Seewölfe Paket 13. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395026
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      „Und er ist wieder darauf aus, was auf die Jacke zu kriegen?“ sagte der alte O’Flynn. „Ho, Kerls, dann nur zu, er wird sich wundern, was für einen herzlichen Empfang wir ihm bereiten.“

      „Unterschätze ihn nicht“, mahnte Smoky. „Er ist jetzt nicht mehr allein, und Selim ist ebenfalls ein äußerst gefährlicher Gegner für uns – gefährlicher als beispielsweise dieser Don Gennaro in Neapel. Selim haßt uns wie die Pest, er hat die Niederlage auf Rhodos bestimmt nicht verwunden.“

      „Soll das heißen, daß du vor ihm kneifen würdest?“ brummte der Alte.

      „Ach, Unsinn.“

      „Kneifen will auch ich nicht“, sagte Hasard. „Aber ich will Henry und Selim doch meiden, um unnötige Verluste zu verhindern. Es wäre sinnlos, ihn abzuwarten, mehr noch, es wäre unverantwortlich von mir. Einen Denkzettel haben wir ihm mehrfach verpaßt, das sollte uns genügen.“

      „Mit anderen Worten?“ fragte Shane.

      „Wir sind quitt mit ihm“, entgegnete Hasard. „Ich werde versuchen, ihn endgültig abzuhängen, indem ich die Insel Zypern an ihrer Westseite runde.“

      Er wollte noch etwas hinzufügen, aber in diesem Moment meldete sich Bill mit heller Stimme aus dem Großmars. „Deck! Boot Backbord voraus – ein Einmaster!“

      Die Männer drehten sich um und spähten voraus, vermochten im verblassenden Büchsenlicht jedoch nichts zu erkennen. Hasard holte sein Spektiv aus dem Wams, stieg auf die Back und eilte nach vorn. An der Querbalustrade über der Galionsplattform verharrte er, zog das Rohr auseinander und hob es ans Auge.

      Durch das Okular konnte er schwach die Umrisse des von Bill entdeckten Einmasters erkennen.

      „Offenbar ist es eine Tartane“, sagte er zu Ben, Shane, Ferris und den O’Flynns, die ihm gefolgt waren. „Ich kann keinen Menschen an Bord sehen.“

      „Das Boot scheint herrenlos zu sein!“ meldete nun auch Bill.

      „Trotzdem ist es unsere Pflicht, uns davon zu vergewissern“, sagte der Seewolf. „Wir nehmen Kurs darauf und sehen es uns aus der Nähe an.“

      Die Tartane war ein typisches Fahrzeug des Mittelmeerraumes, das als Frachtensegler oder als Fischerboot benutzt wurde. Das Boot, auf das die „Isabella“ zuhielt, war mit einem Pfahlmast versehen. Das große Lateinersegel hing aufgegeit an der langen Gaffelrute, und auch die Fock war geborgen worden. So, wie es da ohne Fahrt auf den Wellen dümpelte, erweckte es von weitem den Anschein eines geisterhaften Schiffchens, dessen Besatzung schon vor Stunden von Bord gegangen war. In den Gedanken der Männer der „Isabella“ wurde so manche Erinnerung an die unheimlichen Begegnungen wach, die sie im Laufe der Jahre auf den Weltmeeren gehabt hatten.

      „Das ist ein Spukschiff“, sagte Old O’Flynn denn auch prompt. „Es bringt uns Unheil. Am besten weichen wir in einem großen Bogen aus.“

      Der Seewolf blickte unausgesetzt durch sein Spektiv, doch von der Tartane war in der zunehmenden Dunkelheit jetzt kaum noch etwas zu erkennen.

      „Fang nicht mit deinen Unkereien an, Donegal“, sagte er. „Es wird schon keinen Dämon an Bord haben, auch nicht die Pest, vielleicht aber jemanden, der unsere Hilfe braucht.“

      „Winkt dieser Jemand uns etwa zu?“ fragte der Alte.

      „Nein. Es regt sich nach wie vor nichts.“

      „Na bitte. Wahrscheinlich ist es gar kein richtiges Boot.“

      „Kein richtiges Boot?“ wiederholte Ferris Tucker verdutzt. „Ja, was denn wohl sonst?“

      „Ein Schemen, ein Trugbild. Etwas, das uns die Mächte der Finsternis vorgaukeln, um uns auf ein Riff zu locken“, erwiderte Old Donegal Daniel O’Flynn grantig.

      Ferris kratzte sich nachdenklich am Kopf.

      Big Old Shane schnitt eine Grimasse und sagte: „Phantasie hast du ja genug, das muß man dir lassen, Donegal. Kannst du das Riff, von dem du sprichst, vielleicht schon im Wasser leuchten sehen, he? Oder siehst du irgendwo deine Gespenster und Spukgeister in der Dunkelheit grinsen?“

      „Rede du nur“, brummte der Alte. „Deine Ansichten kenne ich ja zur Genüge. Dich holt eines Tages der Teufel höchstpersönlich.“

      „Dich nimmt er bestimmt eher als mich auf die Schippe.“

      „Das werden wir ja sehen“, sagte Old O’Flynn giftig.

      „Beidrehen!“ rief der Seewolf. „Wir sind nah genug heran! Geit auf die Segel! Ben, die Männer sollen in Lee ein Beiboot abfieren!“

      „Aye, Sir.“ Ben Brighton zeigte klar und ging fort. Er stieg auf die Kuhl hinunter und gab den Befehl an Carberry weiter, der sich daraufhin zur Crew umwandte und brüllte: „Habt ihr das nicht gehört, ihr Kanalratten?“

      „Ed“, sagte der Seewolf scharf. „Nicht so laut. Von jetzt an wird nur noch gedämpft gesprochen, verstanden?“

      „Aye, Sir“, erwiderte der Profos ein wenig verlegen. „Und die Achterlaterne zünden wir wohl auch nicht an, oder?“

      „Sehr richtig.“

      Carberry fuhr wieder zu den Männern auf der Kuhl herum. „Kein Licht anzünden, ihr Himmelhunde!“ zischte er. „Und daß mir ja keiner das Maul zu weit aufreißt, sonst raucht es im Schapp.“

      Blacky, Batuti, Matt Davies und Luke Morgan hatten die Jolle der Steuerbordseite von ihrer Segeltuchhülle und den Zurrings befreit, jetzt begannen sie, sie vom Deck hochzuhieven, außenbords zu schwenken und in Lee abzufieren. Der Rest der Deckswache geite die Segel auf. Rasch verlor die Galeone an Fahrt, und als sie schließlich beigedreht in der See lag, ließ der Seewolf die Jakobsleiter ausbringen und kletterte mit Shane, Ferris, Blacky und Dan in das Boot hinunter.

      Stille herrschte jetzt, unterbrochen nur vom Knarren der Blöcke und Rahen und dem Plätschern des Wassers an den Bordwänden.

      Hasards Vorsicht war begründet. Falls es sich bei den Verfolgern tatsächlich um Lord Henry und Selim handelte, dann waren diese bestimmt hartnäckig genug, die Suche auch in der Nacht fortzusetzen. Vielleicht schoben sie sich näher und näher heran, während die „Isabella“ wegen der Tartane Zeit verlor. Und ein winziger Lichtschimmer oder ein zu laut gesprochenes Wort konnte die Position der Seewölfe verraten.

      Hasard nahm als Bootsführer auf der Heckducht der Jolle Platz und griff nach der Ruderpinne. Ferris drückte das Boot mit Hilfe eines Bootshakens von der Bordwand der „Isabella“ ab, dann nahm auch er auf einer Ducht Platz und begann zusammen mit Shane, Blacky und Dan zu pullen.

      Rasch war die Jolle bei der sanft im Wasser dümpelnden Tartane angelangt. Sie ging längsseits, und Hasard richtete sich von seinem Sitzplatz auf, um einen Blick ins Innere des Einmasters zu werfen. Er glaubte, unter den Duchten eine Gestalt zu erkennen, und schlug alle Warnungen und Ratschläge Old O’Flynns in den Wind – er enterte die Tartane und beugte sich mit besorgter Miene über den Mann, dessen verwittertes Gesicht er jetzt erkennen konnte.

      Seine vier Männer blickten zu ihm hinüber, sie hatten die liegende, reglose Gestalt ebenfalls entdeckt.

      „Ist er tot?“ fragte Shane.

      Hasard hatte an der Brust des alten Mannes gelauscht und nach dessen Pulsschlag gesucht. Jetzt erhob er sich und antwortete: „Nein. Er lebt noch. Man hat ihn übel zugerichtet, aber vielleicht können wir ihn noch retten. Los, bringen wir ihn an Bord der ‚Isabella‘.“

      2.

      Vorsichtig betteten sie den Fremden auf den Boden der Jolle, dann nahmen sie die Tartane in Schlepp und kehrten zur „Isabella“ zurück. Hasard lud sich den Bewußtlosen auf die Schulter und kletterte an der Jakobsleiter hoch. Shane, Ferris, Dan und Blacky brachten die Tartane zum Heck des Schiffs und vertäuten sie dort.

      Die Zeit, die sie dadurch verloren, verstrich