Als er den Colt zog: Western Bibliothek 12 Romane. Pete Hackett. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pete Hackett
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Вестерны
Год издания: 0
isbn: 9783745214451
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Nachmittag suchte Chaco Doc Bishop auf. Der Arzt machte kein zufriedenes Gesicht.

      „Ich habe wenig Hoffnung“, murmelte er. „Der Blutverlust war zu groß, und die Kugel schlug zu dicht neben dem Herzen ein. Ich gäbe was drum, wenn ich die Schufte in meine Hände kriegte.“

      „Ich hoffe, dass Sie nie in die Verlegenheit geraten, Doc“, sagte das Halbblut, „denn bei aller Hochachtung für Ihre Klara, einer Meute von Killern ist sie vermutlich nicht gewachsen.“

      „Auf den Versuch möchte ich es ankommen lassen. In dieser Stadt müssen ja die Greise die Flinte in die Hand nehmen, weil den Jungen die Courage fehlt.“

      „Sie meinen nicht zufällig ein fremdes Halbblut?“

      „Das nehme ich dabei nicht aus. Wenn es um Banditen geht, gibt es keine Zugehörigkeiten zu Städten und Distrikten. Gegen das Verbrechen müssen alle zusammenhalten.“

      Chaco bekam fast einen Schluckauf. Er erinnerte sich genau. Fast die gleichen Worte hatte er gebraucht, als es vor fünf Jahren darum ging, die ängstlichen Bürger von Gibsonville gegen den Schurken Hart Taylor aufzustacheln. Er wusste, dass der Alte diese Worte nicht zufällig gewählt hatte, wenn er jetzt auch ein betont harmloses Gesicht machte.

      „Sie haben recht“, gab er zu, „doch bin ich nach wie vor der Meinung, dass eine Stadt zunächst beweisen muss, dass sie Hilfe verdient.“

      „Ich bin ehrlich genug, dir in diesem Punkt recht zu geben. Andererseits muss man verstehen, dass unsere Männer die Nerven verlieren. Hier geht es nicht um gewöhnliche Revolvermänner. Es handelt sich um ein unheimliches Phantom. Der alte Hardy im Store gegenüber weiß nicht, ob der freundliche Kunde, der seit Jahren seinen Bedarf bei ihm deckt, nicht des Nachts wiederkommt, um ihn auszurauben. Und der Rancher, der seinen Nachbarn am Sonntag besucht, kann nicht sicher sein, ob nicht der Kuchen, mit dem er bewirtet wird, mit gestohlenem Mehl gebacken wurde, an dem das Blut des erstochenen Händlers klebt.“

      „Aber es handelt sich doch um eine Bande. Die Brüder müssen sich schließlich untereinander kennen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da nicht einmal etwas durchsickert.“

      „Keiner kann sich das vorstellen, und doch ist es so. Seit Monaten, und die Halunken werden mit steigendem Erfolg immer dreister. Gestern haben sie sich noch durch einen unerwartet auftauchenden Fremden vertreiben lassen, morgen knallen sie ihn wahrscheinlich einfach ab, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Das sind Killer ohne eine Spur von Gewissen. Ich muss dir etwas sagen, Chaco.“

      „Nur keine Hemmungen, Doc. Ich bin jetzt Ihre harten Worte gewöhnt.“

      „Ich war heute früh bei York Raines.“

      „Kenne ich nicht.“

      „Er ist unser Bürgermeister. Ein tüchtiger Mann.“

      „Das freut mich für Gibsonville.“

      „Die Stadt ist bekannt für ihre guten Entscheidungen. Morgen wird übrigens der neue Marshal gewählt. Ich habe dich für dieses Amt vorgeschlagen.

      „Sie sind von allen guten Geistern verlassen. Ich sagte Ihnen doch schon, dass ich nicht daran denke.“

      „Sage das dem Bürgermeister!“

      „Das werde ich.“

      „York Raines ist ein harter Brocken.“

      „Er wird einen härteren kennenlernen.“

      „Unser Marshal kann gar nicht hart genug sein.“

      „Können Sie sich einen Bastard als Marshal vorstellen?“

      „Dieses Wort hast du in unserer Stadt noch nie gehört, Chaco. Du hast kein Recht, uns zu unterstellen, dass wir keine Halbindianer mögen.“

      „Das ist wahr“, gab Chaco zu. „Trotzdem bitte ich Sie, noch einmal zu Mr. Raines zu gehen und ihm zu sagen, dass Sie sich geirrt hätten.“

      Der Doc sperrte den Mund auf; „Du bittest mich?“

      „So sagte ich.“

      „Du hast einen Grund dafür.“

      „Allerdings.“

      „Einen, den du gestern noch nicht kanntest?“

      „Ich habe einen Grund. Das muss genügen.“

      Doc Bishop strich sich über die Augen. Er sah unendlich müde aus.

      „Sie muss dir sehr vertrauen“, sagte er leise.

      „Ich glaube nicht, dass ich Sie verstanden habe.“

      „Du hast sehr gut verstanden. Ich spreche von Ella Kimball und ihrem vergötterten Balg.“

      „Sie fantasieren, Doc.“

      „Tatsächlich? Meinst du, ich habe keine Augen mehr im Kopf? Denkst du, der alte Bishop ist total vertrottelt? Keine Angst, ich teile dieses Geheimnis nur mit Ella, und sie weiß nicht mal was davon. Soll sie auch nicht. Du bist ja kein Klatschweib, hoffe ich. Ich weiß genau, warum sie jeden Tag um einen Monat altert. Die Angst macht sie kaputt. Die Angst vor der Wahrheit.“

      „Und Sie? Was glauben Sie?“

      Der Arzt schwieg lange. Er ging zu seinem Patienten, legte seine Hand auf dessen erhitzte Stirn, fühlte den Puls, schüttelte sorgenvoll den Kopf und kehrte wieder zu dem Halbblut zurück.

      „Ich bin zu alt, um Rätsel zu raten“, sagte er schließlich. „Ich weiß nur, dass ich die Shadows aus tiefster Seele verabscheue. Und wenn dieser Bengel etwas mit denen zu tun hat, dann kann ich nur seine armen Eltern bedauern, die bestimmt etwas Besseres verdient hätten.“

      Chaco sah den Alten ernst an. Die Blicke der Männer kreuzten sich. Sie waren ehrlich und offen.

      „Ich habe mein Versprechen gegeben, meinen Mund zu halten“, meinte der Halbindianer, „aber Ihnen verrate ich ja kein Geheimnis. Ich stehe vor der Entscheidung, entweder einer Stadt oder einem Jungen zu helfen.“

      „Und du hast dich bereits entschieden.“

      „Ja! Ich glaube, dass ein Fünfzehnjähriger meine Hilfe nötiger braucht.“

      7

      „Du hast alles versaut!“ Der Bursche, der Chalk Kimball wütend ansah, sah durchaus manierlich aus. Er war sauber, seine Kleidung hatte er in Ordnung, sein Haar war so gepflegt, wie man es von einem Viehtreiber erwarten konnte, und sein Gesicht war fast sympathisch zu nennen. Lediglich seine grauen Augen wirkten wie Eiszapfen. Sie durchbohrten den Jungen mit einer Kälte, die ihn erschauern ließ.

      „Ich kann nichts dafür, Collin“, beteuerte der Halbwüchsige. „Es war schließlich stockdunkel, und der Kerl hat sich gerade in dem Moment bewegt, als ich abdrückte.“

      „Das sind Ausflüchte. Ich behaupte, du hast absichtlich danebengeschossen, weil du ein Feigling bist!“

      „Aber Collin, du weißt doch, dass ich ...“

      „Ja, ich weiß, dass du in die Hosen machst, wenn du Blut siehst. Aber das hättest du dir früher überlegen müssen. Jetzt ist es zu spät. Du willst doch nicht, dass dein Alter etwas von deinen nächtlichen Ausflügen erfährt?“ Er grinste böse und hinterhältig.

      „Nur das nicht, Collin! Es brächte ihn um. Er darf nicht mal ahnen, dass ich bei euch mitmache.“

      „Das liegt an dir. Wenn du nicht spurst, tut es mir leid. Verräter kann ich nicht gebrauchen.“

      „Verräter?“ Chalk Kimball wiederholte dieses Wort so fragend, als wäre ihm seine Bedeutung völlig fremd. „Wie kommst du nur auf diese Idee?“

      „Du machst es mir ziemlich schwer, an deine Treue zu glauben. Solange du nicht bewiesen hast, dass du wirklich zu uns gehörst, bleibst du ein Risikofaktor.“