Wie aus diesen Definitionen hervorgeht, sind NPEs der Überbegriff und umfassen immer auch NPLs.[48]
Tabelle 5: Ausfalldefinitionen nach bankaufsichtlichen Kriterien[49]
Anwendungsbereich | Eckpunkte der Definition | Gesundung/Rücktransfer | |
Notleidend (Non-performing) Definition gemäß Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2017/1443, Teil 1 Nr. 213 | Risikoposition = nicht zu Handelszwecken gehaltene Schuldtitel (Darlehen, Kredite und Schuldverschreibungen) sowie außerbilanzielle Risikopositionen | Kriterien: Überfälligkeit (>90 Tage) und Unwahrscheinlichkeit des Begleichens der Verbindlichkeit (Unlikely-to-Pay) Umfangreiche Regelungen zu Stundungsmaßnahmen | Strenge Rücktransferkriterien Bewährungszeitraum ein Jahr bzw. zwei Jahre für Stundungsmaßnahmen |
4.4 Einheitliche Empfehlungen, die sich doch wieder unterscheiden: Definitionen der EBA und der EZB
Einige Institute versuchen, die Ausfalldefinition an die NPE-Definition anzupassen, um die Prozesse zu verschlanken und eine Angleichung der beiden Definitionen zu unterstützen.[50] Die EZB empfiehlt hierbei, die NPE-Definition der EBA auch im Rahmen der internen Risikokontrolle und der öffentlichen Finanzberichterstattung – d.h. für IFRS-9-Zwecke – zu verwenden. Darüber hinaus wird die NPE-Definition von den Aufsichtsinstanzen im Rahmen verschiedener relevanter Initiativen herangezogen, etwa beim Asset Quality Review (AQR), beim einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism (SSM)), bei Stresstests und bei Transparenzprüfungen der EBA.[51]
Die EZB regt dabei an, wo immer möglich aufsichtliche und rechnungslegungstechnische Definitionen aufeinander abzustimmen, und erwartet, dass bereits bestehende Abweichungen zwischen der Ausfalldefinition für Rechnungslegungszwecke und der regulatorischen Definition nicht vergrößert werden, sondern eher, dass – soweit möglich – bei erheblichen Unterschieden auf eine zeitnahe (weitere) Angleichung hingewirkt wird.[52]
5 Ausfalldefinition in der Regulatorik
Nach den erläuterten juristischen und aufsichtsrechtlichen Klimmzügen darf ein Blick auf die Rechnungslegung und Bilanzierung nicht fehlen. Auch hier gibt es nicht die eine Definition, sondern mehrere parallel genutzte Ansätze.
5.1 Ausfalldefinition in der Rechnungslegung nach den International Financial Reporting Standards (IFRS 9)
Die Internationale Rechnungslegung basiert stark auf den IFRS, die vom International Accounting Standards Board (IASB) herausgegeben werden.
Der IFRS 9 „Finanzinstrumente“ enthält hierbei die Vorschriften für den Ansatz und die Bewertung, Ausbuchung und Sicherungsbilanzierung von Finanzinstrumenten. Der IASB hat die finale Fassung des Standards im Zuge der Fertigstellung der verschiedenen Phasen seines umfassenden Projekts zu Finanzinstrumenten am 24.07.2014 veröffentlicht. Damit wurde die bisher unter IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung vorgenommene Bilanzierung von Finanzinstrumenten“ vorgenommene Bewertung vollständig durch die Bilanzierung unter IFRS 9 ersetzt. Mit Übernahme in EU-Recht am 22.11.2016[53] war die erstmalige verpflichtende Anwendung für Geschäftsjahre vorgesehen, die am oder nach dem 01.01.2018 begonnen haben.
IFRS 9 definiert einen finanziellen Vermögenswert als wertgemindert (Credit-impaired, Stufe III), wenn ein oder mehrere Ereignisse mit nachteiligen Auswirkungen auf die erwarteten künftigen Zahlungsströme eingetreten sind. Indikatoren für einen wertgeminderten finanziellen Vermögenswert sind z.B.
ein Vertragsbruch (z.B. Ausfall oder Überfälligkeit),
signifikante finanzielle Schwierigkeiten des Kreditnehmers,
Zugeständnisse gegenüber dem Kreditnehmer bedingt durch finanzielle Schwierigkeiten oder
eine drohende Insolvenz.[54]
Aber da IFRS 9 keine explizite Definition eines Ausfalls (Default) enthält, sondern auf die für interne Risikomanagementzwecke verwendete Definition verweist, empfiehlt das Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) die Anwendung einer Ausfalldefinition basierend auf dem Aufsichtsrecht und verweist auf die beiden regulatorischen Bedingungen nach Art. 178 CRR[55] – der drohenden Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen (Unlikely to Pay) und des 90-Tage-Verzugs.[56]
Tabelle 6: Wertminderung nach IFRS 9[57]
Anwendungsbereich | Eckpunkte der Definition | Gesundung/Rücktransfer | |
Wertgemindert (Credit-impaired) Definition gemäß IFRS 9. Anhang A | Als zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert bewertete Schuldinstrumente, Leasingforderungen, bestimmte Kreditzusagen, Finanzgarantien und aktive Vertragsposten im Anwendungsbereich des ECL-Modells | Indikatoren für Wertminderung, z.B. Vertragsbruch (etwas Ausfall oder Überfälligkeit) Widerlegbare Vermutung: Ausfall bei Überfälligkeit > 90 Tage | Bei Wegfall der Indikatoren einer Wertminderung Kein quantifizierter Bewährungszeitraum |
5.2 Regulatorische Ausfalldefinition nach Kapitaladäquanzverordnung (CRR)
Für die Überwachung einer angemessenen Eigenmittelausstattung von Instituten wird ein Ausfall in Art. 178 CRR definiert.[58] Ein Schuldnerausfall (Default of an Obligor) ist aus Sicht eines Institutes gegeben, wenn es unwahrscheinlich ist, dass der Schuldner seine Verbindlichkeiten (Credit Obligations) in voller Höhe begleichen wird (Unlikely to Pay), ohne dass das Institut auf Maßnahmen wie die Verwertung von Sicherheiten zurückgreift und/oder eine wesentliche Verbindlichkeit des Schuldners (Material Credit Obligation) mehr als 90 Tage überfällig ist (past due more than 90 days).
Eine Überfälligkeit – und damit die Zählung der Verzugstage – beginnt nach Art. 178 Abs. 2 Buchst. a CRR bei einer