Die weltweit steigende Zahl übergewichtiger Menschen ist unter anderem auf den hohen Energiegehalt und die Menge an Zucker zurückzuführen, die durch verarbeitete Produkte und Convenience-Food aufgenommen werden.
Essen für die Zukunft
Ein bewusster und gerechter Umgang mit den weltweiten Ressourcen ist ebenfalls Teil einer nachhaltigen Ernährung. Elf Prozent der Weltbevölkerung sind chronisch unterernährt, wohingegen die Fettleibigkeit in den Industrieländern immer weiter zunimmt (mehr dazu in Kapitel 14, Abschnitt »Die gesundheitliche Dimension: Welthunger und Völlerei«). Außerdem werden jährlich Millionen Tonnen an Lebensmitteln allein in Deutschland verschwendet. Die Ackerböden der Landwirte leiden unter den chemischen Düngemitteln. Importe und Massentierhaltung treiben die Treibhausgasemissionen in die Höhe. Die Meere leiden an Überfischung.
Eine Aufzählung, die sich noch weiter fortsetzen ließe. Doch bereits jetzt ist zu erkennen: Das heutige Ernährungssystem muss sich ändern und anfangen, seine Ressourcen zu schonen, um in Zukunft bestehen zu können.
Eine gesunde nachhaltige Ernährung bietet dabei spannende Ansätze und viele Möglichkeiten zur Veränderung. Saisonale und regionale Erzeugnisse können das Klima entlasten und kleinere Bauern unterstützen. Ökologische Anbaumethoden mit natürlichen Düngern bewahren die Fruchtbarkeit der Böden. Die Artenvielfalt in der ökologischen Landwirtschaft macht die Bio-Bauern flexibler bei Klimaextremen. Bewusster Konsum verhindert Verschwendung und Müll. Lose Waren ermöglichen einen verpackungsfreien Einkauf und Produkte aus Fairem Handel unterstützen Kleinbauern in Entwicklungsländern.
Mit einer nachhaltigen Ernährung fördern Sie neben Ihrer Gesundheit eine weltweit bessere Lebensqualität, faire Wirtschaftsbeziehungen sowie soziale Gerechtigkeit und schonen die Umwelt.
Neue Geschmacksintensivität
Waren Sie schon mal Erdbeeren pflücken und haben sich eine reife Frucht direkt in den Mund gesteckt? Erinnern Sie sich, wie süß und intensiv sie geschmeckt hat? Ähnliche Momente lassen sich auf Reisen erleben, etwa wenn man in den Tropen eine frische Mango genießt, in Südamerika eine Avocado aufschneidet oder auf den Philippinen das erfrischende Wasser einer Kokosnuss trinkt. Nirgendwo sonst entfalten Früchte ihre Aromen so kräftig wie in ihrer Heimat, denn hier fühlen sie sich am wohlsten und wachsen im idealen Klima.
Natürlich findet man auch in Deutschland süße Mangos, cremige Avocados und erfrischende Kokosnüsse, die in ihren Herkunftsländern bei besten Bedingungen gewachsen sind. Doch verlieren sie auf dem Transportweg viele Aromen, während sie eingequetscht in ihren Kisten liegen. Importiertes Obst und Gemüse wird häufig unreif geerntet oder stark heruntergekühlt, um Reifungsprozesse zu stoppen. Ob es dann zum perfekten Zeitpunkt und mit vollem Geschmack auf Ihrem Teller landet, gleicht einem Lotteriespiel.
Besser als frisch vom Feld kann eine reife Erdbeere also eigentlich gar nicht schmecken. Diese Geschmacksintensität erleben Sie auch bei all dem anderen wunderbaren Obst und Gemüse aus Deutschland beziehungsweise aus Ihrer Region – vorausgesetzt, Sie verzehren es in der passenden Saison! Einen ausführlichen Abschnitt zu Regionalität finden Sie in Kapitel 12.
Und ist es nicht schön, sich auch mal auf eine bestimmte Frucht zu freuen und sie nicht das ganze Jahr über zu essen? Wir wissen, der Spargel läutet die wärmeren Tage ein. Wenn er da ist, ist der Sommer mit seinen süßen Erdbeeren nicht mehr weit. Ebenso stimmt uns der Kürbis auf die gemütliche Zeit im Jahr ein: Die Tage werden kürzer, die Abende zu Hause kuscheliger und die Gerichte schwerer. Weihnachten kommt und damit Kohl und Wurzelgemüse.
Doch es gibt noch einen anderen Grund, warum eine nachhaltige Ernährung so geschmackvoll ist: Sie gewinnen durch sie einen ganz neuen Bezug zum Essen. Mit all dem Wissen aus diesem Buch und anderen spannenden Quellen zum Thema Nachhaltigkeit schärfen Sie Ihr Bewusstsein für gesunde, nährstoffreiche und natürliche Rohstoffe. Aromen werden Ihnen dadurch automatisch viel intensiver vorkommen und Ihr Geschmackssinn lernt natürliche, unverarbeitete Produkte wieder mehr zu schätzen.
Jeder Mensch wird mit einem natürlichen Geschmackssinn geboren. Essen wir jedoch vermehrt verarbeitete Produkte, gewöhnt sich unser Gaumen schnell an den unnatürlichen Geschmack. So schmeckt ein gekaufter Erdbeerjoghurt nach dem zweiten oder dritten Mal besser als der Naturjoghurt mit Erdbeeren. Und das, obwohl sich in dem Industrieprodukt häufig nicht einmal eine Erdbeere befindet. Ein »gefundenes Fressen« für die Lebensmittelindustrie, die damit viel Geld verdient. Sehr viel Geld.
Diese Intensität und Aromenvielfalt, die Ihnen eine nachhaltige Ernährung schenkt, hat zudem den großen Vorteil, dass eine Ernährungsumstellung deutlich einfacher fällt. Sie macht Lust auf gute Qualität und regelrecht süchtig nach reifen Früchten der Saison.
Nachhaltige Ernährung als Luxus?
Wer auf Qualität achtet und Bio-Ware kauft, muss für einzelne Produkte oft mehr Geld ausgeben. Besonders tierische Lebensmittel haben dann ihren Preis. Dennoch, eine nachhaltige Ernährung muss nicht teuer sein. Wer es richtig anstellt, kann mit ihr sogar etwas Geld sparen. Denn wer sich nachhaltig ernährt, isst saisonal und regional, plant seine Einkäufe, verbraucht seine Vorräte, kennt sich aus mit der richtigen Lagerung, verzichtet auf teuer importierte »Superfoods« und weiß, wie er Lebensmittel selbst herstellen kann. Das alles macht sich auf Ihrem Konto bemerkbar. Wie genau das funktionieren kann, verraten Ihnen folgende Punkte – und natürlich die folgenden Kapitel im Buch.
Saisonal: Obst, Gemüse, Nüsse, Fisch – alles hat seine Saison. Ganz nach dem Motto »Das Angebot bestimmt den Preis!« gilt: Wer seine Lebensmittel in der Erntezeit kauft, muss weniger für sie bezahlen. Denn in dieser Zeit sind sie in großen Mengen vorhanden. Eine Bio-Gurke beispielsweise kostet im Sommer etwa einen Euro. Im Winter können Sie dafür gut das Doppelte zahlen. Welche Nahrungsmittel wann Saison haben, entnehmen Sie ganz einfach einem Saisonkalender, zum Beispiel dem auf der »Schummelseite« in diesem Buch. Mehr zu den Erntezeiten erfahren Sie auch in Kapitel 11.
Regional: Lebensmittel, die aus dem deutschen Raum kommen, sind günstiger als Mangos oder Avocados, die teuer eingeflogen werden müssen. Denn hier fallen viele Kosten für Zwischenhändler, aufwendige Transporte und komplexe Logistik weg.
Planung: Wer die Gerichte einer Woche vorplant, hat es beim Einkauf deutlich einfacher. Schreiben Sie alle Zutaten auf einen Einkaufszettel und lassen Sie sich beim Gang durch den Supermarkt nicht von vermeintlich günstigen Sonderangeboten ablenken. Das spart Geld, Zeit und Gewissensbisse. Kaufen Sie außerdem gezielt die Mengen, die Sie auch essen werden. Greifen Sie lieber zu fünf losen Äpfeln anstatt zu dem Zwei-Kilo-Sack. So verhindern Sie, dass Lebensmittel, die Sie zu viel gekauft haben, schlecht werden und im Müll landen. Auch mit Meal Prepping können Sie sparen, etwa indem Sie Ihr Essen mit zur Arbeit nehmen und immer einen kleinen Snack in der Tasche haben.
Resteverwertung: Speisereste oder Lebensmittelabschnitte gehören nicht gleich in den Müll. Nutzen Sie die Überbleibsel und verarbeiten Sie sie weiter. Kochen Sie sich aus dem übrig gebliebenen gebratenen Gemüse eine Suppe, nutzen Sie die restlichen Kartoffeln für einen kalten Kartoffelsalat oder mixen Sie sich aus dem Blattgrün