KLEINE TEEKUNDE
Earl Grey ist eine traditionell aus chinesischen Teeblättern zusammengestellte Teemischung, die – ebenfalls traditionell – mit Bergamotteöl aromatisiert wird. Heute gibt es jedoch überwiegend andere Varianten, auch mit indischen Teeblättern. Zudem wird in der Massenproduktion meist künstliches Aroma zugegeben statt Bergamotteöl. Benannt ist der Tee nach dem britischen Premierminister Charles Grey (1764–1845), der in seiner Amtszeit neben anderem das Preismonopol der East India Company im Teehandel aufhob.
Was hat Peter falsch gemacht?
Es war lange Zeit gar nicht so leicht, in Großbritannien ein gutes, aber bezahlbares Hotel zu finden. Britische Hoteliers hatten sich auf ihren Traditionen ausgeruht und auf den Reiz, den ihre Hotels früher einmal gehabt haben mochten. Doch viele vergaßen, dass man selbst eine Privatwohnung dann und wann renovieren sollte – ein Hotelzimmer, in dem fast jede Nacht neue Gäste wohnen, erst recht.
Vor allem seitdem immer mehr internationale Ketten auf die Insel drängen und sich dort auch einige britische Billigketten ausgebreitet haben, sind die alteingesessenen Hoteliers jedoch unter Druck geraten. Die finanziell meist bestens aufgestellten Konzerne eröffnen fast monatlich neue Hotels, werben mit günstigen Preisen, und schicken alle paar Jahre Maler, Maurer und Innenarchitekten durch ihre Häuser, um stets ein gewisses Niveau an Ausstattung zu halten (wozu sie mitunter durch Verträge verpflichtet sind). Wer heute bei der Hotelsuche auf das Kleingedruckte achtet, auf die Lage und sich idealerweise auch noch ein paar Bilder oder Bewertungen anderer Gäste im Internet heraussucht, der ist meist gut bedient und dürfte nicht so schnell hereinfallen.
Unterschieden wird in Großbritannien zwischen Einzelzimmern (Single), Doppelzimmern (Double) und jenen Doppelzimmern, in denen nicht ein großes Bett mit einer großen Decke, sondern zwei kleine voneinander getrennte Betten stehen (Twin). Sind Sie also beispielsweise mit einem Kollegen oder Bekannten unterwegs, mit dem Sie sich ein Zimmer teilen, bietet sich Letzteres an – es sollte auch in jedem Hotel erhältlich sein.
Wer Wert auf Federbetten legt, sollte das rechtzeitig an der Rezeption sagen – oder besser schon bei der Buchung angeben. Denn die sind nach wie vor meist nur in großen Hotelketten üblich. Kleine Häuser halten an der Tradition fest, bei der man sich mit einem Laken zudeckt, auf dem wiederum eine Wolldecke liegt. Das ist mitunter gewöhnungsbedürftig und vor allem im Winter nicht immer ausreichend warm.
Der Wasserkocher samt Teebeuteln gehört übrigens zum festen Inventar von Hotels und Pensionen in Großbritannien (und im Grunde auch fast dem gesamten englischsprachigen Ausland). Sie dürfen ihn kostenlos benutzen, quasi als Aufmerksamkeit des Hauses.
Dialekte
Die englische Sprache ist reich an Dialekten, doch anders als in Deutschland sind sie nicht zwingend mit einzelnen Regionen verbunden. Auch das Klassendenken spielt mit hinein. Gut gebildete, wohlsituierte Briten legen meist überall im Land Wert darauf, ein reines Englisch zu sprechen, ganz gleich, aus welcher Region sie stammen. So sind Dialekte beispielsweise in Finanz-, Unternehmer- und Politikkreisen selten zu finden. Darüber hinaus gibt es aber im ganzen Land Dutzende von sprachlichen Unterschieden. Eng mit London verknüpft ist beispielsweise das sogenannte Cockney English, ein Slang, der früher von Bewohnern der City of London gesprochen wurde. Bestimmte Reime sind typisch für diesen Dialekt, außerdem wird das »H« dabei nicht gesprochen. Da sich die City of London inzwischen zum Finanzdistrikt der Stadt entwickelt hat, ist auch das Cockney English deutlich verdrängt worden. Man hört es heute nicht mehr oft auf der Straße. Auch die früheren Arbeiterregionen um Manchester haben ihren eigenen Dialekt entwickelt, der für Auswärtige mitunter schwer zu verstehen ist. Typisch für einige schottische Regionen ist das rollende »R«. In Nordirland wird häufig die letzte Silbe eines Satzes betont. Insgesamt ist es wie bei deutschen Dialekten: Man kann sich auch als Auswärtiger »reinhören« und versteht es dann recht gut.
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PETER IM BAD
LONDON, 29. JULI, 8.20 UHR
Was für eine Nacht! Alle behaupten immer, New York sei die Stadt, die niemals schläft. Peter ist sich nun ganz sicher: In Wahrheit muss damit London gemeint sein. Während der gesamten Nacht dröhnte der Autoverkehr auf der vierspurigen Straße vor seinem Fenster. Und seit den frühen Morgenstunden kam noch ein weiteres Geräusch hinzu, das einer Bahn. In Abständen von wenigen Minuten hämmerte die Docklands Light Railway auf der anderen Straßenseite vorbei, gerade ausreichend, um jeden erneuten Einschlafversuch jäh zu unterbrechen.
DIE DLR
Die Docklands Light Railway (DLR) verbindet die Innenstadt Londons seit Mitte der achtziger Jahre mit den Docklands, dem ehemaligen Hafengebiet und heutigen Wirtschaftszentrum der Stadt, außerdem mit Greenwich und Lewisham auf der anderen Südseite der Themse. Im Gegensatz zur U-Bahn fährt die DLR fast ausschließlich oberirdisch. Lediglich fünf der insgesamt 45 Stationen des 34 Kilometer langen Schienennetzes befinden sich unter der Erde. Teile von Gleisen früherer Hafenbahnen wurden für die Strecke genutzt. Und noch etwas unterscheidet sich deutlich von den meisten U-Bahnen: Die DLR ist fahrerlos, sie fährt vollautomatisch. An Bord ist immer nur ein Fahrkartenkontrolleur.
Gegen 2 Uhr zog vor seiner Zimmertür auch noch lautstark eine Horde Betrunkener vorbei. Vermutlich der Junggesellenabschied, dem Peter abends vor dem Hotel hatte ausweichen müssen. »Zieh Leine, wenn du einer Truppe auf Junggesellenabschied begegnest«, hatte ihn seine gute Freundin Hannelore unlängst gewarnt. Jetzt weiß er, weshalb. Schon unten vor dem Hotel schienen die jungen Herren so betrunken zu sein, als ob dieser Abend die allerletzte Gelegenheit in ihrem Leben wäre, auch nur den Hauch eines Tropfens Alkohol zu sich zu nehmen, weil etwa am nächsten Tag die Erde gesprengt würde oder etwas noch Schlimmeres passieren könnte. »Stag Party« nennen die Engländer diesen Abend, »Hirschparty«. Ein treffender Ausdruck findet Peter nun, nachdem er dem Schauspiel beiwohnen durfte, wenn auch nur als Beobachter. Peter hofft, während seines Urlaubs nicht auch noch das weibliche Pendant erleben zu müssen, die »Hen Night«, die »Hennennacht« für Frauen kurz vor der Hochzeit. Wenn auch die ihrem Namen alle Ehre macht – oha ...
Peter ist gerädert. Wenn er nicht schnellstmöglich eine Dusche und einen Kaffee bekommt, würde er mit diesem Tag nicht viel anfangen können. Er ist versucht, sich an den Wasserkocher und eines der Tütchen mit löslichem Kaffee auf dem Nachttisch in seinem Zimmer zu wagen. Doch er zieht Punkt eins vor: die Dusche.
Peter macht sich also auf und steigt in die Wanne, um festzustellen, dass der Duschkopf mit einer atemberaubenden Plastikkombination nahezu bewegungsunfähig an der Wand befestigt ist. Der Duschschlauch schlängelt sich durch zwei Plastikröhrchen, die verhindern, dass man die Brause ausreichend nutzen kann. Das sind Badezimmer, wie er sie ganz und gar nicht schätzt. Der Schlauch endet in einem viereckigen Plastikgehäuse mit zwei Reglern: Der Untere mit einer roten und einer blauen Markierung scheint die Temperatur steuern zu können. Am Oberen sind die Wörter »High« und »Low« angebracht. Peter ist verwirrt: Gibt es in diesem Land etwa unterschiedliche Duscheinstellungen für kleine und große Leute? Das sind zu hohe Anforderungen für ihn zu einer Uhrzeit wie dieser und vor allem nach einer Nacht wie der vergangenen.
Peter wählt jeweils die mittlere Position – mit Kompromissen macht man nie etwas verkehrt, sagt er sich – und schreckt auch prompt zurück: Auf ihn prasselt eine Art Eisregen hinab. So kommt es Peter zumindest in diesem Augenblick vor. Ein kalter Schauer, temperaturmäßig angesiedelt irgendwo zwischen dem Bier, das er sich gestern noch gegönnt hatte, und dem Eis, das er neulich von Tanja zum Nachtisch vorgesetzt bekam. Scheußlich! Peter ist hellwach. Er beißt die Zähne zusammen und streckt reflexartig seinen Arm unter dem Wasserstrahl hindurch in Richtung Plastikgehäuse. Keine Kompromisse, jetzt dreht er den Temperaturregler bis zum Anschlag in Richtung »rot«. Doch nichts ist mit »rot«. Der Schauer bleibt »blau«, eiskalt.