Seewölfe Paket 20. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397792
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mit der Black Queen geschehen?“

      Die Augen des Kerls weiteten sich. Ein gehöriger Schrecken fuhr ihm durch alle Glieder. Doch er gewann seine Fassung schnell zurück.

      „Was soll die dämliche Frage?“ stieß er hervor. „Ich sage kein Wort. Wie kommt ihr überhaupt auf dieses Schiff?“

      „Mit deiner freundlichen Hilfe“, erwiderte Hasard.

      „Blödsinn! Ich habe niemandem geholfen!“

      Hasard lächelte verbindlich. „Doch, mein Freund. Statt Ankerwache zu gehen, hast du selig geschnarcht. Also – reden wir nicht um den Brei herum. Die ‚Caribian Queen‘ ist fest in unserer Hand. Deine Kumpane, die dort drüben in dem Fischerdorf wie die Wahnsinnigen gehaust haben, gibt es – dem Himmel sei Dank – nicht mehr. Du und zwei Saufeulen, die dich ablösen wollten, seid die einzigen, die von eurem Haufen übriggeblieben sind. Wenn du jetzt nicht hübsch das Maul auf tust und mir klipp und klar sagst, was ich wissen will, werden nur noch zwei übrigbleiben. Doch zu denen wirst du nicht gehören.“

      Der Kerl schluckte hart. Zuerst konnte er nicht fassen, was der Engländer da sagte. Casco und all die anderen sollten tot sein? Das war unfaßbar! Man mußte sie in der Dunkelheit überfallen haben. In der Tat – es war kein Gegröle mehr zu hören. Wahrscheinlich sagte der Engländer doch die Wahrheit.

      „Ich – ich …“, stotterte der Schnapphahn. Ein kalter Schauer rieselte ihm über den Rücken.

      „Was ist?“ hakte Hasard ein. „Sprich nur aus, was dir auf dem Herzen liegt. Warum ist die Black Queen nicht auf diesem Schiff. Wo steckt sie?“ Er packte den Kerl an seinem schmuddeligen Hemdkragen und zog ihn ein Stück näher zu sich heran. Gleichzeitig zog er sein Messer aus dem Gürtel.

      „Ich – ich sage ja alles!“ In den Augen des dürren Mannes war deutlich die Angst zu erkennen. Gerade vor den Engländern, die der „Caribian Queen“ in den vergangenen Monaten manch harte Schlacht geliefert hatten, empfand er höllischen Respekt.

      „Dann heraus mit der Sprache!“ herrschte ihn der Seewolf an.

      „Die – die Queen ist nicht mehr unser Kapitän.“

      „Das haben wir bereits bemerkt“, meinte Hasard sarkastisch. „Warum sagst du nicht, daß ihr gemeutert habt?“

      Jetzt begann der Schnapphahn zu jammern.

      „Ich kann nichts dafür, glaubt mir! Casco hat die Führung an sich gerissen, ich konnte nichts dagegen tun.“

      „Hör auf, den Jammerlappen zu spielen“, sagte der Seewolf kalt und setzte ihm gleichzeitig das Messer an die Kehle. „Ich will jetzt die ganze Geschichte hören, und zwar lückenlos!“

      Von jetzt an redete der Kerl wie ein Buch. Er erzählte alles über die Meuterei, über den Auftrag Caligulas und berichtete auch haarklein über das, was mit der siechen Black Queen geschehen war. So erfuhren die Seewölfe, daß sie jetzt einsam und verlassen mit vier Getreuen auf einem Eiland der Islas de Mangles saß.

      Als er alles ausgeplaudert hatte, ließ ihn Hasard einfach auf die Planken zurückfallen.

      „Jetzt wissen wir, was gespielt wird“, sagte er. „Mit dir allerdings sind wir noch nicht zu Ende. Du wirst uns als Lotse zu dieser Insel bringen.“

      Der Kerl erklärte sich dazu zitternd bereit.

      Die Arwenacks brauchten eine Weile, bis sie die Geschichte verdaut hatten. Die mächtige Queen siech und auf einer einsamen Insel ausgesetzt – wenn das keine Neuigkeit war!

      Doch die allgemeine Verblüffung dauerte nicht lange. Es gab schließlich einiges zu tun. Jetzt, nachdem sie schon die ganze Bande aufgerieben hatten, wollten sie auch die Black Queen und Caligula, ihren Geliebten, nicht entwischen lassen.

      Hasard setzte mit Dan und einigen anderen Männern zu dem geplünderten Fischerdorf über und besah sich die ganze Bescherung. Der Kutscher hatte sich bereits um alle Verwundeten gekümmert, auch um diejenigen Dorfbewohner, die bei dem Piratenüberfall verletzt worden waren.

      Der Seewolf übergab den gepeinigten Frauen als Trost, und in gewissem Sinne auch als Entschädigung, einen erklecklichen Teil aus der Schatzbeute des Zweideckers, auch wenn das keine toten Ehemänner, Väter oder Brüder ersetzte. Zumindest war den überlebenden Dorfbewohnern damit ein neuer Anfang möglich.

      Als sich die Arwenacks und Kolberger schließlich wieder an Bord der „Caribian Queen“ begaben, die Anker hievten und die Segel setzten, um mit dem erbeuteten Zweidecker zur „Pommern“ zu segeln, standen die Frauen am Ufer und winkten im Schein der immer noch brennenden Feuer mit bunten Tüchern.

      „Wie es scheint, haben wir da drüben gerade im richtigen Moment zugeschlagen“, sagte Dan zufrieden.

      Der Seewolf nickte.

      „Nicht auszudenken, was sonst aus den Frauen geworden wäre.“

      Noch in derselben ereignisreichen Nacht brachen die beiden Schiffe, die „Pommern“ und die „Caribian Queen“, zu den Islas de Mangles auf.

       8.

      Bereits einen Tag vor der Vernichtung der Piratenbande erreichte Caligula auf der erbeuteten Schaluppe den bisherigen Schlupfwinkel der Black Queen.

      Es war Vormittag, als der kleine Einmaster mit raumem Wind in die Bucht einlief. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, die Hitze bedeckte die gleißende Wasserfläche mit einem dunstigen Schleier.

      Caligula, immer noch mit Handketten versehen, stand breitbeinig in der Schaluppe und blickte sich suchend um. Sein wildwuchernder schwarzer Bart verlieh ihm ein groteskes Aussehen.

      Immer wieder ließ er seine Blicke über die Bucht schweifen, doch gleich, welche Richtung er in Augenschein nahm – nirgends war die „Caribian Queen“ zu sehen.

      Verdammt, er hatte sich doch nicht in der Bucht geirrt? Genau hier, im Schutze dieser Insel, hatte das Schiff vor Anker gelegen, und zwar seit einigen Monaten. Jetzt aber war es verschwunden – einfach weg. Bei allen Göttern und Teufeln, so was gab es doch gar nicht! Hatte die Black Queen vielleicht einen anderen Schlupfwinkel gewählt? Wenn ja – warum?

      Der Gedanke war dem herkulischen Neger unvorstellbar. Sie wußte doch, daß er hierher zurückkehren würde. Demnach konnte sie doch nicht einfach verschwinden. Caligula war regelrecht verwirrt, weil er sich keinen Reim auf die leere Bucht bilden konnte.

      Während er weiter in den Schlupfwinkel hineinsegelte, begann er fürchterlich zu fluchen. Da war es ihm unter größten Anstrengungen gelungen, den Häschern des fetten Gouverneurs in Havanna zu entwischen und sich unter großen Schwierigkeiten und Gefahren bis zum Schlupfwinkel durchzuschlagen, und jetzt war da niemand. Es sah aus, als habe sich der riesige Zweidecker in Luft aufgelöst.

      Wo sollte er jetzt suchen? Das Gebiet der Islas de Mangles war groß und die vielen Inseln hatten zahlreiche versteckte Buchten aufzuweisen. Hatte es vielleicht Ärger gegeben, so daß die Queen deshalb gezwungen war, ein anderes Versteck anzulaufen? Warum aber hatte sie dann nicht an ihn gedacht? Sollte er den neuen Ankerplatz der „Caribian Queen“ vielleicht riechen?

      Während er noch fieberhaft überlegte, was in dieser verzwickten Situation am besten zu tun sei, vernahm er plötzlich schwache Rufe, die der Wind über das Wasser trug. Wie von einem Skorpion gestochen fuhr er herum und blickte in die Richtung, aus der die Laute erklungen waren.

      Jetzt sah er auch, wer die Rufe ausgestoßen hatte.

      Vier schwarze Gestalten rannten brüllend am Ufer entlang und winkten verzweifelt zu ihm herüber.

      Caligula riß sofort das Ruder herum und steuerte hart nach Backbord. In gewissem Sinne fiel ihm ein Stein vom Herzen. Die Kerle, die da drüben winkten, gehörten bestimmt zur Besatzung des Zweideckers, auch wenn er das bis jetzt noch nicht genau feststellen konnte. Offenbar hatte die Queen sie hier zurückgelassen, damit sie ihn bei seinem Eintreffen über das neue