Seewölfe Paket 20. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397792
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das relativ früh. Aber da halfen auch seine wilden Flüche und Verwünschungen nicht. Schließlich rief er seine Kerle wutschnaubend zum Rückzug.

      „Alle Mann zurück zum Schiff!“ brüllte er.

      Die meisten seiner Schnapphähne hörten nichts lieber als das. Sofort stürmte die kleine Schar, die ihm verblieben war, zu dem Steg, an dem man das Beiboot vertäut hatte. Doch jetzt erst bemerkten sie, daß es gar nicht vorhanden war. Die Wachablösung hatte offenbar nicht funktioniert.

      Laut fluchend stürzten die Piraten deshalb zu den kleinen Fischerbooten. Doch einige erreichten sie nicht mehr, denn die Männer von der Schlangen-Insel waren nicht gewillt, das üble Gesindel entwischen zu lassen.

      Trotzdem schafften es einige, mit drei Booten abzulegen. Unter ihnen befand sich Casco.

      „Pullt, ihr lahmen Hunde!“ brüllte er. „Wir werden ihnen von unserem Schiff aus mit den Kanonen einheizen! Die ganze verdammte Küste werden wir in Klump schießen!“

      Es waren höchstens zehn Kerle, die den Kampf bis jetzt überlebt hatten. Sie pullten, was das Zeug hielt, obwohl auch sie schon teilweise angeschlagen waren. Außerdem warfen sie, soweit sie nüchtern waren, Casco wütend vor, daß er nicht genug Wachen hatte aufstellen lassen, die die Ankunft der englischen Bastarde bemerkt hätten.

      Doch die Vorwürfe nutzten jetzt nichts mehr, denn die Handvoll Schnapphähne in den drei Fischerbooten gelangten nicht weit. Als sie sich dem Zweidecker näherten, brach auch über sie das Inferno herein.

      Mit weit aufgerissenen Augen registrierten sie, daß ihnen die Drehbassen auf ihrem eigenen Schiff urplötzlich gehacktes Eisen und Blei entgegenspien – mit verheerender Wucht und enormer Streuwirkung. Keiner von ihnen konnte dieser Hölle entrinnen.

      Auch Casco nicht.

      Gleich seinen Kumpanen kippte er tödlich getroffen über Bord. Die winzigen Boote waren zerfetzt worden. Aus war der Traum vom „Bürgermeister“ und von künftigen Untaten als Piratenkapitän. Seine kurze und blutige Laufbahn war schlagartig zu Ende.

      Für die gesamte Schar der Meuterer würde die Sonne nicht mehr scheinen. Die üble Bande, die zuerst unter der Black Queen und dann unter dem Regiment Cascos Angst und Schrecken, Tod und Verderben verbreitet hatte, gab es nicht mehr.

      Nur der Aufenthaltsort der Black Queen blieb den Arwenacks und Kolbergern vorerst ein Rätsel. Dan O’Flynn, der in dem Küstendorf Bilanz zog, hielt das für wichtig genug, um es dem Seewolf sofort zu melden.

      Mit acht Männern begab er sich zum Anlegeplatz der großen Jolle und pullte mit ihnen zur „Caribian Queen“. Die übrigen Mannen blieben im Dorf. Zum Glück hatte niemand schwere Verletzungen davongetragen. Die leichten Verwundungen, die einige abgekriegt hatten, würde der Kutscher, der selbst zum Einsatztrupp gehörte, wieder in Ordnung bringen. Er und die Frauen kümmerten sich bereits darum.

      Während die Jolle auf den Zweidecker zulief, veranlaßte Dan seine Rudergasten zu einem lauten „Ar-we-nack!“

      „Sind die verrückt geworden?“ fragte Smoky. „Wollen sie uns etwa auch noch angreifen? Die müssen doch kapiert haben, daß wir hier an Bord sind.“

      „Das haben sie auch“, sagte Hasard. „Wahrscheinlich wollen sie mit dem Ruf nur auf sich hinweisen, damit wir ihnen nicht aus Versehen auch noch eine Ladung verpassen.“

      „Ach so“, sagte Smoky kleinlaut. „Das kann natürlich sein, aber wir sind ja schließlich auch keine blinden Hühner, daß wir unsere eigenen Leute abschießen.“

      Wenig später enterte Dan mit sechs Männern an Bord, zwei blieben als Wache in der Jolle zurück. Man wollte von vornherein kein Risiko eingehen, obwohl zur Zeit keine direkte Gefahr mehr drohte.

      Der Seewolf, Smoky, Gary, Stenmark und Blacky hieben ihren Kameraden begeistert auf die Schultern.

      „Ihr habt euch wacker geschlagen“, lobte Hasard. „Die Bande sind wir ein für allemal los.“

      Dan winkte verlegen ab.

      „Das hättet ihr genauso geschafft“, sagte er. „Außerdem habt ihr ja auch euren Teil dazu beigetragen. Das gezielte Drehbassenfeuer in der Dunkelheit war auch nicht gerade von schlechten Eltern. Aber nun zum Grund unseres Kommens: Weder die Black Queen noch Caligula sind dort drüben. Wir konnten beide nicht entdecken.“

      Der Seewolf legte die Stirn in Falten.

      „Ich habe das fast schon erwartet“, sagte er, „zumal uns hier an Bord auch schon einige Dinge recht merkwürdig erschienen sind. Nun, Caligula mag sich noch nicht bis zum Schlupfwinkel durchgeschlagen haben, aber wo die Queen steckt, das ist rätselhaft.“

      „Vielleicht ist sie in ihrem eigentlichen Schlupfwinkel geblieben“, sagte Dan. „Das Dorf da drüben ist nämlich kein Piratenschlupfwinkel. Die Kerle haben vorgestern die armen Fischer überfallen und alle, die sich zur Wehr setzten, niedergemetzelt. Dann haben sie sich dort eingenistet und mit dem Gelage begonnen. Einer von ihnen, ein Kreole, hat sich sogar zum Bürgermeister aufgeschwungen. Von einer schwarzen Frau wußten die Dorfbewohner allerdings nichts, demnach war die Queen von Anfang an nicht dabei.“

      Hasard schlug sich mit der Hand vor die Stirn.

      „O Lord“, sagte er, „jetzt geht mir langsam ein Licht auf.“

      „Was meinst du damit, Sir?“ Die Augen der Männer hingen plötzlich wie gebannt an seinen Lippen.

      „Meuterei!“ sagte Hasard. „Es ist zwar unvorstellbar, aber es kann gar nicht anders sein. Nur so kann ich mir erklären, warum die Queen weder bei dem Überfall dabei war noch sich auf dem Schiff aufgehalten hat. Außerdem sieht es hier an Bord, auch in ihrer Kammer, so aus, wie man das nie von ihr erwartet hätte.“

      Für einen Augenblick waren die Arwenacks sprachlos. Der Gedanke, daß die Kerle der Black Queen gemeutert haben könnten, war ihnen genauso unvorstellbar wie zuvor dem Seewolf.

      „Das kann doch gar nicht sein“, meinte Gary Andrews schließlich.

      „Es gibt keine andere Erklärung“, erwiderte der Seewolf. „Wenn die Queen, wie wir erfahren haben, ihre schwere Verwundung überlebt hat, ist sie wahrscheinlich noch ziemlich geschwächt. Caligula aber ist nach Havanna aufgebrochen, und diesen Umstand könnten die Kerle ausgenutzt haben. Bitte – ich kann mich auch irren, aber eine Meuterei würde alles erklären, was uns bis jetzt noch unverständlich war.“

      So langsam gewöhnten sich die Arwenacks an diesen Gedanken.

      „Zum Teufel, ich kann’s immer noch nicht recht glauben“, murmelte Smoky, „aber du mußt recht haben, Sir. Der Gedanke bietet sich regelrecht an.“

      „Verschaffen wir uns doch gleich einmal Gewißheit“, schlug der Seewolf vor. „Für was haben wir denn drei ehrenwerte Mitglieder der noblen Bande an Bord? Wecken wir ruhig einen von ihnen auf, die Kerle pennen ohnehin schon lange genug.“

      „Nehmen wir doch den Dürren, den wir auf der Back gefunden haben“, forderte Smoky, „der pennt schon am längsten.“ Schon verschwand er hinter der Nagelbank, packte den Kerl und schleifte ihn vor den Seewolf. Dann zog er ihm mit spitzen Fingern den Knebel aus dem Mund.

      „Zuerst brauchen wir eine Pütz Wasser“, sagte Hasard, „damit er frisch und munter wird.“

      Wenig später ergoß sich der Inhalt einer Schlagpütz über den Kopf des besinnungslosen Piraten. Er schlug die Augen auf, hustete und blinzelte in den Schein der Laterne, die man inzwischen entzündet hatte.

      Hasard lächelte spöttisch, als ihn der Kerl dumm anglotzte.

      „Ich wünsche, wohl geruht zu haben“, sagte er. „Leider haben wir dich wecken müssen, weil wir dringend etwas mit dir zu besprechen haben.“

      „Wa-was ist los?“ stammelte der Kerl und wollte sich aufrichten. Doch jetzt bemerkte er, daß er gefesselt war und sank sofort auf die Planken zurück. „Wer – wer seid ihr? Und was wollt ihr?“

      „Oh,