Frausein zur Ehre Gottes. Hanna-Maria Schmalenbach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hanna-Maria Schmalenbach
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783862567843
Скачать книгу
Jesu. So wirkt die Gemeinde als „Licht und Salz“ in ihrer Kultur. Dies wird in der Zeit zwischen der Himmelfahrt und der Wiederkunft Jesu immer unter Kampf und Anfechtung geschehen, in der Spannung zwischen dem „Schon-Jetzt“ des neuen Lebens aus Gott und dem „Noch-Nicht“ seiner ungehinderten und vollständigen Manifestation in einer Welt, die von Sünde und Leid gezeichnet ist (Willowbank Report 1981, 336). Dabei wird die Gemeinde Jesu Zeichen setzen, die auf die zukünftige vollkommene Gottesherrschaft hinweisen und hinwirken.57 Mit der Zeit wird das Zeugnis der Gemeinde, die ihrem Herrn gehorsam ist, heilende Auswirkungen auf die sie umgebende Gesellschaft haben, auch unter denen, die nicht zur Gemeinde gehören.58

      Dies geschieht umso mehr, je besser sie es versteht, ihr Leben unter Gottes Herrschaft in den kulturellen Formen ihrer Umgebung und so in sie hinein zu gestalten, dass die Gesellschaft nicht destabilisiert, sondern wirklich geheilt wird, und das Evangelium nicht gehindert, sondern in seiner Ausbreitung gefördert wird. Dabei wird die Gemeinde um des Evangeliums willen und aus Liebe zu den Menschen, die sie gewinnen möchte, sensibel und demütig um die rechten Formen ringen müssen, die in jeder Kultur anders aussehen können (1Kor 9,19–23; Lausanner Verpflichtung 1974, 15; Willowbank Report 1981, 320). Den Beginn dieses bis heute in der Weltmission andauernden Kontextualisierungsprozesses beschreibt uns die Heilige Schrift beim Übergang des Evangeliums von der jüdischen Kultur in die hellenistische Welt. Hier können heutige Mitarbeiter im interkulturellen Kontext von dem ersten Missionar unter Nichtjuden, dem Apostel Paulus, die nötigen Prinzipien lernen, um sie in ihrer eigenen Missionssituation im gleichen Sinn umzusetzen.

      Fragt man nun nach der Rolle der Frau in verschiedenen Kulturen dieser Erde, so fällt zunächst die Vielfalt auf, mit der diese in unterschiedlichen Volksgruppen definiert und gelebt wird. Diese Beobachtung hat seit den ersten entsprechenden anthropologischen Forschungen in den 1930er Jahren die bis heute allgemein verbreitete Ansicht gestärkt, dass geschlechtsspezifische Rollen- und Verhaltensunterschiede rein kulturell geprägt, willkürlich festgelegt und veränderbar seien (Bischof-Köhler 2004, 16).59 Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die kulturelle Vielfalt im Verhalten der Geschlechter nicht unbegrenzt ist, sondern sich in gewissen Grundmustern bewegt. So wurde deutlich, dass jede Kultur Geschlechterunterschiede anerkennt und zum Ausdruck bringt, die über die unmittelbaren Fortpflanzungsfunktionen hinausgehen (Bischof-Köhler 2004, 165; Mead 1992, 10–11; Rosaldo 1974, 18). Bei aller kulturellen Vielfalt lässt sich auch hier ein universales Kulturmuster erkennen (Murdock 1980, 125), dessen Grundlage zunächst wieder in der „biologischen und psychologischen Natur des Menschen und den universalen Gegebenheiten der menschlichen Existenz“ (Murdock 1980, 125)60 vermutet werden muss.

      In allen Kulturen werden für die Geschlechterrollen folgende vier Merkmale gefunden:

       2.2.1.1 Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung

      Jede Kultur schreibt Männern und Frauen jeweils bestimmte Tätigkeiten als geschlechtstypisch zu (Bamberger 1974, 277; Llobera 2003, 35). Dabei lässt diese Zuordnung ein gewisses Grundmuster erkennen, in dem als typisch männliche Tätigkeiten eher solche definiert werden, die körperlich anstrengend sind, häufiger eine organisierte Kooperation erfordern und einen großen Bewegungsradius beanspruchen. Als typisch weibliche Tätigkeiten gelten diejenigen, die körperlich weniger anstrengend sind, eher individuell ausgeführt werden und nur eine geringe Mobilität erfordern (D’Andrade 1967).61 Dennoch wirkt die Zuordnung im Einzelnen vielfach willkürlich und ist durch körperliche Unterschiede zwischen Mann und Frau nicht allein erklärbar.62

       2.2.1.2 Trennung der Wirkungsbereiche in die öffentliche und private Sphäre

      Eine weitere Grundtendenz in der Geschlechterordnung der meisten Kulturen ist eine Aufteilung der Arbeits- und Verantwortungsbereiche in die öffentliche Domäne für den Mann und die private häuslichfamiläre für die Frau (Rosaldo 1974, 23ff; Pezaro 1991, 39). Diese Aufteilung ist in allen Kulturen feststellbar, jedoch in unterschiedlich starker Ausprägung (Mead 1992, 50–55; Pezaro 1991, 39; Clark 1980, 414).

       2.2.1.3 Geschlechtsspezifische Normvorstellungen

      Ein drittes universales kulturelles Merkmal ist die Zuordnung von geschlechtsspezifischen Rollen und Normen (Rosaldo 1974, 18; Bischof-Köhler 2004, 166–167; Mead 1992, 10). Diese werden in Stereotypen ausgedrückt und zeigen dann in vereinfachter und überhöhter Form an, wie ein typischer Mann und eine typische Frau sein und sich verhalten müssen. Das betrifft Charaktereigenschaften, Gebräuche, Verhaltensweisen, Kleidung und vieles mehr. Diese Normvorstellungen weisen in unterschiedlichen Kulturen manche Ähnlichkeiten auf (Bischof-Köhler 2004, 166),63 gleichzeitig aber auch deutliche Unterschiede (Rosaldo 1974, 18; Bischof-Köhler 2004, 167–168).

       2.2.1.4 Ungleichheit des Status

      Ebenfalls in allen Kulturen zu beobachten ist ein Statusunterschied zwischen den Geschlechtern, wobei dem Mann grundsätzlich ein höherer Status und mehr Autorität zugeschrieben wird als der Frau (Rosaldo 1974, 3.17; Ortner 1974, 69–70). Diese Assymmetrie der Geschlechter scheint ein tiefgreifendes Prinzip zu sein (Ortner 1974, 67). So wird die Sozialstruktur in allen bekannten Gesellschaften der Erde von Männern dominiert (Rosaldo 1974, 3.13; Ortner 1974, 67; Goldberg 1977, 26; King 1995, 1), und es wird grundsätzlich den Aktivitäten von Männern ein höherer Wert und Status zugeschrieben als denen von Frauen (Rosaldo 1974, 17.21; Ortner 1974, 69; Mead 1992, 146–147; Goldberg 1977, 45).64 N. Chodorow spricht von einer „soziokulturellen Überlegenheit des Mannes“ (Chodorow 1974, 67), K. Lenz von einem „natürlichen Autoritätsvorsprung des Mannes“ (Lenz 1998, 44). Dabei ist die Ausprägung dieser Assymmetrie nicht in allen Kulturen gleich stark, eine wirklich egalitäre oder gar matriarchalische Gesellschaft wurde jedoch nie gefunden (Ortner 1974, 70; Bamberger 1974, 263; Goldberg 1977, 26; Bischof-Köhler 2004, 175.177).

      In einigen Kulturen sind nun alle genannten Merkmale stark ausgeprägt und sogar gesetzlich festgelegt,65 in anderen gibt es viel Gestaltungsspielraum mit sich überschneidenden Arbeits- und Verantwortungsbereichen für Mann und Frau und einem geringen Autoritätsabstand zwischen ihnen.66 Insgesamt gibt es innerhalb des beschriebenen Grundmusters weltweit ein fast grenzenloses Spektrum an Variationen,67 in denen jedoch immer eine gewisse geschlechtsspezifische Aufteilung der Tätigkeiten, Wirkbereiche und Rollen sowie die Statusungleichheit mit dem Autoritätsvorsprung des Mannes zum Ausdruck kommen.

      Sucht man nun nach einer Ursache für das beschriebene universale Rollenmuster in der Geschlechterbeziehung, so muss wie bei allen universalen Kulturphänomenen an biologische Einflussfaktoren gedacht werden (Bischof-Köhler 2004, 20), ohne dabei jedoch den wichtigen Einfluss der Sozialisierung von Männern und Frauen aus den Augen zu verlieren (Hines 2004, 214). Neurophysiologische und entwicklungspsychologische Forschungen der letzten Jahrzehnte haben hier wichtige Erkenntnisse gebracht über einzelne ursächliche Faktoren und ihre untrennbare Verknüpfung:

      Außer den offensichtlichen körperlichen Geschlechterunterschieden, die auch eine signifikante Differenz in der durchschnittlichen Körpergröße und Muskelkraft einschließen,68 gibt es auch Unterschiede in bestimmten Denkstrukturen und Verhaltensneigungen, die sich auf biologische Einflüsse zurückführen lassen. Obwohl diese im Vergleich zu den Gemeinsamkeiten zwischen beiden Geschlechtern gering sind (Hines 2004, 3.217; Van Leeuwen 2007, 178–181) und nur Durchschnittswerte mit großen Überlappungsbereichen darstellen (Bischof-Köhler 2004, 24–25; Hines 2004, 4.19; Maccoby 1999, 5),69 lassen