Kinderärztin Dr. Martens Staffel 3 – Arztroman. Britta Frey. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Britta Frey
Издательство: Bookwire
Серия: Kinderärztin Dr. Martens
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740977788
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zu ihm. Aber reden können Sie noch nicht mit ihm, denn er liegt noch in Narkose. Aber morgen, wenn er ausgeschlafen hat, dann können Sie sich schon mit ihm unterhalten.«

      »Ich werde ganz leise sein und ihn nicht stören«, sagte Markmann wie ein braves Kind und trottete hinter Kay her zum Aufzug. Schwester Elli rief ihnen leise nach:

      »Ich brühe unterdessen noch einen Kaffee und sorge dafür, daß ein paar belegte Brötchen da sind, wenn Sie zurückkommen.«

      *

      Stumm und unbeholfen stand Achim Markmann vor dem Bett, in dem sein Junge lag und die Augen fest geschlossen hatte. Die linke Hand war völlig bandagiert, so daß man nicht einen einzigen Finger erkennen konnte. Markmann versuchte, nicht auf diese stille, weißumwickelte kleine Hand zu schauen, aber es war ganz merkwürdig – immer wieder wurde sein Blick von ihr angezogen.

      Hanna und Dr. Frerichs waren noch im Krankenzimmer. Martina Dirksen hatte sich schon zurückgezogen.

      »Mein Kleiner«, sagte Markmann nur mit unsicherer Stimme. Dann wandte er sich ab und ging aus dem Raum. Die anderen folgten ihm. Jörg war übergangslos aus der Narkose in den Schlaf hinübergeglitten und brauchte keine ständige Aufsicht mehr. Die Schwester würde alle zehn Minuten nach ihm sehen, aber er würde tief und ruhig schlafen, wenigstens bis zum Mittag.

      Marika Schriewers hatte belegte Brötchen heraufgeschickt und ein wenig die Nase gerümpft, als sie zu ihrer Küchenhilfe sagte:

      »Kaffee brauchen wir keinen. Den macht doch keiner so wie Oberschwester Elli. Und dabei benutzt sie die gleiche Marke wie ich, und das Wasser ist auch nicht anders.«

      Die Küchenhilfe sagte nichts. Es gab eine stille Fehde zwischen Marika und der Oberschwester, wenn es sich ums Kaffeekochen drehte. Aber sonst waren sie ein Herz und eine Seele, und meistens einer Meinung.

      Achim Markmann aß vier Brötchen, trank ebenso viele Tassen Kaffee dazu und erhob sich dann. Begehrlich schaute er auf die lecker angerichteten Brötchen hinab und sagte bedauernd:

      »Ich gehe wohl besser jetzt heim. Meine Frau nimmt es mir immer übel, wenn ich nicht hungrig bin. Ich werde dann fertig frühstücken.« Er reichte allen die Hand, bedankte sich artig, ging zur Tür und nickte ihnen von dort auch noch einmal zu.

      »Danke«, sagte er verlegen und zog die Tür leise hinter sich zu.

      Kay beobachtete vom Fenster aus, wie er mit leicht gesenktem Kopf davontrottete. Ein Bär, der sehr zahm war, der aber auch ausbrechen konnte. Wovon er vor einigen Stunden noch ein Beispiel geliefert hatte.

      »Er muß halb wahnsinnig gewesen sein vor Angst um seinen Jungen«, sagte Hanna leise, als sie neben ihren Bruder getreten war und Markmann ebenfalls beobachtete. »Nur deshalb hat er so reagiert. Die Spezialklinik hat ihn in Panik versetzt, obwohl man doch sonst von ihm sagen kann, daß er ein durchaus umgänglicher und sogar gutmütiger Mensch ist.«

      »Jeder dreht mal durch«, fand Kay. »Man sollte das nicht überbewerten.«

      »Sonderbar«, sagte Frerichs und nahm sich noch ein Brötchen. »Wenn ich es eben einrichten kann, sehe ich mir jeden Krimi im Fernsehen an. Ich schwärme geradezu für Krimis und kann nicht genug davon bekommen. Ich habe immer versucht, mir vorzustellen, daß mal jemand mit einer Waffe vor mir steht und mich damit bedroht. Ich habe mich immer gefragt, was ich wohl dabei empfinden wurde.«

      »Und? Wissen Sie es jetzt?« neckte ihn Hanna. Frerichs sah sie nachdenklich an und schüttelte den Kopf.

      »Nein«, sagte er erstaunt. »Nein, ich weiß es nicht. Wenn ich ehrlich sein soll, muß ich nämlich eingestehen, daß ich gar nichts empfunden habe. Ich habe nur an den Jungen und seine abgeschnittenen Finger gedacht.«

      »Ich fürchte, mein Lieber, da wer den Sie noch länger fragen müssen.« Kay lachte auf und schlug Frerichs tröstend auf die Schulter. »Es steht wohl kaum zu erwarten, daß Sie so schnell wieder mit einer Waffe bedroht werden, hoffe ich.«

      Sie beschlossen, in der Klinik zu bleiben und sich ein wenig niederzulegen, damit sie gleich zur Hand waren, wenn man sie brauchte. Schließlich waren sie daran gewöhnt, mit wenig Schlaf auszukommen. Und sie waren ebenso daran gewöhnt, eine stille Stunde dafür zu nutzen, sogar auf Vorrat zu schlafen, wie sich Hanna lachend ausgedrückt hatte. Sie fand, daß man sich an so was gewöhnen konnte, ohne daß der Organismus gleich Schaden nehmen mußte.

      Unterdessen ging Achim Markmann durch Ögela, das auch schon aus dem nächtlichen Schlaf erwacht war. Der Bäcker hatte schon lange offen. Und jetzt schloß auch nebenan der Fleischer seinen Laden auf.

      »Hallo, Achim«, rief er freundlich. »Heute nicht im Dienst?« Markmann schüttelte den Kopf und ging weiter.

      Dienst! Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Er hätte schon längst auf dem Weg nach Celle sein müssen.

      Heute nicht, beschloß er bei sich. Heute sollen sie ruhig in der Vollzugsanstalt auf mich warten. Ich bleibe daheim bei Thea. Und ich will heute mittag zu Jörg. Die beiden sind mir wichtiger als der Dienst und alles, was damit zusammenhängt.

      Er wollte gerade eben die Haustür aufschließen, als sie von innen geöffnet wurde. Thea stand mit rotumrandeten Augen vor ihm. Ihr Gesicht wirkte grau und ein bißchen eingefallen. Man sah ihr an, daß sie die ganze Nacht nicht geschlafen hatte.

      Jetzt, da sie ihren Mann vor sich sah, schien sie auch noch das letzte Restchen Kraft zu verlassen. Sie sank ihm in die Arme und schluchzte laut und unbeherrscht auf.

      »Achim! Ich bin tausend Tode gestorben in der vergangenen Nacht. Aber vor einer halben Stunde, da habe ich es nicht mehr ausgehalten und in der Klinik angerufen. Dort hat man mir gesagt, daß du auf dem Heimweg bist und Jörgs Finger wieder angenäht sind, und daß alles gutgegangen ist.«

      Ihre Stimme klang undeutlich, aber Achim, der sie ganz fest an sich preßte, verstand doch, was sie ihm sagen wollte.

      »Ja, es wird alles gut, Thea, alles«, murmelte er und zog sie mit ins Haus, schloß die Haustür und ging mit ihr in die Küche. Dort drückte er sie auf den Küchenstuhl und sah sie mitleidig an, bevor er erklärte:

      »So, jetzt rufe ich erst einmal in Celle an und sage, daß ich heute nicht zur Arbeit komme. Jedermann wird das verstehen, wenn ich erkläre, was gestern vorgefallen ist. Und dann trinken wir eine ordentliche Tasse Kaffee, obwohl ich in dieser Nacht mehr Kaffee getrunken habe als sonstwann im Leben. Und danach legen wir uns noch für eine Weile hin und versuchen, ein bißchen Schlaf nachzuholen. Wir brauchen uns um Jörg wirklich keine Sorgen zu machen. Er ist dort in der Klinik Birkenhain wirklich in den allerbesten Händen.«

      Über Theas blasse Wangen rannen immer noch Tränen. Sie konnte sie einfach nicht aufhalten. Es war wie ein Sturzbach, der eine solche Macht hatte, daß kein Mensch ihm Einhalt gebieten konnte.

      Es dauerte nicht lange, bis Markmann telefoniert hatte. Thea hatte unterdessen das Frühstück gerichtet. Sie saßen sich in der Küche gegenüber und sprachen leise über Jörg und davon, daß sie glücklich waren, weil alles noch einmal gutzugehen schien.

      Gleich darauf fielen sie in ihre Betten und hatten noch nicht einmal Zeit, sich richtig zuzudecken. Die Erleichterung ließ sie sich entspannen, so daß sie fast augenblicklich in tiefen Schlaf fielen, aus dem sie erst gegen Mittag wieder aufwachten.

      Thea erwachte als erste und saß augenblicklich steil aufgerichtet in ihrem Bett, schaute erstaunt und verwirrt auf ihren leise und zufrieden schnarchenden Mann und schlich sich ins Bad, stellte sich unter die Dusche und spürte, wie sie wieder frisch wurde. Sie weckte ihren Mann, indem sie ihn küßte und leise seinen Namen rief.

      Eine halbe Stunde später saßen sie im Wagen und fuhren zur Kinderklinik Birkenhain, zu ihrem Jungen, um den sie so große Angst hatten ausstehen müssen.

      Kay und Hanne Martens kamen eben aus Jörgs Zimmer, als die Markmanns aus dem Aufzug traten. Unwillkürlich hielt Achim Thea am Arm fest und blieb stehen. Er hatte plötzlich ganz entsetzliche Angst, es könnte sich am Ende doch noch die eine oder andere Komplikation eingestellt haben, mit der man nicht hatte rechnen