Thriller Spannung ohne Ende! Zehn Krimis - 2000 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Зарубежные детективы
Год издания: 0
isbn: 9783745202786
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fragte er Kleinmann halblaut: «Darf ich mal einen Blick in Martinas Zimmer werfen?»

      «Bitte, ja.» Das Zimmerchen hatte höchstens zehn Quadratmeter. Ein Bett mit einer bunten Tagesdecke, ein Kleiderschrank, ein winziger Schreibtisch, davor ein Polsterstuhl. Auf dem Boden lag ein weißer Zottelteppich, sonst erinnerte es in seiner nüchternen Ordentlichkeit an den Wohnraum. Keine Poster an den Wänden. Auf dem Kopfbrett des Bettes stand ein Radio mit Cassettenteil; einen Plattenspieler entdeckte er auf dem Boden, unter dem Schreibtisch. Eine persönliche Note verrieten nur die kleinen Kakteen-Töpfchen auf dem Fensterbrett.

      Kleinmann beobachtete sie düster, und Lewohlt hätte viel für seine Gedanken gegeben. «Ihre Tochter wirkte sehr erwachsen», begann Lewohlt beiläufig.

      «Sie war nicht meine Tochter, Herr Kommissar. Anna - meine Frau, hat sie mit in die Ehe gebracht. Ich habe sie später adoptiert.»

      «Wußte Martina das?»

      «Natürlich.»

      Er lauschte dem Tonfall nach. Rechthaberisch und - was? Nörgelnd? «Wohin könnte sie gefahren sein, am Freitag Abend?»

      «Wir wissen es nicht. Wir zerbrechen uns schon die ganze Zeit den Kopf, aber wir wissen es einfach nicht.»

      «Hatte Ihre Tochter Geheimnisse vor Ihnen?»

      «Muß sie ja wohl, nicht wahr?» Jetzt hörte er sich verbittert an, mehr noch, beleidigt. «Aber bis zum Freitag hätte ich geschworen, daß Martina ehrlich und aufrichtig war.»

      «Wie hielt Ihre Tochter es mit dem Geld? Gab sie viel aus? Oder sparte sie?»

      « Sie war sehr sparsam. Was sie verdiente, durfte sie behalten, und das meiste hat sie gespart.»

      «Eine häßliche Frage, Herr Kleinmann, die ich aber leider stellen muß: Ist Martina jemals mit Rauschgift in Berührung gekommen?»

      «Nein, nie. Sie rauchte nicht, sie trank nicht. Sie war ein ordentliches Mädchen.»

      Bei diesem Ton fröstelte es ihn, aber er ließ sich nichts anmerken. «Wir müssen leider noch einmal wiederkommen, Herr Kleinmann. Aber im Moment wäre es für Ihre Frau zuviel.»

      «Ja, ich verstehe.»

      Vor der Haustür sagte Karin erleichtert: «Uff.» Weil er sie neugierig anschaute, setzte sie hinzu: «Ich habe da oben keine Luft mehr bekommen.»

      «Komisch, dasselbe Gefühl hatte ich auch.»

      «Diese Enge. Und alles aufgeräumt, richtig steril. »

      «Das hat mich auch gestört. Aber wenn sie sich wohl darin fühlen ... Glauben Sie, daß die Eltern noch mehr wissen?»

      Unschlüssig wiegte sie den Kopf: «Er war sehr entschieden.»

      «Etwas zu sehr für meinen Geschmack. Ein ordentliches Mädchen.»

      Schweigend fuhren sie zum Hauptbahnhof.

      Das Non-Stop-Kino lag auf einer Galerie in halber Höhe der Halle, und hinter der Kasse buchstabierte ein alter Mann, der sich dringend hätte rasieren müssen, Zeile für Zeile seine Zeitung. Ohne hochzuschauen schob er zwei Eintrittskarten durch den Ausschnitt der Glasscheibe. «He, Sie», klopfte Lewohlt hart gegen das Fenster. Der Alte drehte widerwillig den Kopf und bleckte eine Reihe schwarz-gelber Zähne. «Wat soll...»

      Lewohlt hielt ihm den Ausweis hin: «Kriminalpolizei. Wir brauchen eine Auskunft.»

      «Häh? Wat denn?»

      «Wann ist diese Eintrittskarte verkauft worden? Und an wen?» «Weiß nicht», schnaubte der Alte, ohne einen Blick auf die Karte zu werfen, die Martina in der Brusttasche ihrer Bluse gehabt hatte. Lewohlt holt tief Luft: «Okay, machen Sie sich fertig, jawohl, sofort, Sie müssen mit aufs Präsidium.»

      «Häh, dat geht nicht. Und wer kassiert hier?»

      «Machen Sie die Bude dicht. Los, beeilen Sie sich, ich habe nicht ewig Zeit.»

      «Moment, Moment!» Jetzt wurde der Alte richtig lebhaft. «Nu meckern Sie nich rum, ich guck ja schon.» Dabei hielt er sich die Karte so dicht vor die Augen, daß Lewohlt seufzte. Bei dieser Kurzsichtigkeit hätte er ein Mädchen mit zwei Köpfen nicht wahrgenommen. Mürrisch vor sich hinblubbernd holte er ein schwarzes Buch unter dem Kassenbrett hervor, schlug es ächzend auf und suchte mit dem Finger in einer Spalte. Endlich sagte er, immer noch empört über die Zumutung: «Muß am Samstag gewesen sein. Am Vormittag. So zwischen acht und zehn etwa.»

      «Können Sie sich an dieses Mädchen erinnern?» Er schob ein Bild von Martina hin, aber der Alte winkte sofort ab: «Schaue nie nach den Kunden. Geld - Karte - mehr nicht. Weiß nicht mehr.»

      «Trotzdem danke!» blaffte Lewohlt ihn an, doch der Alte schlug schon wieder seine Zeitung auf.

      «Lassen Sie ihn kein Protokoll unterschreiben?» fragte sie neugierig und wurde verlegen, als er die Stirn runzelte. «In der Ausbildung hieß es, es müsse alles schriftlich ...»

      «Lassen Sie mich bloß mit diesem Schwachsinn in Ruhe!» fauchte er. «Papier, Papier, Papier. Was wollen Sie mit so einem Zeugen?»J

      Eingeschüchtert zuckte sie die Schultern.

      Für junge Frauen wie Roswitha Zöller benutzte Lewohlt gerne das Wort «Brechmittel», aber weil Karin Rösch, Assistentin z. A., stumm neben ihm stand, benahm er sich anständig. Roswitha Zöller, 19 Jahre alt, wie sie mit einem schelmisch-verlegenen Augenaufschlag gestand, flötete. Irgendwie, dachte er grimmig, war sie so sehr auf den Mann dressiert, daß sie in Gegenwart eines männlichen Wesens automatisch neckisch wurde. Jedes Löckchen der blond gefärbten Haare lag so akkurat an seiner Stelle, als sei es nicht gesprayt, sondern geklebt, und das ganze, hübsch-nichtssagende Gesicht pries die Vorzüge der Kosmetik-Produkte, die sie in der Parfümerie Linglau verkaufte. Der dünne, hellblaue Kittel reichte gerade bis über die Knie, und er hatte den schweren Verdacht, daß Roswitha für ihre Figur hungerte.

      Sie unterhielten sich in einem kleinen Büro mit ihr. Martina und sie hatten sich am Donnerstag abend telefonisch verabredet - nein, Martina und sie kannten sich von der Schule. Ja, und weil sie doch mit Personalrabatt einkaufen konnte, hatte sie für Martina Parfüm und Lippenstift und andere Kosmetika besorgt. Am Freitag abend wollten sie Platten hören; Martina war auch pünktlich gekommen, so kurz nach halb acht, aber noch bevor die erste Platte beendet war, verabschiedete sie sich schon; die Mutter schaute im Wohnzimmer noch die Tagesschau.

      «Hat sie etwas gesagt, wohin sie noch wollte?»

      «Nein.» Roswitha errötete gekonnt. «Aber ich vermute, sie wollte sich mit j emand treffen.»

      «Haben Sie eine Ahnung, mit wem?»

      «Nein, sie ist - sie war sehr - also, sie erzählte nie sehr viel.» Weil er sie ungläubig anstarrte, vertiefte sich ihre Röte. «Ihre Eltern sind - sehr streng. Wenn sie mal - also, sie sagte dann immer, sie führe zu mir.»

      «Dann ist sie kurz nach acht Uhr wieder gegangen.»

      «Ja, etwa viertel nach acht. Mutter - im Fernsehen lief gerade die Wetterkarte.»

      «Hat sie sich noch einmal bei Ihnen gemeldet? Telefoniert?»

      Roswitha schüttelte den Kopf, und kein Löckchen bewegte sich.

      «Hat Sie nicht verwundert, daß Martina die Nacht über weggeblieben ist?»

      «Doch, sehr sogar.» Sie war wirklich erstaunt, vielleicht sogar etwas verwirrt. «Das sah Tina gar nicht ähnlich. Sie war - also, mit Männern - das hätte ich ...»

      «Was heißt das: mit Männern?» unterbrach er sie rüde.

      «Wie bitte?»

      «Wie kommen Sie auf einen Mann?»

      «Ja, warum sonst sollte sie die Nacht über weggeblieben sein?»

      Etwas gefiel ihm nicht an ihrem Ton, aber ihre Gegenfrage