Seewölfe Paket 13. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395026
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Schanzkleid und winkten mit lachenden Gesichtern.

      Der Seewolf fühlte sich erleichtert, denn nach der Stimmung, die an Bord zu herrschen schien, konnten die Derwische bei ihrem nächtlichen Überfall nicht viel angerichtet haben.

      Ben Brighton, der Stellvertreter Hasards, bestätigte diese Vermutung, als die Männer wenig später auf die Kuhl der „Isabella“ aufgeentert waren.

      Die Begeisterung an Bord war groß, als die Männer erfuhren, daß die Derwische nach einer kräftigen Abreibung in ihrem eigenen Verlies gelandet waren.

      „Zum Tanzen dürfte es dort etwas zu eng sein“, stellte Ferris Tucker, der Schiffszimmermann, fest. „Also werden sie wohl oder übel mit kaltem Hintern und knurrendem Magen auf die Stunde ihrer Befreiung warten müssen.“

      „Das geschieht ihnen recht“, bemerkte Old Donegal Daniel O’Flynn und stieß sein Holzbein auf die Planken. „Ich habe zwar auch schon Derwische kennengelernt, die wirklich als Bettelmönche gelebt und ihre Religion ernst genommen haben. Aber dieser Salih ist doch wirklich nur ein Beutegeier, und seine Anhänger sind keinen Deut besser als das übelste Piratenpack.“

      „So ist es“, bestätigte Edwin Carberry. „Vielleicht werden sie sich wieder an die Ermahnungen ihres Propheten erinnern, wenn wir sie erst von dem Ballast ihrer irdischen Güter befreit haben.“ Ein dröhnendes Gelächter begleitete seine Worte.

      Doch die Hochstimmung an Bord währte nicht lange. Eine tödliche Gefahr nahte sich rasch und lautlos wie der dunkle Schatten eines riesigen Vogels.

      Gary Andrews, der hagere, aber zähe Fockmastgast, der Bill vor zwei Stunden im Großmars abgelöst hatte, unterbrach die Gespräche der Männer mit einem lauten Ruf.

      Aber da sahen sie auch schon selbst die Karacke, die mit vollem Zeug in die Bucht einlief und direkt auf die „Isabella“ zuhielt.

      Urplötzlich, und für den Mann im Ausguck erst in letzter Sekunde wahrnehmbar, war sie hinter den schroffen Felswänden, die die Einfahrt zur Bucht säumten, aufgetaucht. Die Piratenflagge war gehißt worden, und auch die geöffneten Stückpforten ließen nicht an den Absichten der Karacke zweifeln.

      „Die ‚El Jawhara‘!“ stieß Sobocan hervor, der in der Nähe des Seewolfs stand. Sein sonnengebräuntes Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an.

      Philip Hasard Killigrew reagierte blitzschnell.

      „Alle Mann auf Stationen!“ lautete sein Befehl, und augenblicklich geriet an Bord der „Isabella“ alles, was Beine hatte, in Bewegung. Dennoch wurde kein unnützer Handgriff getan. Jeder an Bord, von den Zwillingen bis hin zum alten O’Flynn, wußte, was in solchen Situationen zu tun war.

      Während der Anker gehievt und die Segel gesetzt wurden, um die Galeone manövrierfähig zu machen, flogen auch schon die Stückpforten hoch. Die insgesamt sechzehn Culverinen mit den überlangen Rohren wurden ausgerannt. Gleich würden sie bereit sein, ihre siebzehn Pfund schweren Eisenkugeln auf die Reise zu schicken.

      Die vier Drehbassen, die vorn und achtern plaziert waren, wurden mit Ben Brighton, Old O’Flynn, dem Kutscher und Edwin Carberry besetzt.

      Während die Zwillinge Bill, dem Moses, dabei halfen, die Kupferbekken mit den glühenden Holzkohlen aus der Kombüse zu holen und sie auf die Geschütze zu verteilen, spannten Batuti und Big Old Shane ihre Bogen, um damit auf Befehl ihre gefürchteten Brand- und Pulverpfeile auf den Gegner abzuschießen.

      Ferris Tucker, der rothaarige Riese, hatte sich der von ihm erfundenen Schleudervorrichtung für die verheerenden Flaschenbomben zugewandt.

      Sand war auf der Kuhl bereits vor dem Auftauchen der Piratenkaracke ausgestreut worden, um den Männern an den Geschützen eine bessere Standfestigkeit zu verleihen. Die „Isabella“ war nach dem Kampf mit den Derwischen, so gut es ging, gefechtsklar geblieben. Das sollte sich jetzt sehr vorteilhaft auswirken.

      Obwohl die wüsten Gestalten an Bord der Karacke bereits einigermaßen deutlich zu erkennen waren, ließ Philip Hasard Killigrew seine Blicke mit Hilfe des Spektivs über die Decks der „El Jawhara“ wandern.

      Längst hatte er gemäß der detaillierten Beschreibung Sobocans, der neben ihm stand, jenen kleinen, dikken Mann mit dem kahlen Schädel und dem feisten Gesicht erkannt, der auf dem Achterdeck stand und irgendwelche Befehle schrie.

      Es war Barabin, der Kapitän der Seeräuberkaracke. Sein trotz der kühlen Morgenluft nackter Oberkörper und der dünne, schwarze Oberlippenbart verliehen ihm ein verwegenes Aussehen. Seine pludrigen Hosen steckten in Seemannsstiefeln, die er wahrscheinlich irgendwann erbeutet hatte, und an seiner Hüfte baumelte ein Krummsäbel. Das also war Barabin, der Schrecken der türkischen Küsten, der sich wie eine ausgehungerte Hyäne auf jedes Schiff stürzte, das ihm in die Quere geriet.

      „Wahrscheinlich war dieser Barabin in Küstennähe unterwegs zu seinem Busenfreund Salih“, sagte Hasard zu Sobocan. „Durch irgendeinen Zufall muß er uns in der Bucht bemerkt haben. Und jetzt will er den Überraschungsmoment für sich nutzen. Na gut, da wollen wir ihm das Frühstück gleich mal etwas versalzen.“

      Von da an überstürzten sich die Ereignisse.

      Noch während die Karacke mit voller Fahrt auf die „Isabella“ zuhielt, um den Abstand so weit zu verringern, daß die Galeone in die Reichweite ihrer Geschütze geriet, tönte der Feuerbefehl des Seewolfs über die Decks.

      Und damit erlebte Barabin seine erste böse Überraschung, denn er hatte nicht damit gerechnet, daß die Culverinen jener ranken Galeone durch ihre Überlänge eine wesentlich größere Reichweite hatten als seine eigenen Geschütze.

      Die Folgen dieser Fehlkalkulation blieben nicht aus.

      Mit ungeheurer Wucht stießen die Culverinen der Steuerbordseite der „Isabella“ ihre Ladungen aus und ließen das Schiff leicht überkrängen. Die schweren Geschütze rollten zurück und wurden durch die Brooktaue abgefangen. Sofort gab Al Conroy den Befehl, die Culverinen erneut aufzuladen, was mit Windeseile geschah.

      Die „El Jawhara“ und ihre Besatzung wurden durch die plötzliche Breitseite der „Isabella“ völlig überrascht. Während zwei der siebzehn Pfund schweren Kugeln hohe Fontänen emporrissen, verwandelten die übrigen Geschosse die Karacke Barabins in ein halbes Wrack, noch bevor der erste Schuß abgefeuert worden war. Erst in dem Augenblick, in dem die Geschütze der englischen Galeone aufgebrüllt hatten, war der Befehl Barabins zum Beidrehen ergangen. Erst jetzt hatte sein Schiff den Abstand zur „Isabella“ so weit verringert, daß er an einen Einsatz seiner Geschütze denken konnte.

      Ein fürchterliches Krachen und Splittern vermischte sich an Bord der „El Jawhara“ mit dem Fluchen und Schreien der Piraten. Im Vorschiff klaffte ein beträchtliches Leck. Teile der Back waren zerfetzt worden, der Fockmast hatte sich mit einem häßlichen Geräusch zur Seite geneigt und war schließlich völlig umgeknickt und über Bord gegangen. Auch auf dem Achterdeck der Karacke war nicht mehr viel heil geblieben.

      Barabin hatte sich mit einem Wutschrei auf die Planken geworfen, und wahrscheinlich verdankte er dieser Reaktion sein Leben.

      Doch nicht nur die Culverinen der „Isabella“ hatten ihre Arbeit aufgenommen, auch die Drehbassen begannen damit, Feuer und Eisen zur „El Jawhara“ hinüber zu schicken. Kettenkugeln entfalteten sich und zerfetzten einen Großteil der restlichen Takelage. Spieren und Stengen flogen durch die Luft, das Großmarssegel sowie das Großsegel hingen plötzlich in Fetzen.

      An Bord des Piratenschiffes entstand Wuhling. Schreie und Befehle hallten über das Schiff. Dazwischen war das Jammern und Stöhnen der Verwundeten zu hören.

      „Feuer! Schießt die verfluchten Giaurs zusammen! Reißt sie in Stükke!“ brüllte Barabin wie ein Irrsinniger. Er achtete nicht mehr darauf, daß sein Schießbefehl verfrüht war, denn die Geschütze der Steuerbordseite seines Schiffes brüllten bereits auf, als die „El Jawhara“ noch beizudrehen versuchte. Die Kugeln klatschten wirkungslos ins Wasser, nur eine beschädigte die Balustrade zwischen Back und Galionsdeck der „Isabella“.

      Die