Seewölfe Paket 19. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397785
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hatte große Angst, aber er riß sich zusammen. „Und welchen Sinn hat es, diesen Ribault zu verfolgen?“ fragte er.

      „Wir verfolgen ihn nicht. Wir warten hier auf ihn. Du mußt zugeben, daß das ein großer Unterschied ist.“

      „Du meinst – er kehrt zurück?“ fragte Willem entgeistert.

      „Mit Sicherheit. Er ist zur Ostseite von Gran Cayman gesegelt und holt Verstärkung“, erwiderte sie. „Du mußt wissen, daß er Verbündete wie den Seewolf und eine Bande von behelmten Nordmännern hat – Narren, die sich für ihn schlagen. Sie dachten, sie könnten uns hier eine Falle stellen, aber sie haben sich getäuscht.“

      Willem war erblaßt, der Gedanke an die bevorstehende Schlacht ließ seine Knie weich werden. „Läßt sich das Gefecht denn nicht verhindern? Denk doch an die schönen Schiffe.“

      „Es ist Ribault, der uns angreift“, sagte die Queen kühl. „Wir weichen nicht vor ihm zurück. Diese Blöße geben wir uns nicht. Wenn er uns herausfordert, schlagen wir voll zurück. Und vergiß nicht, daß er mit Rivero zusammen als Spion für die Spanier arbeitet.“ Sie fuhr herum und schrie zur „Aguila“ hinüber, die auf Rufweite herangestaffelt war: „Wollt ihr vor Ribault und Rivero kneifen?“

      „Nein!“ rief Jaime Cerrana erbost zurück. „Lieber jage ich mir eine Kugel durch den Kopf! Und mit Rivero habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen!“

      „Wollt ihr also den Kampf?“

      „Ja!“

      Rufe schallten auch zwischen der „Aguila“ und der „Buena Estrella“ sowie der „Vascongadas“ hin und her. Rasch hatten sich die Siedler an Bord der beiden spanischen Galeonen davon überzeugt, daß es gut war, die „Le Vengeur III.“ und deren Verbündete zu vernichten. Schließlich waren das spanische Spione – so stellte die Queen es dar, und so nahmen die Männer es ihr auch unbesehen ab.

      „Siehst du, Willem“, sagte die Queen. „Es herrscht Einigkeit, wir brauchen nicht abzustimmen. Die Umsiedlung nach Tortuga und Hispaniola darf durch Bastarde wie Ribault, Rivero und die Rote Korsarin nicht verhindert werden. Will dir das nicht in den Kopf?“

      „Na-natürlich will mir das in den Kopf“, erwiderte er.

      „Also hast du nichts an meinen Befehlen zu kritisieren?“ Durchdringend blickte sie ihn an.

      „Absolut nichts.“

      „Das habe ich gewußt“, sagte sie. „Dann überlege dir, ob du beim Kampf auf dem Achterdeck bleiben willst oder nicht. Ich würde es schätzen, dich an meiner Seite zu wissen, aber ich weiß nicht, ob du die Courage hast.“

      Willem wußte selbst nicht, wie ihm geschah.

      „Ich bleibe“, sagte er heiser. „Emile, du hast die freie Wahl.“

      „Ich? Oh, ich muß nachsehen, ob die Kombüsenfeuer schon gelöscht worden sind.“ Mit diesen Worten verschwand Emile Boussac vom Achterdeck, eilte über die Kuhl und schlüpfte durch das Vordecksschott in die Kombüse. Aufatmend lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Wand des Raumes.

      Der Koch lachte hämisch. „Hast du die Hosen schon voll? Warte, bis dir die Kugeln und die Schiffstrümmer um die Ohren fliegen. So heiß ging es bestimmt nicht her, als dir deine Kneipe über dem Kopf zusammenbrach.“

      Emile war elend zumute. Er war kein Held, aber ein bißchen zäher als Willem war er doch, jedenfalls bildete er sich das ein. Willem, dessen war er sicher, würde seinen heroischen Entschluß, auf dem Achterdeck zu bleiben, noch bereuen.

       10.

      Die „Le Vengeur III.“ hatte die „Isabella IX.“ und den Schwarzen Segler erreicht und drehte mit aufgegeiten Segeln auf Rufweite bei.

      „Die Queen scheint uns durchschaut zu haben!“ rief Jean Ribault. „Sie denkt nicht daran, uns weiter zu verfolgen! Sie liegt mit ihrem Verband zwei Meilen nördlich querab der Todesbucht und wartet ab!“

      „So ein Mist“, sagte der Seewolf. „Auf diese Weise packen wir sie also nicht.“

      „Das habe ich mir schon gedacht“, sagte der alte O’Flynn.

      „Warum hast du uns dann nicht gewarnt?“ fragte Big Old Shane drohend. Er lag fast ständig mit dem Alten im Streit, vor allem wegen dessen Aberglaubens.

      „Ihr hättet ja sowieso nicht auf mich gehört“, erwiderte er störrisch.

      Während sich der Disput zwischen ihnen entwickelte, faßte der Seewolf rasch seinen Entschluß. Er mußte erkennen, daß sein Plan nicht geklappt hatte. Die Queen war raffinierter, als er gedacht hatte, sie ging ihm nicht auf den Leim.

      „Ruhe!“ rief Hasard, und jedes Gespräch verstummte. „Angriff ist die beste Verteidigung! Wenn wir die Queen noch stellen wollen, ist das unsere einzige Möglichkeit!“

      „Dann verfahren wir nach dem Motto!“ brüllte Thorfin Njal von Bord des Schwarzen Seglers. „Auf was warten wir noch? Ich habe mein Messerchen gewetzt, aber wenn wir noch länger hier herumdümpeln, fängt es an zu rosten!“

      „Jean, Siri-Tong, seid auch ihr einverstanden?“ rief der Seewolf.

      „Ja!“ tönte es zweistimmig zurück.

      „Den Anker lichten!“ schrie Hasard. „Wir gehen auf Kurs Norden, fallen nach drei Meilen ab und segeln vor dem Wind auf den Gegner zu!“

      „Alle Mann auf Posten!“ brüllte Carberry. „Wird’s bald, ihr Kakerlaken? Bindet euch die Hosenbeine zu und zurrt die Ohren fest, damit sie euch nicht abfallen! Mister Davies, soll ich dir dein dämliches Grinsen aus dem Gesicht wischen? Bewegt euch, ihr Rübenschweine, hopp, hopp, keine Müdigkeit vorschützen! Ihr beiden – bringt die Hündin weg!“ Damit waren die Zwillinge gemeint, die auch sofort Plymmie in die Kombüse führten und einsperrten. „Sir John, du Nebelkrähe, verzieh dich!“ brüllte Carberry, und auch der Aracanga zog es vor, im Achterdeck Deckung zu suchen.

      Es wurde ernst. Das Versteckspiel war vorbei, die Karten wurden offen auf den Tisch gelegt. Deswegen brauchten die Männer an Bord der drei Schiffe auch nicht mehr zu schweigen. Die Queen und deren Spießgesellen konnten das Gebrüll ohnehin nicht hören – der Wind trug es ins Innere der Insel.

      Die Queen sah ihren Feind erst, als die „Le Vengeur III.“, die „Isabella IX.“ und der Schwarze Segler an der Nordostseite von Gran Cayman aus dem Morgendunst hervorstießen und Kurs auf ihre vier Galeonen nahmen.

      Rasch schrumpfte der Abstand zwischen den beiden Parteien zusammen. Die Reichweite der Kanonen war jetzt fast gewährleistet, gut eine Meile lag zwischen den vier Galeonen und den drei Schiffen des Seewolfs. Aber kein Schuß fiel. Eine Nervenprobe begann – wer würde als erster feuern?

      Hasard hatte den strikten Befehl gegeben, ohne sein Zeichen nicht das Feuer zu eröffnen. Daran hielten sich die Männer. Sie kauerten an ihren Geschützen und spähten aus zusammengekniffenen Augen zum Gegner, aber noch entzündeten sie nicht die Enden der Lunten in der Glut der bereitstehenden Kupferbecken.

      Ferris Tucker stand an seiner Höllenflaschenabschußkanone, Big Old Shane und Batuti hielten sich mit ihren Langbögen aus englischer Eibe bereit. Sie schickten sich an, in den Großmars und Vormars der „Isabella“ aufzuentern, aber auch dazu warteten sie den Befehl des Seewolfes ab.

      Thorfin Njal thronte wie Odin höchstpersönlich auf seinem Achterdecksstuhl und rührte sich nicht. Seine Miene war wie versteinert, kein Muskel zuckte in seinem Gesicht. Gespannt blickten seine Männer voraus, und auch auf dem Schwarzen Segler waren die Kanonen feuerbereit und glomm die Holzkohlenglut in den Metallbecken.

      Die „Le Vengeur III.“ segelte am weitesten nach Norden versetzt. Noch hielten die drei Schiffe – die „Isabella“ lag in der Mitte, „Eiliger Drache“ segelte am dichtesten unter Land – auf Parallelkurs auf den Feind zu, aber das sollte sich rasch ändern. Platt lagen sie vor