das Ausfallkriterium „90-Tage-Verzug“ durch einen 180-Tage-Verzug zulässigerweise ersetzt wurde, dieser längere Zeitraum aber nicht zur Einstufung als Credit-impaired nach IFRS 9 herangezogen wurde,
die Erheblichkeitsschwelle gemäß Art. 178 Abs. 2 Buchst. d CRR nicht verletzt wurde,
keine technische Überziehung vorliegt oder
keine Risikoposition gegenüber öffentlichen Stellen gegeben ist.[36]
Das Unlikely-to-Pay-Kriterium basiert somit auf identifizierten Ereignissen, die letztlich eine Einstufung als notleidend bewirken. Da es keine abschließende Liste zu berücksichtigender Ereignisse gibt, müssen Institute zusätzlich über klar definierte interne Indikatoren verfügen, die auf eine unwahrscheinliche Zahlung der Verbindlichkeit hindeuten.
Zudem sind strikte Kriterien eingeführt worden, wann eine Risikoposition nicht mehr als notleidend behandelt wird und welche regulatorischen Folgen sich durch Stundungsmaßnahmen ergeben.
Die EU-Kommission verfolgt mit dieser Verordnung die Sicherstellung einer ausreichenden Verlustdeckung der Banken für seit dem 14.03.2018 neu als notleidend eingestufte Forderungen. Zudem werden einheitliche Mindestbeträge festgelegt, die die Banken für Verluste aus künftigen NPEs vorhalten müssen.
Die Bafin hat am 16.04.2019 per Rundschreiben mitgeteilt, dass sie den Leitlinien zur Anwendung der Ausfalldefinition sowie der PD-Schätzung (Probability of Default) mit kleinen Ausnahmen nachkommen wird und die beiden Leitlinien zum 01.01.2021 in ihre Verwaltungspraxis übernimmt.[37]
4.3 NPL-Leitfaden der EZB
Der NPL-Leitfaden der EZB knüpft an die von der EBA verwendete Definition von NPEs an und beinhaltet die Erwartungen der Bankenaufsicht an die Erfassung, Verwaltung, Bewertung und Abschreibung von NPL-Beständen (bestehen bereits verbindliche Rechtsvorschriften, Rechnungslegungsgrundsätze oder nationale Regelungen zum selben Sachverhalt, sollten Institute diese befolgen).
Der NPL-Leitfaden richtet sich an alle bedeutenden Kreditinstitute (i.S.d. Art. 4 Abs. 1 CRR) einschließlich deren wesentlichen Tochtergesellschaften, die von der EZB direkt beaufsichtigt werden (vgl. Abbildung 1). Er stellt zunächst ein unverbindliches Instrument dar, allerdings kann die Nichtbeachtung Aufsichtsmaßnahmen zur Folge haben (u.U. auch Säule-II-Kapitalaufschläge gemäß Supervisory Review and Evaluation Process (SREP)) und ist daher nach Maßgabe der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Wesentlichkeit (Comply-or-Explain-Ansatz) anzuwenden, was anhand des Ausmaßes und des Schweregrades der NPL-Problematik einer Bank zu beurteilen ist. Eventuelle Abweichungen sind hinreichend zu erläutern.
Der NPL-Leitfaden trat am 20.03.2017 in Kraft und wurde von der EZB-Bankenaufsicht als wirkungsvolles Instrumentarium für die Banken im Umgang mit NPLs eingestuft.[38] Die EZB erwartet dabei, dass die Inhalte des Leitfadens von den betroffenen Banken in enger Zusammenarbeit mit ihren Joint Supervisory Teams implementiert werden.
Abbildung 1: Direkt von der EZB beaufsichtigten Institute[39]
Deutsche Institute unter direkter Aufsicht der EZB |
Aareal Bank AG Bayerische Landesbank Commerzbank AG DekaBank Deutsche Girozentrale Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG Deutsche Bank AG Deutsche Pfandbriefbank AG DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank Erwerbsgesellschaft der S-Finanzgruppe mbH & Co. KG (Berliner Sparkasse) Goldman Sachs Bank Europe SE Hamburg Commercial Bank AG (vormals HSH Nordbank AG) HASPA Finanzholding (Hamburger Sparkasse) J.P. Morgan AG Landesbank Baden-Württemberg Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale Münchener Hypothekenbank eG Morgan Stanley Europe Holding SE NORD/LB Norddeutsche Landesbank Girozentrale State Street Bank International GmbH UBS Europe SE Germany Volkswagen Bank GmbH |
Die im März 2018 final veröffentlichte Ergänzung zum NPL-Leitfaden[40] ergänzt diese insofern, dass im Rahmen dessen die aufsichtlichen Erwartungen der EZB bei der Bewertung des Grads an aufsichtlicher Risikovorsorge der Banken für notleidende Risikopositionen (NPL) erläutert werden. Die Erwartung zur regulatorischen Mindestrisikovorsorge gilt grundsätzlich für Exposures, die seit dem 01.04.2018 neu als NPL klassifiziert werden.
In diesem Zusammenhang hat die EZB ihre Erwartungshaltung, in welchen quantitativen Schritten die Risikovorsorge für besicherte Forderungen aufgebaut werden soll, weiter konkretisiert. Demnach ist für Kredite, die seit dem 01.04.2018 einen NPL-Status erhalten, nach spätestens zwei Jahren eine vollständige Deckung für den unbesicherten Teil vorzuhalten (für den besicherten Teil nach spätestens sieben Jahren).[41] Wesentliches Ziel der EZB ist es sicherzustellen, dass für NPL eine ausreichende Risikovorsorge besteht. Die quantitativen aufsichtlichen Erwartungen dürfen über Rechnungslegungsvorschriften hinausgehen, aber nicht im Widerspruch zu ihnen stehen.[42]
Am 22.08.2019 veröffentlichte die EZB ihren Beschluss, ihre aufsichtlichen Erwartungen an die Risikovorsorge für neue notleidende Risikopositionen, die in der Ergänzung zum EZB-Leitfaden beschrieben sind, zu überarbeiten. Der Beschluss wurde gefasst, um der Verabschiedung einer neuen EU-Verordnung Rechnung zu tragen, in der die Behandlung von NPE nach Säule I[43] dargelegt ist. Diese neue Verordnung[44] ergänzt bestehende aufsichtsrechtliche Vorschriften und sieht den Abzug von Eigenmitteln vor, wenn NPE nicht in ausreichendem Maße durch Rückstellungen oder sonstige Anpassungen gedeckt sind.[45]
Aus Sicht der EZB wurden mit diesen Maßnahmen erhebliche Fortschritte beim Abbau von NPL erzielt (NPL-Quote bei bedeutenden Instituten sank von 8% in 2014 auf 3,7% in Q1/2019). Sie hält aber weitere Anstrengungen für notwendig, da aus ihrer Sicht der internationale Gesamtbestand noch immer zu hoch ist.[46]
NPL- und NPE-Definition der EZB
Gemäß dem NPL-Leitfaden, der als Referenz auf die „Technischen Durchführungsstandards der EBA für die aufsichtlichen Meldungen zu Stundungsmaßnahmen und notleidenden Risikopositionen“ verweist, sind NPLs: „Kredite, die nicht zu Handelszwecken gehalten werden und mindestens eines der beiden folgenden Kriterien erfüllen: (a) Wesentliche Kredite, die mehr als 90 Tage überfällig sind. (b) Ungeachtet etwaiger überfälliger Beträge oder der Anzahl überfälliger Tage wird es als unwahrscheinlich angesehen, dass der Schuldner seine Verbindlichkeiten in voller Höhe begleichen wird, ohne Sicherheiten zu verwerten.“ Notleidende Kredite schließen ausgefallene und wertgeminderte Kredite ein. NPL sind Bestandteil von NPE.
Und NPEs sind „Risikopositionen (Kredite, Schuldtitel, außerbilanzielle Posten), die nicht zu Handelszwecken gehalten werden und mindestens eines der beiden folgenden Kriterien erfüllen: (a) Wesentliche Risikoposition, die mehr als 90 Tage überfällig sind (past due); (b) Risikopositionen, bei denen es als unwahrscheinlich gilt, dass der Schuldner seine Verbindlichkeiten ohne Verwertung von Sicherheiten in voller Höhe begleichen wird, unabhängig davon, ob