden, die mit scharfen Eisenspitzen versehen waren. Zusätzlich ummantelten die Männer die dicken Holzpfähle mit eisernen Lanzen. Ihr Bestreben war darauf ausgerichtet, diese Lanzen mit Tauen so fest wie möglich zu zurren.

      Geschickt lenkten sie ihre Boote durch die