Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745215021
Скачать книгу
ahnte er oder glaubte weiterhin nicht, dass Sie nicht Franky Steinfurt sind. Vielleicht will er sehen, wie Sie auf den Leichenfund reagieren. Wenn Sie jetzt die Polizei benachrichtigen, wird er erfahren, dass Sie der gleichen Branche angehören."

      "Was hätte er davon? Die polizeilichen Nachforschungen müssten wie ein Bumerang wirken und unweigerlich auf ihn, den Wohnungseigentümer und Schlüsselbesitzer, zurückfallen."

      "Das ist richtig."

      "Ich habe eine andere Theorie", sagte ich nachdenklich. "Der Mörder wusste, dass die Wohnung im Augenblick leer steht. Er konnte nicht ahnen, dass uns Krawulke hier eine Bleibe verschaffen würde. Deshalb hat er den Toten hier deponiert."

      "Sie halten es für denkbar, dass man ihn wieder abholen wird?", fragte Karla.

      "Ich bin mir dessen ziemlich sicher. Es ist nur Instinkt, eine Ahnung. Vielleicht haben wir Glück und der oder die Täter tauchen heute Nacht auf. Er sollte nicht gefunden werden. Das wir darüber stolpern, war nicht vorgesehen – sie werden ihn verschwinden lassen."

      "Eine reizende Vorstellung!"

      "Ich muss mich mit Herrn Fischbein in Verbindung setzen", sagte ich. "Vielleicht erwirke ich einen Aufschub, eine Sondergenehmigung. Denn wenn hier erst einmal die Inspektion A aufkreuzt, wird der Täter gewarnt sein."

      "Wollen Sie von hier telefonieren?", fragte Karla. "Das geht nicht. Die Leitung ist tot. Offenbar hat man den Anschluss aufgehoben."

      Ich zuckte mit den Schultern und klopfte den Toten nach Papieren ab. Er hatte keine bei sich. Die Brieftasche war völlig leer. Sie war aus billigem Material und sah so aus, als sei sie geradewegs aus einem Ramschladen gekommen.

      Ich ging zurück ins Wohnzimmer. Karla folgte mir.

      "Wissen Sie, was ich glaube?", fragte sie und schaute mich dabei prüfend an.

      "Man hat den Toten nachträglich in diese alten, schäbigen Klamotten gesteckt. Sie sollen denjenigen, der den Toten findet, irreführen. Der Bursche soll wie ein Stadtstreicher wirken. Aber man braucht sich nur sein Gesicht anzusehen, um sofort zu wissen, dass der Mann mehr im Kopfe hatte als den Wunsch, auf einer Parkbank zu schlafen und sich mit Schnaps vollzupumpen."

      "Kann schon sein. Ich hatte vorhin schon ähnliche Gedanken", sagte ich und ließ mich in den bequemen Sessel fallen.

      Karla setzte sich auf den Tischrand. Ich bewunderte ihre Figur und die langen, schlanken Beine. Beinahe könnte ich darüber den Toten im Bad vergessen.

      "Was ist mit Frank Steinfurt?" fragte sie etwas lauter als zuerst beabsichtigt. Sie hatte meine Blicke wohl bemerkt und wollte so wieder meine volle Aufmerksamkeit. "Sind Sie ganz sicher, mit dem richtigen Mann gesprochen zu haben?"

      "Ich habe ihn nicht gekannt, ich weiß nur von Bildern, wie er aussieht... Aber davon habe ich genug gesehen, um zu wissen, dass ich mit Steinfurt gesprochen habe."

      "Was wollte er da unten?"

      "Keine Ahnung."

      "Ob er den Toten abholen wollte?"

      "Das glaube ich nicht."

      "Aber er ist der einzige, der außer Herrn Krawulke einen Schlüssel für die Wohnung hat. Steinfurt wusste auch, dass die Mansarde unbenutzt ist..."

      "Vielleicht gehen wir ein paar Schritte zu weit", sagte ich einschränkend.

      "Vielleicht war der Tote tatsächlich nur ein einfacher Stadtstreicher."

      "Sie meinen, er sei eines natürlichen Todes gestorben?", fragte mich Karla.

      "Warum nicht? Ich wette, hier in der Gegend gibt es Dutzende seines Kalibers. Die Straße mit ihren vielen leerstehenden Häusern lädt die Leute geradezu ein! Unser Mann kann gehört haben, dass diese Wohnung unbenutzt ist. Er suchte ein bisschen mehr Bequemlichkeit als seine Kollegen und nistete sich in dem gemachten Nest ein..."

      "In der Badewanne?", fragte mich Karla spöttisch.

      "Er kann betrunken gewesen oder in einem Schwächeanfall hineingefallen sein."

      "Es liegt keine leere Pulle im Bad, klingt deshalb ziemlich unwahrscheinlich finden Sie nicht auch?", fragte meine Kollegin.

      "Ich bin gleich zurück", sagte ich und stand auf.

      "He, wollen Sie mich mit dem Toten hier oben allein lassen?", fragte Karla mich und das junge Fräulein wirkte auf einmal doch ein bisschen erschreckt.

      "Okay, kommen Sie meinetwegen mit..."

      "Nein", entschied sich Karla und gab sich einen sichtbaren Ruck. "Das wäre töricht. Vielleicht kreuzt in der Zwischenzeit der Täter auf. Ich bleibe hier."

      "Tapferes Mädchen", lobte ich und ging zur Tür. "Ich werde mich beeilen."

      Von der Post aus telefonierte ich mit Fischbein. Ich nannte ihm die Codenummer, die mich als Sonderermittler auswies, und berichtete ihm, was ich entdeckt hatte.

      "Wir brauchen noch etwas Zeit", sagte ich. "Mindestens vierundzwanzig Stunden. Glauben Sie verantworten zu können, dass wir die Benachrichtigung der Inspektion A so lange hinausschieben?"

      "Ich kann das auf meine Kappe nehmen, aber wenn etwas schiefgehen sollte, wackelt mein Stuhl", sagte er. "Im Übrigen muss Ihnen klar sein, dass diese vierundzwanzig Stunden unter Umständen dem Täter einen entscheidenden Vorsprung verschaffen."

      "Dieses Risiko sollten wir in Kauf nehmen."

      "Was empfehlen Sie mir?"

      "Geben Sie uns einfach die vierundzwanzig Stunden", bat ich.

      "Gut", erwiderte er.

      "Ich muss aber, zu meiner persönlichen Absicherung, mit dem Chef der Abteilung IV unter Bernhard Weiß Kontakt aufnehmen und denen die Situation erklären."

      "Das sollten sie tun – zu unser aller Absicherung. Denn die Inspektion vor Ort hier in Tegel könnte nicht befugt sein", kommentierte ich.

      "Vielen Dank."

      Ich fuhr zurück. Der Wirt war allein im Lokal. Er hatte schon wieder einen Zigarrenstummel zwischen seinen Lippen und er griff nach den Groschen, die der letzte Gast vor dem Verlassen der Pinte auf dem Tresen neben seinem Glas hinterlassen hatte.

      "Otto, komm mit, bitte", sagte ich.

      "He, was ist denn...?"

      Ich zögerte einen Moment. Doch wir würden den Wirt vielleicht brauchen.

      "Oben in der Wohnung liegt ein Toter."

      Der Wirt nahm langsam die Zigarre aus dem Mund. Er starrte mich an, ein Bild perfekter Überraschung. Er warf den kalten Stummel in den Abfalleimer, dann folgte er mir schweigend nach oben in die Mansardenwohnung.

      Ich führte ihn geradewegs ins Badezimmer.

      "Siegfried" stieß er hervor.

      "Das ist Siegfried, der Pennbruder..."

      "Was weißt du von ihm?"

      "Nicht viel. Er war wie alle anderen. Ein stinkfauler Schnorrer. Es gibt Leute, die behaupten, er sei früher mal Dozent an einer Hochschule gewesen. Mir ist es egal, was er einmal war. Für mich war er ein Schnorrer. Er hatte bei mir Lokalverbot. So was vergrault einem doch die Gäste..."

      "Wer waren seine Freunde?"

      "Siegfried hatte keine."

      "Er war ein Einzelgänger?"

      "Ja."

      Ich blickte hinter die Wanne und stieß einen Pfiff aus. "Eine leere Pulle", stellte ich fest.

      "Er hat sich seinen Schnaps selbst gebraut", sagte der Wirt. "Das Zeug konnte ihm nicht stark genug sein. Wahrscheinlich hat er sich damit totgesoffen."

      "Hältst du es für möglich, dass er hier gewohnt hat?", fragte ich.

      "Die